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Einer flog über das Klempnernest

Das Dach des Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseums in Karlstadt von oben zu sehen war bis zum 21. März 2014 ausschließlich einer kleinen Personengruppe vorbehalten. Dieses Privileg wurde anlässlich des BAUMETALL-Treffs aufgehoben. Face.Buck-Pilot Frank Preuss filmte das Museum aus der Vogelperspektive und zeigt die Aufnahmen auf http://www.BAUMETALL.de. Seit dem Deutschen Klempnertag 2014 ist Frank Preuss als fliegender Klempnermeister bekannt. Jetzt flog das BAUMETALL-Treff-Mitglied mit seiner ferngesteuerten Flugdrohne über das Klempnermuseum. Beobachtet wurde der Überflug nicht nur von den ständigen Mitgliedern des BAUMETALL-Treffs, sondern auch von zahlreichen Gästen. Gemeinsam folgten diese dem Aufruf, voneinander zu lernen, Erfahrungen auszutauschen und dadurch Wissensvorsprung zu sichern. Thematisch orientiert sich das traditionell im Frühjahr sowie im Herbst jeden Jahres stattfindende Treffen am Informationsbedarf der Mitglieder. Dieses Mal diskutierten Mitglieder und Gäste über bislang noch nie angesprochene, aber dafür umso interessantere Angelegenheiten.

Ohne Spezialsoftware geht es nicht

Wie können Aufmaßsysteme gewinnbringend eingesetzt werden? Macht es Sinn, Betriebsabläufe durch moderne Aufmaßsysteme zu optimieren und inwieweit ist dies mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln möglich? Gibt es bereits praxistaugliche Systeme und sind diese auf die Ansprüche moderner Klempnerfachbetriebe zugeschnitten? Diese und mehr Fragen beschäftigten den hochkarätig besetzten BAUMETALL-Treff 1/2014. Unter den Teilnehmern waren neben den Softwarespezialisten der Wildpoldsrieder Sema GmbH auch Betriebsinhaber, die sich ein Klempnerleben ohne spezielle Computersysteme heute nicht mehr vorstellen können. Einsatzgebiete solcher Programme sind beispielsweise die Bereiche Vorfertigung, Kalkulation, Logistik oder Aufmaß. Aber auch die Schnittgutverwaltung sowie entsprechende Stücklistenerstellung und die damit verbundene Kosteneinsparung durch Fertigungsoptimierung spielen eine wichtige Rolle. Ergänzt wurde das Tagungsprogramm durch das Thema Laser-Aufmaß und Dachinspektion aus der Luft, doch dazu später mehr …

Sema-Forschungsprojekt

Unter dem Motto „Sema für Spengler“ stellten Philipp Niemeyer und Christian Schmalholz die Softwareschmiede Sema GmbH aus Wildpoldsried vor. Mit dem Ziel, zukünftig als Branchenpartner verstanden zu werden, informierten sie zunächst über Hintergründe und Geschichte der Sema GmbH. Zum heutigen Stand ist Sema ein mittelständischer deutscher Softwarehersteller, der sich auf die Entwicklung von Holzbausoftware spezialisiert hat. Das Unternehmen ist nicht nur in Deutschland, sondern auch im angrenzenden Ausland tätig. Die Sema-Mitarbeiter verstehen ihr Handwerk und haben Spaß daran, die Bereiche EDV, Holzbau und zukünftig auch Klempnertechnik miteinander zu verbinden. Über den aktuellen Entwicklungsstand gab Philipp Niemeyer umfassend Auskunft:

Aktuell entwickelt Sema eine Software zur Planung und Umsetzung metallbekleideter Fassadenflächen oder Metallbedachungen. Durch die Entwicklungsbeteiligung der Schechtl GmbH entsteht eine innovative Lösung, die übrigens ebenso wie die Entwicklung neuer Maschinen oder Ausstattungsdetails in enger Abstimmung mit den Anwendern erfolgt. Zeitnah soll ein überaus praxistaugliches Programm einsatzbereit sein. Dieses Programm soll Arbeitsabläufe von der Planung über die Produktion bis hin zur Montage spürbar vereinfachen. Ein weiterer Vorteil des Systems liegt in der deutlichen Verringerung der Fehlerquote bei der Übermittlung von Arbeitsanweisungen sowie bei der Verschnitt-optimierung. Neben der Vereinfachung unterschiedlicher Arbeitsabläufe bietet das Computer-Programm weitere interessante Möglichkeiten. Beispielsweise macht es die Einteilung und Ausmittlung von Stehfalzscharen und anderen Dach- oder Fassadenprofilen zum Kinderspiel. Unter Berücksichtigung der Gebäudegrundriss-Geometrie werden Dachverschneidungen automatisiert ermittelt und Neigungen einzelner Flächen oder Abmessungen der Ortganganschlüsse dargestellt. Das Aufmessen von Flächen und Linien (Profillängen) sowie die Darstellung der benötigten Profile in entsprechenden Listen gehören ebenfalls zum Leistungsumfang. Selbst komplexe Dach- und Fassadenformen können mit der Software konstruiert und entsprechend eingeteilt werden – die Ermittlung von Gauben-Seitenbekleidungen sowie dazugehörender Front- und Anschlussprofile eingeschlossen. Darüber hinaus lassen sich alle erforderlichen Winkel- und Längenmaße bestimmen. Natürlich können alle Daten sowohl zur Kalkulation als auch zur Angebotserstellung, Materialfertigung oder Rechnungsstellung herangezogen werden.

High-End-Lösung mit Synergie-Effekt

In Kombination mit dem lasergestützten Sema-Aufmaßsystem spielt die Software ihre volle Stärke aus. Mittels sogenannter Theodoliten werden die 3D-Koordinaten des Realgebäudes in ein entsprechendes CAD-Objekt umgewandelt. Diese Vorgehensweise ersetzt die personalintensive Aufmaßerfassung. Darüber hinaus können ermittelte Daten zur Angebotserstellung sowie zur Fertigung, Arbeitsorganisation oder der Umsetzung attraktiver Visualisierungen (z. B. für Beratungen) genutzt werden. Wie der praktische Einsatz eines lasergestützten Sema-Aufmaßsystems funktioniert, zeigte Christian Schmalholz. Mitten im Museum stellte er ein Lasermessgerät auf und setzte vor den Augen der interessierten Baumetaller einige Referenzpunkte im Raum. Sofort visualisierte die Software die erfassten Punkte und stellte diese als 3D-Datei auf dem Bildschirm dar. Christian Schmalholz berichtete von einem Kunden, der mithilfe dieser Technik ein komplettes Kirchendach in wenigen Stunden ausgemessen hatte. Mit herkömmlichen Methoden hätte dieser Vorgang mehrere Tage benötigt.

Ein weiteres Highlight des Software-Gesamtpaketes ist die Verknüpfung des Programms mit den beliebten Blechbearbeitungsmaschinen aus den Häusern Schechtl und Schlebach. Der Abgleich mit dem Maschinenpark des Anwenders stellt somit jederzeit sicher, dass in der Software hinterlegte Profile tatsächlich auch herstellbar sind.

Praxisbezogene Diskussion

Was Klempner vom Einsatz moderner Computer- und Aufmaßsysteme erwarten, zeigte die anschließende Diskussion: Volker Reinhardt (Reinhardt GmbH, Bad Rappenau) berichtete von oft tagelanger und zeitaufwendiger Maßerfassung auf der Baustelle. Er wünscht sich durch den Einsatz moderner Systeme exakte Ergebnisse und vor allem Zeitersparnis. Dazu merkte Georg Lummel (Lummel GmbH, Karlstadt) an: „Metallbauteile müssen für zahlreiche unserer Projekte bereits zu einem Zeitpunkt geplant und gefertigt werden, an dem der Baufortschritt des Gebäudes ein herkömmliches Aufmaß noch nicht zulässt. Die Fertigung erfolgt in diesen Fällen ausschließlich nach Planvorgaben.“ Martin Buck (Buck GmbH, Wildberg) rückte die Schnittgutverwaltung sowie die Verschnittoptimierung in den Vordergrund und Simon Altvater (Altvater GmbH, Nufringen) berichtete von seiner eigens zur Resteverwaltung entwickelten Software.

Ergänzend dazu zeichnete Maria Schechtl (Schechtl Maschinenbau, Edling) eine Vision zur automatischen Übertragung der Profildaten per S-Touch mobile aus dem Aufmaß an die entsprechenden Maschinen. Zukünftig wird die anpassungsfähige Sema-Modullösung die Erfassung der Daten sowie die Möglichkeiten, mit diesen weiterzuarbeiten, unterstützen. Die Verarbeitung dieser Daten und somit die Fertigung unterschiedlichster Profile soll dann herstellerübergreifend auf nahezu allen modernen Maschinen möglich sein. Georg Lummel ergänzt diese Gedanken mit dem wichtigen Hinweis, dass alle erzeugten Daten bestenfalls auch maschinenbedingte Eigenschaften berücksichtigen sollten. Biegekorrektur beziehungsweise die Beachtung von Überbugwerten der Radien in Abhängigkeit von der entsprechenden Metallsorte sind dabei nur zwei von zahlreichen Parametern.

Ganz andere Gedanken brachte Michael Schmidt aus Dösingen (BAUMETALL-FACE.BUCK-Team) in die Diskussion ein. Da er sich vorwiegend mit kleineren Stehfalzdächern beschäftigt, erfasse er alle Maße mit Maßband, Zollstock und entsprechenden Musterstreifen. Zudem befürchtet er, dass ohne analoge Maßerfassung traditionelle Fertigkeiten verloren gehen könnten. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen regte BAUMETALL-Autor Marc Warzawa einen praktischen Erfahrungsaustausch an und schlug dem Sema-Team vor, unterschiedliche Betriebsabläufe direkt in den Fachbetrieben zu studieren. Die gewonnenen Erfahrungen könnten in die Softwareentwicklung einbezogen werden. Philipp Niemeyer begrüßte die Idee und wies darauf hin, dass Sema-Software seit vielen Jahren erfolgreich von Zimmerei- und Dachdecker-Fachbetrieben auch zur Bemaßung und Beschriftung von Bauteilen eingesetzt würde. Außerdem sei es möglich, Schnitte, Eckverbindungen oder komplexe 3D-Konstruktionen darzustellen. Als erfahrener 3D-Anwender ergänzte Georg Lummel, dass Laseraufgemessene 3D-Modelle von Gebäuden sofort anzeigen, wo es bei der praktischen Umsetzung zu Kollisionen mit Architekten-Zeichnungen kommen kann – ein nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen großer Vorteil moderner Systeme.

Orientierung per Videobrille

Volker Reinhardt brachte es schließlich auf den Punkt: „Betriebsabhängig sind unsere Leistungen und die damit verbundenen Systemanforderungen sehr verschieden und lassen sich nicht standardisieren. Die Investition in moderne und ausbaufähige Systeme ist jedoch ein Schritt in die richtige Richtung.“ Im übertragenen Sinn würde ein Blick von oben dabei helfen, das Anforderungsprofil einzelner Fachbetriebe besser einschätzen zu können.

Wie der Blick aufs Dach ohne Leiter oder Gerüst ermöglicht wird, veranschaulichte Dronenpilot und Klempnermeister Frank Preuss vom Schramberger Fachbetrieb Maurer & Kaupp GmbH & Co Kg. Sein leistungsstarker Hexacopter – ein ferngesteuertes Fluggerät mit sechs Rotoren – trägt Foto- und Videokameras mühelos in große Höhen. Eine spezielle Kamera-Aufhängung (Gimbal) sorgt dafür, dass die Kamera unabhängig von der Fluglage stets horizontal ausgerichtete und verwacklungsarme Bilder erzeugt. Aufnahmen dieser Art können gelungene Arbeiten in der Referenzliste abbilden oder aber zu Inspektionszwecken herangezogen werden. Erfahrene Piloten fliegen zentimetergenau an Turmspitzen, Rinnenkessel oder Verwahrungen heran – die Aufnahmen können anschließend beurteilt und weitere Schritte eingeleitet werden.

Nach einer theoretischen Einführung startete Frank Preuss seine Flugshow direkt vor dem Museum. Dicht an der Metallfassade steuerte er seine Drohne nach oben, bis diese aus dem Blickfeld verschwand. Was die unter dem Fluggerät hängende Kamera in diesem Augenblick aufzeichnete, blieb den Zuschauern zunächst verborgen. Nur der Pilot konnte den Flug mithilfe seiner Videobrille genau verfolgen und dabei Flugpositionen verdeckter Dachbereiche beobachten. Als der Hexacopter wieder im Sichtbereich der Zuschauer auftauchte, durften diese ebenfalls einen Blick durch die Videobrille des Piloten wagen. Fremdartig war dabei vor allem, sich selbst aus der Vogelperspektive zu sehen.

Voneinander lernen – Wissensvorsprung sichern!

Der Erfahrungsaustausch im BAUMETALL-Treff sorgte erneut für eine geballte Ladung an Informationen. Diese nutzen die Teilnehmer, um ihre Firmenstrategien weiterzuentwickeln oder entsprechende Schritte in Richtung Zukunft einzuleiten. Der Flug über das Europäische Klempner- und Kupferschmiedemuseum sowie das Laseraufmaß im Inneren verdeutlichten, welche Chancen moderne Technik bietet. Gäste und Treff-Mitglieder waren sich darüber einig, dass diese Technik in jedem Fall genutzt werden sollte. Das Video des Überfluges sowie ergänzende Informationen sind wie immer auf der BAUMETALL-Internetseite in der Rubrik „Extra“ abrufbar. Das BAUMETALL-Team dankt den Sema-Softwareprofis sowie FACE.BUCK-Pilot Frank Preuss für die überaus interessanten Beiträge und der Schechtl Maschinenbau GmbH für die fachliche Unterstützung.

Voneinander lernen – Wissensvorsprung sichern!

Seit zehn Jahren lebt der BAUMETALL-Treff ausschließlich vom aktiven Austausch seiner ständigen Mitglieder. Zusätzlich unterstützen die Mitglieder BAUMETALL bei der Erstellung von Fachbeiträgen und leisten somit einen großen Beitrag zu der branchenweiten Wissensvermittlung. Das System funktioniert vor allem deshalb perfekt, weil die Mitgliedschaft im BAUMETALL-Treff nicht erkauft werden kann. Statt mit hohen Mitgliedsbeiträgen tragen die Mitglieder mit aktiven Beiträgen zum praxisbezogenen Austausch bei. Wer bereit ist, sein Fachwissen mit Kollegen zu teilen, kann als Gast bei einem der nächsten Treffen dabei sein. Über eine feste Aufnahme in den Kreis des BAUMETALL-Treffs entscheiden die Mitglieder.

 redaktion@baumetall.de

Drohnen-Video

FACE.BUCK-Pilot Frank Preuss beantwortet Fragen rund um den Einsatz von Foto-Drohnen undBAUMETALL zeigt das Video vom Drohnenflug über das Dach des Klempnermuseums.

https://www.baumetall.de/baumetall-live/extras

https://www.anders-betrachtet.de/

info@anders-betrachtet.de

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