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Neues Dach für Teekultur

Im Ostfriesischen Teemuseum wird Teekultur lebendig. Auf über 1000 m² erfahren Besucher alles über Anbau, Verarbeitung und Herstellung der berühmten ostfriesischen Mischung. Sie besichtigen Wohnräume mit antikem Mobiliar und Geschirr, in denen die Zeit scheinbar still steht. Das kulturelle Erbe soll auf Dauer bewahrt bleiben. Deshalb werden die Gebäudehülle und die Haustechnik von Grund auf saniert und modernen Standards angepasst. Die Außenarbeiten sind nun weitgehend fertiggestellt, die Ausstellungsflächen sollen bis Ende 2014 folgen.

Das Hauptgebäude des Museums befindet sich im Alten Rathaus der Stadt Norden, einem Renaissancebau aus dem Jahr 1539. Die letzte umfangreiche Instandsetzung erfolgte in der Nachkriegszeit. Danach ließ die Stadt einzelne Restaurierungs- und Sicherungsarbeiten ausführen. Über die Jahre zeigte das Baudenkmal Alterserscheinungen. Die Schäden an der Dacheindeckung waren so gravierend, dass es an zahlreichen Stellen stark durchregnete. Konsequenz: Das Dach musste komplett erneuert werden, einschließlich der Anschlüsse und des Turmgiebels. Der Bauherr entschied sich für eine langlebige Lösung unter Einsatz der bewährten Walzbleitechnik.

Mit der Dachsanierung wurde der Emdener Handwerksbetrieb Dächer von Schnell beauftragt. Das Familienunternehmen hat sich auf Denkmalpflege spezialisiert und schon viele Baudenkmäler fachgerecht saniert. Petra Schnell-Rewerts setzt von jeher auf den Werkstoff Walzblei, um hohen Qualitätsanforderungen gerecht zu werden. „Seit meiner Lehrzeit verwende ich für An- und Abschlüsse ausschließlich Walzblei“, betont sie. „Der Werkstoff ermöglicht langlebige und formschöne Lösungen in ganz unterschiedlichen Anwendungen.“

Mehrfach statt einmal nutzen

Zunächst demontieren die Fachleute die vorhandene Bleideckung und überführen das Altmetall wieder in den Materialkreislauf. Ohne den Untergrund zu beschädigen, lösen sie entsprechende Befestigungen und Verbindungen. Bedingt durch die hohe Flexibilität des Materials lassen sich die Bleiteile einfach biegen, schneiden und je nach Gegebenheit kleinteilig oder in größeren Stücken entfernen. Genagelte Befestigungen werden mit einem Stemmeisen gelöst, Falze mit Gummihammer sowie Setzholz aufgebogen und mit der Deckzange fest sitzende Bleistücke abgezogen. Der Bleischrott landet auf einer Holzpalette, wird mit Haltegurten gesichert und zum nächsten Rohstoff-Sammelbetrieb transportiert.

Auch die traditionelle Eindeckung aus alten Ton-Hohlziegeln wird nicht gleich entsorgt, sondern sorgfältig abgetragen. Gut erhaltene Ziegel werden in einer Gitterbox gestapelt und im Materiallager des Fachbetriebs verwahrt. Schließlich bleiben sie funktionsfähig und werden für Reparaturarbeiten an anderen Baudenkmälern dringend benötigt. So muss eine denkmalgerechte Sanierung nicht am Portemonnaie scheitern. „Gebrauchte Ziegel können wir zu erschwinglichen Preisen weiterreichen“, betont Schnell-Rewerts.

Im nächsten Schritt wird die freigelegte Holzunterkonstruktion eingehend geprüft. Das Ergebnis: Der Dachstuhl weist keine Schäden auf und kann weiter genutzt werden. Die Abstimmung und Terminkoordination unter allen Baubeteiligten liegt in den Händen des Architekturbüros Angelis & Partner in Oldenburg. Neben der Planung und Bauleitung haben die Architekten auch aufwendige Recherchen zur Baugeschichte betrieben und so die Grundlagen für eine fachgerechte Sanierung gelegt.

Materialbedarf

Um die rund 410 m² große Dachfläche sowie den Turmgiebel neu einzukleiden, sind bis zu sieben Dachdecker und Klempner tätig. Entsprechend groß ist auch der Materialbedarf: Für das Bauvorhaben kommen insgesamt 25 Rollen Walzblei in 2,0 mm Dicke und 50 kg Bleiwolle zum Einsatz. Zunächst werden die Ausstiegsluke in der Plattform unterhalb des Kupferturms und die Dachreiter-Plattform vollflächig mit Bleiblechen eingedeckt und die Anschlussbleche miteinander verschweißt. Alle acht Gratecken werden zusammengeführt mit einem einfach liegenden Falz verbunden. Die Pfosten des Kupferturms werden mit Blei ummantelt, mit einer Überhangleiste versehen und dann mit Bleiwolle abgedichtet. Der Kupferturm selbst erfordert keine Überarbeitungen, da die Kupfereindeckung intakt ist. Allerdings wird die historische Bekrönung in Form einer Kugel komplett überarbeitet. In einer Schmiede wird die Bekrönung sorgsam in ihre Einzelteile zerlegt, die Stange gründlich sandgestrahlt und fehlende Teile detailgetreu rekonstruiert. Dann werden alle Elemente wieder angeschweißt und die komplette Bekrönung neu vergoldet. Als nächstes werden die seitlichen Anschlüsse zum aufgehenden Giebelmauerwerk erstellt. Dazu werden die Bleibleche in Form der Ziegel zugeschnitten und als Schichtstück aufliegend auf der Pfanne verlegt. Diese Ausführung bietet gegenüber durchgehenden Anschlüssen mehr Stabilität bei Windsoglasten. Zur Befestigung der Bleibleche wird das Mauerwerk in den waagerechten Fugen abgetreppt eingeschlitzt und zwar mit einer Tiefe von 3,5 cm. Aufgrund der Rundungen im Mauerwerk weist die wandseitige Aufkantung eine Höhe von 10 bis 30 cm auf. Das dachseitige Anschlussteil wird angepasst und Mauerwerksfugen werden mit Bleiwolle abgedichtet.

Ein echter Hingucker

Zu guter Letzt werden alle Bleiflächen zweifach mit Patinieröl behandelt. Denn: Kommt frisch verlegtes Walzblei mit Wasser in Kontakt, bildet sich Bleiweiß, das in Form von unschönen Schlieren auf unterliegenden Deckmaterialien sichtbar wird. Der Einsatz von Patinieröl wirkt diesem Effekt entgegen und schützt das Material bis zur Bildung der natürlichen Patina. Das auf pflanzlicher Basis hergestellte Öl wird mit einem Baumwolltuch auf die saubere und trockene Walzblei-Oberfläche aufgetragen. Bereits nach etwa einer Stunde besteht ein wirksamer Schutz vor Schlierenbildung.

Nach Abschluss der Walzbleiarbeiten werden auch alle Zwischenbereiche mit Hohlziegeln eingedeckt. Das Ergebnis der Dachsanierung läßt sich sehen: Viele Besucher des Ostfriesischen Teemuseums richten ihre Blicke neugierig nach oben und bestaunen die fachgerechte Dachsanierung. Der norddeutsche Renaissancebau wirkt zeitlos schön und bietet einen stolzen Rahmen für das kulturelle Erbe der Region.

Bautafel

Projekt: Dachsanierung Altes Rathaus in Norden unter Einsatz von Walzblei

Bauherr: Stadt Norden

Architektur: Angelis & Partner, Oldenburg

Fachbetrieb: Dächer von Schnell GmbH, Emden

Material: RAL-geschütztes Saturnblei in 2,0 mm Stärke, Bleiwolle, Patinieröl

Hersteller: Gütegemeinschaft Saturnblei e.V., Krefeld

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