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Bleimantel für ein Kulturdenkmal

Auf dem Drachenfels im Siebengebirge steht die Nibelungenhalle, ein imposanter Kuppelbau mit vorgeblendeter Attika. Die Nibelungenhalle dient als Gedenkstätte für Richard Wagner und wurde zum 100. Geburtstag des Komponisten im Jahr 1913 eröffnet. Die Nibelungenhalle ist weit über die Region hinaus bekannt und lockt jährlich viele Tausend Besucher an. Aus Kostengründen werden über viele Jahrzehnte die Dächer nur notdürftig instandgehalten. Die Folge: Der sechseckige Zentralbau mit Eisenbetonkuppel, die zwölf Kuppelfenster und die überdachten Lichthöfe zeigen große Undichtigkeiten. Eindringende Nässe zieht bereits Teile der Deckenmalerei im Kuppelsaal in Mitleidenschaft. Eine grundlegende Restaurierung ist dringend erforderlich, um das Kulturdenkmal zu schützen. Für die Sanierung ist ein Werkstoff gefragt, der leicht verformbar, sehr langlebig und optisch reizvoll ist. Die Wahl fällt auf Walzblei. Mit dem Werkstoff lassen sich auch komplizierte Anschlüsse an gerundeten Bauteilen zuverlässig realisieren. Bleieindeckungen halten bei fachgerechter Ausführung mehr als 100 Jahre und erfordern keinerlei Wartungsarbeiten.

Zur Freude von Eigentümerin Marlies Blumenthal beteiligen sich Bund, Land und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz an den Sanierungskosten. Für dringende Außen- und Innenarbeiten werden 430 000 Euro bereitgestellt. Eine zentrale Maßnahme sind die Dacharbeiten. Für die Dachfläche von insgesamt rund 400 m² werden 17 t Blei benötigt. Neben Walzblei in einer Stärke von 2,5 mm kommt auch Bleiwolle in feiner Ausführung zum Einsatz.

Große Herausforderungen

Mit der Dachsanierung wird der Briloner Dachdecker- und Klempnerbetrieb Prange beauftragt. Das Unternehmen verfügt über langjährige Erfahrung mit dem Werkstoff Walzblei und hat schon viele Baudenkmäler fachgerecht saniert. Die Nibelungenhalle stellt aufgrund der speziellen Gebäudegeometrie eine große Herausforderung dar – vom Gerüstbau über die Holzunterkonstruktion bis hin zu der Bleieindeckung. Die Dacharbeiten erstrecken sich über einen Zeitraum von neun Monaten. Im Schnitt sind vier Mitarbeiter vor Ort. Nach Einrüstung des Gebäudekomplexes beginnen die Handwerker mit dem Abbruch und der Demontage. Zunächst wird die alte, abgängige Bitumenabdichtung abgetragen und fachgerecht entsorgt. Dann werden die runden Kuppelfenster und die Lichteinlässe im flach geneigten Kuppelfuß sorgfältig demontiert und eingelagert. Die Lichteinlässe werden mit einer Sparrenkonstruktion versehen und mit einer Holzschalung geschlossen. Anschließend erstellen die Handwerker eine neue Holzunterkonstruktion, auf die eine bituminöse Dampfsperre aufgebracht wird. Schon im Vorfeld werden die genauen Radien für die Dachsparren ermittelt und gerundete Leimbinder passgenau bestellt. Bei der Montage legen die Handwerker eine Wärmedämmung zwischen die einzelnen Binder. Eine zweilagige, über Kreuz verlegte Konterlattung sorgt für eine zusätzliche Querlüftung im Bereich der Kuppelfenster. Als Untergrund für die Bleideckung wird eine 30 mm starke Nut-Federschalung gewählt. Durch die in alle Richtungen stark gerundeten Dachflächen ist beim Aufbringen der Schalung viel handwerkliches Geschick gefragt. Denn grundsätzlich gilt: Je genauer die Unterkonstruktion ausgeführt wird, desto präziser kann die Eindeckung erfolgen. Als Trennlage wird eine bitumenfreie, diffusionsoffene Trennlage eingesetzt.

Bleiplatten nach Maß

Nach Abschluss der Zimmerarbeiten starten die eigentlichen Bleiarbeiten. Jetzt macht sich die gute Vorbereitung bezahlt: Die Scharaufteilung wurde auf dem Papier gründlich vorgeplant. Dann wurden die Bleiplatten nach Maß bestellt und termingerecht gefertigt. Die einzelnen Schare sind 550 mm breit und 1500 mm lang. Nur spezielle An- und Abschlussbleche werden vor Ort auf das erforderliche Baumaß zugeschnitten. Das Walzblei wird größtenteils nach Brilon in die firmeneigene Werkstatt geliefert. Dort werden die Auf- und Umkantungen der Bleiplatten vorgenommen. Zudem werden die Bleibleche vorab beidseitig in der Werkstatt mit Patinieröl behandelt, um Ablaufspuren zu vermeiden und eine gleichmäßige Optik zu gewährleisten. Alle anderen Arbeiten werden direkt auf der Baustelle erledigt. Das Material wird mit einem mobilen Baukran nach oben transportiert. Dies stellt eine enorme Arbeitserleichterung für die Mitarbeiter dar und dient zudem der Gesundheitsvorsorge. Die Bleiarbeiten beginnen an der Traufe und ziehen sich dann hoch zum First. Die Eindeckung erfolgt gegen den Uhrzeigersinn. Schließlich sind die Mitarbeiter überwiegend Rechtshänder und können so die Detailarbeiten leichter erledigen.

Als Verbindungstechnik für die Längsfalze wird die Holzwulst mit verdeckten Haften gewählt. Die traditionelle Holzwulst-Technik ist eine besonders stabile Form der Bleieindeckung. Sie gewährleistet eine dauerhaft sichere Verwahrung, auch wenn die Dachflächen extremen Wetterverhältnissen ausgesetzt sind. Obendrein ist die Holzwulst auch architektonisch reizvoll, da sie dem Dach eine markante Struktur verleiht. Nach jeder Tagesleistung werden die verlegten Bleiplatten sicherheitshalber nochmal mit Patinieröl behandelt. So entsteht ein sehr homogenes Gesamtbild.

Präzision bis ins Detail

Die anspruchsvollste Aufgabe ist die Eindeckung der dreidimensional gerundeten Apsis mit sehr engen Radien. Sie betragen zum Teil nur 1 cm. Bei der Einkleidung ist Präzisionsarbeit und Fingerspitzengefühl gefragt. Alle Bleischare werden konisch zugeschnitten und dem Rundungsverlauf individuell angepasst. Treibwerkzeuge in verschiedenen Formen erlauben den Handwerkern ein besonders exaktes Arbeiten.

Die Mühen haben sich gelohnt. Jetzt ist die Nibelungenhalle für mehrere Generationen vor Witterungseinflüssen geschützt. Obendrein ist das Kulturgut jetzt um eine Attraktion reicher. Der Bleimantel ist für Fachkräfte und Laien ein Blickfang. Entstanden ist ein gelungenes Gesamtwerk, das höchsten ästhetischen und funktionalen Ansprüchen gerecht wird.

Bautafel

Projekt:  Dachsanierung der Nibelungenhalle unter Einsatz von Walzblei

Bauherr:  Marlies Blumenthal, Königswinter

Projektsteuerung:  Dr. Ägidius Strack, Königswinter

Bauleitung:  5b Bau- und Projektmanagement, Bonn

Material:  RAL-geschütztes Saturnblei in 2,5 mm Stärke, Bleiwolle, Patinieröl

Fachbetrieb:  Prange Klempnertechnik, Brilon

Hersteller:  Gütegemeinschaft Saturnblei e.V., Krefeld www.saturnblei.de

Autor

Kai Christian Busch

Fachautor der Agentur conovo media in Köln, zuständig für die Themen Immobilien, Bauen, Wohnen

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