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Hammerübergabe

Von Schließungen betroffen sind auch erfolgreiche Unternehmen mit guter Kapitalausstattung und ausreichender Liquidität. Damit dies nicht geschieht, gilt es, das Thema rechtzeitig und planvoll anzugehen. Schließlich geht es um ein Lebenswerk, das in die Hände der nächsten Generation gegeben werden soll. Deshalb spielen auch Emotionen mit, die die Verunsicherung der Beteiligten noch verstärken können. Da Nachfolgen selten planmäßig verlaufen, ist es umso wichtiger, sich möglichst umfassend darauf vorzubereiten. Eine gut durchdachte Nachfolgeregelung liegt sowohl im Interesse des Betriebs als auch im persönlichen Interesse. Denn von einer erfolgreichen Übergabe profitieren der Unternehmer sowie alle Beteiligten mehrfach:

  • Der Fortbestand des Unternehmens ist gesichert.
  • Die Arbeitsplätze sind gesichert.
  • Der Übergeber zieht die wirtschaftlichen Vorteile aus der Übergabe.
  • Er kann sich danach entspannt zurücklehnen und im Ruhestand die Früchte seines unternehmerischen Engagements genießen.

Wenn Unternehmensübergaben im Handwerk scheitern, kann dies verschiedene Gründe haben: Möglicherweise ist das Unternehmen wegen fehlender Strukturen und Strategien nicht übergabefähig oder es steht kein geeigneter Nachfolger bereit. Dass auch für etablierte und erfolgreiche Handwerksbetriebe die Nachfolgersuche nicht einfach ist, zeigt das Beispiel von Betriebsinhaber P., der aktuell auf der Suche nach einem Nachfolger ist. Im Interview schildert er seine Erfahrungen.

Fallbeispiel: Die Tücken der Nachfolgersuche

 

BAUMETALL: Wie ist die Ausgangssituation in Ihrem Betrieb?

P.: Wir sind ein Spenglereibetrieb mit vielen Spezialisierungen, im Schnitt zehn Mitarbeiter, sehr gute Geschäftslage in Bezug auf Aufträge, Standort, Kapital, Mitarbeiterbindung. Geplant ist, zu meinem 55-jährigen Geburtstag zum Jahreswechsel 2018/2019 den Betrieb zu verkaufen. Bisher wurde noch kein Nachfolger gefunden und es steht aktuell keiner zur Aussicht.

Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema?

Insgesamt schon seit 2008 und seit 2014 intensiv.

 

Welche Schritte haben Sie bisher unternommen?

Seit 2014 erfolgt jährlich die Feststellung des Unternehmenswertes bei der Handwerkskammer OBB. Außerdem haben wir uns bemüht, einen passenden Nachfolger zu finden. Dafür haben wir zuerst mit Partnerbetrieben Gespräche geführt und die Nachricht gestreut. Auch über die regionale Innung und bei Fortbildungen haben wir versucht, junge Meister anzusprechen. Wir haben die Nachfolgersuche im Innungsvorstand, bei guten Händlern und vertrauenswürdigen Vertretern bekannt gegeben. Außerdem haben wir das Gesuch beim Internationalen Interessenbund Baumetalle (iib), über die SMV und BAUMETALL publik gemacht. Zweimal haben wir versucht, einen Meister für die Betriebsführung aufzubauen, einmal einen Dachdeckermeister und das zweite Mal einen Spenglermeister. Leider haben sich beide als ungeeignet erwiesen, der eine wegen mangelnden Qualitätsbewusstseins und der andere wegen laxer und wirtschaftlich schlechter Betriebsführung.

 

Welche Voraussetzungen muss der Nachfolger erfüllen?

Vom Nachfolger erwarten wir, dass er in der Spenglertechnik kompetent bis sehr gut ist. Er muss meine Mitarbeiter übernehmen und diese betreuend führen. Wir legen großen Wert darauf, dass unser sehr gutes Betriebsklima, bei dem sich die Mitarbeiter auf den Chef in jeder Hinsicht voll und ganz verlassen können, erhalten bleibt.

 

Wo lagen bisher die größten Probleme für die Übergaberegelung?

Bisher ist es uns nicht gelungen, einen Nachfolger zu finden. Die Probleme in der Vergangenheit bei den fraglichen Kandidaten lagen teils in deren mangelnder Zugänglichkeit den Gesellen gegenüber. Dies wiederum bewirkte eine Unzuverlässigkeit im Bestellwesen. Lösungen, welche auf der Baustelle nicht erreicht wurden, wurden auch im Nachgang im Büro nur unzureichend bearbeitet und vor allem gegenüber den Gesellen nicht endgültig geklärt. Dabei war die fachliche Kompetenz durchaus ausreichend, die Schwierigkeit waren vielmehr persönliche Defizite wie das Erkennen und Akzeptieren der eigenen Lücken und Schwächen und vor allem danach die fehlende Aufarbeitung und Klärung gegenüber Kunden und Bauleitern. Ganz zu schweigen von sauberer Dokumentation oder gar Nachtragsmanagement.

 

Welche weiteren Schritte sind geplant?

Zunächst möchten wir die Verteiler iib und SMV noch einmal aktiv abklopfen, dann den Verteiler Handwerkskammer und Kreissparkasse nutzen. Im folgenden Schritt möchten wir über die Meisterschulen auf angehende Spenglermeister zugehen und möglicherweise auch BAUMETALL um Unterstützung bitten, z. B. in Form eines Firmenporträts in der Zeitschrift.

 

Wie hoch ist der Zeitaufwand für die gesamte Nachfolgeregelung?

Der Zeitaufwand ist sehr groß und schwer zu schätzen. Seit 2014 ansteigend von anfänglich vier Stunden pro Monat bis aktuell etwa zwölf Stunden pro Monat, die wir in Anschreiben, Telefonate, Besprechungen, Sondierungen und Überlegungen investieren.

 

Haben Sie externe Berater hinzugezogen?

Lediglich die Handwerkskammer und für die betriebswirtschaftlichen Aspekte die Innung Spengler München.

Familienbetriebe müssen nicht zwingend in der Familie bleiben

In diesem Fall besteht das Hauptproblem darin, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Die besonderen unternehmerischen, fachlichen und persönlichen Eigenschaften muss dieser natürlich mitbringen. Er sollte sich für das Unternehmen aus freien Stücken entscheiden und davon überzeugt sein, dass er der Richtige ist, um die Aufgaben zu meistern. Laut Handwerker, Bankkaufmann und Handwerksberater Klaus Steinseifer darf dieser Weg niemals aus Traditionsbewusstsein gegangen werden oder weil es von der Familie so erwartet wird. Die Tatsache, Sohn oder Tochter eines Unternehmers oder einer Unternehmerin zu sein, qualifiziert nicht automatisch zur Nachfolge in einem Unternehmen. Steinseifer ist überzeugt, dass ein modernes, zeitgerechtes und zukunftsorientiertes Unternehmen mit daraus resultierenden nachhaltigen Erträgen immer einen passenden Nachfolger finden wird. Allerdings kann die Suche, wie auch unser Beispiel zeigt, viel Zeit in Anspruch nehmen. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig um einen Nachfolger zu bemühen und ihn beizeiten in die Unternehmensführung mit einzubeziehen.

Brüche und Verunsicherung vermeiden

Konkret empfiehlt Klaus Steinseifer: „Wenn Sie 45 Jahre alt sind, sollten Sie idealerweise die ersten Schritte gehen. Aber auch zu einem späteren Zeitpunkt kann ein Generationenwechsel noch funktionieren, wenn Sie Ihr Unternehmen strategisch aufgestellt und die entsprechenden Strukturen für die Zukunft eingeführt haben.“ Ist ein geeigneter Nachfolger ausgewählt, bedeutet dies noch keine Garantie für das Gelingen des Generationenwechsels. Auch dann gibt es noch Stolpersteine, die Übergaben in Handwerksunternehmen scheitern lassen können, insbesondere zwei oft beobachtete Extreme:

Entweder ziehen sich die Alt-Unternehmer sofort aus dem Unternehmen zurück oder sie können nicht loslassen. Verlässt der bisherige Chef das Unternehmen sofort, bedeutet das für Mitarbeiter und Kunden einen Bruch. Eventuell fühlen sie sich dann nicht mehr an das Unternehmen gebunden. Je enger die persönlichen Beziehungen waren, desto schwieriger wird es (zumindest anfangs) für den Nachfolger sein, die Loyalität zu gewinnen.

Gibt der Alt-Unternehmer weiterhin den Ton an, anstatt die Führung dem Nachfolger zu überlassen, kommt es zu einem Machtkampf, der Mitarbeiter und Kunden verunsichert oder gar vergrault. Denn dann gibt es widersprüchliche Entscheidungen und es ist unklar, wessen Wort gilt.

Schriftlich hält besser

Damit es nicht so weit kommt, sollte die Kompetenzübergabe sehr genau und immer schriftlich erfolgen. Legen Sie dabei genau fest, wer wann welche Aufgaben übernimmt bzw. abgibt. Daran müssen sich alle Beteiligten halten. Dies empfiehlt sich insbesondere bei der Übergabe innerhalb der Familie, wenn man glaubt, auf schriftliche Regelungen verzichten zu können. Eine zeitlich angemessene Übergangsphase ist auf jeden Fall einzuplanen. Wie lange diese dauert, hängt von der Größe des Betriebs ab: Ein Zwei-Mann-Betrieb kann innerhalb eines Monats übergeben werden und bei einem Unternehmen mit 30 Mitarbeitern sollte man durchaus mit sechs Monaten rechnen. Die Mitarbeiter sind über die Übergaberegelungen zu informieren, damit sie wissen, wer ab wann wofür weisungsbefugt ist. Ebenso müssen Kunden und Lieferanten rechtzeitig über die Veränderungen und neue Ansprechpartner informiert werden.

Schritt für Schritt die Übergabe meistern

Der Übergabeprozess gliedert sich in fünf Hauptschritte. Damit die Übergabe möglichst reibungslos verläuft und der Betrieb nicht darunter leidet, sollten bei der Planung dieser fünf Schritte im Einzelnen folgende Punkte bedacht und festgelegt werden:

1. Bestandsaufnahme

  • Wie ermittle ich den Unternehmenswert?
  • Reicht meine bisherige Altersvorsorge aus oder bin ich zusätzlich auf den Erlös aus der Unternehmensveräußerung angewiesen?
  • Welche steuerlichen und rechtlichen Konsequenzen hat die Übertragung?
  • Welche erbrechtlichen Regelungen und Ansprüche sind mit der Übertragung des Unternehmens verbunden?

2. Art der Übernahme bestimmen

  • Welche Übergabemodelle kommen infrage (z. B. Familiennachfolge, Fremdgeschäftsführung, Verpachtung, Verkauf)?
  • Über welche persönlichen und fachlichen Qualifikationen sollte der Nachfolger verfügen?
  • Welche Möglichkeiten der Finanzierung gibt es für den Nachfolger?

3. Operative Vorbereitung

  • Wie bereite ich mein Unternehmen auf die Übergabe vor?
  • Wie sind die Rahmenbedingungen der Übergabe und Übernahme?
  • Ist mir die Sicherung der Arbeitsplätze durch den Übernehmer wichtig?
  • Ist die Qualität der Kundenbetreuung nach der Übergabe sichergestellt?
  • Wird das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich sein?
  • Wofür brauche ich externe Beratung und wen kann ich dafür hinzuziehen?

4. Konkreten Übergabefahrplan erstellen

  • Wie sieht der Übergabe- und Übernahmefahrplan aus?
  • Ab wann soll die Nachfolge geplant werden?
  • Wie viel Zeit wird der Generationenwechsel in Anspruch nehmen?
  • Wann soll er abgeschlossen sein?
  • Wer muss wann informiert werden und über welche Kanäle (Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner)?
  • Möchte ich für einen gewissen Zeitraum weiterhin im Unternehmen tätig sein, z. B. als Berater? Wann ziehe ich mich definitiv aus dem Unternehmen zurück?
  • Was werde ich nach dem Ausstieg aus meinem Unternehmen tun?

5. Umsetzung

Sind alle Punkte geklärt und steht der Fahrplan, kann die Übertragung erfolgen. Wird der gut vorbereitete und durchdachte Übergabeplan dann auch tatsächlich eingehalten, können alle Beteiligten mit gutem Gefühl in die Zukunft blicken.

Fußnoten

Mit fachlicher Unterstützung durch www.steinseifer.com

Informationen und Beratung

Klaus Steinseifer bietet u. a. Seminare, Vorträge und Beratungen zum Thema Nachfolge an. Unter www.steinseifer.com finden Sie sein Angebot.

Onlinebörse für die Nachfolgersuche

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bietet gemeinsam mit bundesweiten Partnern der Initiative „nexxt“ umfassende Informations-, Beratungs- und Unterstützungsangebote rund um das Thema Unternehmensnachfolge an. Zentral ist die Nachfolgebörse www.nexxt-change.org , über die kostenlos Kontakte geknüpft werden können. Seit 2006 wurden durch die Börse bereits über 15 000 erfolgreiche Unternehmensübergaben angestoßen. Neben Verkaufsangeboten und Kaufgesuchen stehen in der Rubrik „Service“ auch zahlreiche Tipps, Checklisten und Broschüren für die Planung der Übergabe zum Download bereit. Interessenten können darüber hinaus Regionalpartner der Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Sparkassen und Kreditgenossenschaften für die Unterstützung vor Ort finden.

Achtung, Existenzgründer!

Spielen Sie mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen? Haben Sie Interesse an einem gut eingeführten und breit aufgestellten Traditionsbetrieb? Der im Interview vorgestellte Meisterbetrieb, der zur Übergabe angeboten wird, besteht seit 1945 und befindet sich im Raum München. Für nähere Infos können Interessenten per E-Mail mit redaktion@baumetall.de Kontakt aufnehmen.

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