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Pech für die Schreiner

Eigentlich wollte ich Schreiner werden“, sagt Alex Zehnder, als ich ihn im Hotel Trois Couronnes an der Riviera des Genfer Sees treffe. Der leidenschaftliche Spenglermeister ist zwar seit Ende der 1990er-Jahre im Ruhestand, doch ganz ohne Spenglerluft kann er nicht leben. Reichlich davon atmen Zehnder und seine Schweizer Spenglerfreunde im Mai 2018 in Vevey unter den Kronleuchtern der Nobelherberge ein. Im Rahmen der 55. Generalversammlung des Vereins diplomierter Spenglermeister der Schweiz (VDSS) feiern sie dort den Gewinner der Goldenen Spenglerarbeit und des VDSS-Zehnder-Preises.

Der bedeutendste Architekturpreis der Spenglerbranche ist seit dem 50. Jahrestag der Vereinsgründung mit einem Preisgeld in Höhe von 10 000 Schweizer Franken dotiert. Gemeinsam mit seiner Frau Jeannette überreicht Alex Zehnder seither den entsprechenden Scheck persönlich.

BAUMETALL: Woher kommt Ihr Herzblut für unseren Beruf, Herr Zehnder?

Alex Zehnder: Ich stamme aus einer Spenglerfamilie. Mein Großvater, mein Vater und mein Onkel waren Spengler und obwohl ich gerne Schreiner geworden wäre, durfte ich als Jugendlicher beim Probearbeiten in der Werkstatt meines Großvaters die Liebe für unseren wunderbaren Beruf entdecken.

Erzählen Sie doch ein wenig von Ihren ersten Spenglerjahren.

Meine Lehre habe ich auf dem Land gegen Kost und Logis gemacht. Das war damals so üblich und der eigentliche Lohn war die Weitergabe von Fachwissen. Aus diesem Grund bin ich während meiner ersten Gesellenjahre auch von einem Betrieb zum nächsten gereist. Das war eine sehr wertvolle Zeit. Ich habe sehr viel gelernt und konnte somit schon bald darauf mein Spenglermeisterdiplom erwerben.

Und das war dann der Beginn Ihres Engagements für den VDSS?

Nein. Ich arbeitete zunächst als angestellter Spenglermeister in Basel. Der VDSS existierte damals noch nicht, aber es gab bereits eine Berufsorganisation, zu der aber nur Firmeninhaber Zugang hatten. Darüber habe ich mich so sehr geärgert, dass ich kurzerhand mit drei befreundeten Kollegen den VDSS als Verein für alle diplomierten Spenglermeister der Schweiz gegründet habe. Wissen Sie, früher war der Austausch unter Kollegen fast noch wichtiger als heute.

Das war vor 55 Jahren. Wie ging es weiter?

Mein Arbeitgeber war hauptsächlich auf Sanitärarbeiten spezialisiert. Ich leitete unsere damals relativ kleine Spenglerabteilung und musste diese als Ortsfremder und somit ohne Beziehungen in die Baseler Netzwerke aufbauen. Das war sehr mühsam, doch mit frischen Ideen und viel Fleiß entwickelte sich die Spenglerabteilung prächtig. Nach weiteren sieben Jahren konnte ich die Firma übernehmen. Das war 1971.

War das nicht ein großes Risiko?

Wissen Sie, Herr Buck, ich lebe schon immer nach dem Prinzip, niemals mehr Geld auszugeben, als ich einnehme. Außerdem habe ich seit 53 Jahren eine wunderbare Frau an meiner Seite, die mich in kaufmännischen Belangen perfekt unterstützt.

Nicht nur Ihre Firma hat sich demnach prächtig entwickelt. Auch der VDSS wuchs seit seiner Gründung im Jahr 1963 von drei auf inzwischen 439 Mitglieder an.

Der VDSS ist heute weit mehr als ein Verein, der gemeinsame Berufsinteressen fördert, Erfahrungsaustausch gewährleistet und die Kameradschaft pflegt. Die Kollegen arbeiten an der Weiterentwicklung der Fachregeln mit und unterstützen internationale Interessen wie den Studiengang in Rosenheim oder den Internationalen Interessenbund Baumetalle (iib).

Heute wird die Goldene Spenglerarbeit zum siebten Mal verliehen. Sie stellen den damit verbundenen VDSS-Zehnder-Preis samt Preisgeld erneut bereit. Das ist sehr großzügig.

Es ist mir sehr wichtig, das Ansehen unseres Berufes in der Öffentlichkeit zu stärken. Die Goldene Spenglerarbeit trägt entscheidend dazu bei. Aus diesem Grund habe ich dafür gesorgt, dass der VDSS-Zehnder-Preis noch viele Jahre lang verliehen werden kann. Ich bin übrigens schon ebenso gespannt wie Sie, welches der 23 eingereichten Projekte heute gewinnen wird. Die VDSS-Juroren leisten jedes Jahr großartige Arbeit. Am meisten erstaunt mich aber, dass sie es immer wieder schaffen, den Namen des Preisträgers bis zum Zeitpunkt der Preisverleihung geheim zu halten.

Herr Zehnder, ich stelle fest, dass die Schreiner ungeheures Pech und die Spengler riesiges Glück hatten. Bitte bleiben Sie unserem schönen Handwerk noch möglichst lange verbunden.

55 plus 20 = 23

Während sich Zehnder seit mehr als 55 Jahren für die Geschicke der Schweizer Spengler engagiert, gewinnt Daniel Hunziker den bedeutendsten Architekturpreis der Schweizer Spenglerbranche, aber der Reihe nach: Im vor 55 Jahren gegründeten VDSS hatte man vor 20 Jahren die Idee, einen Branchenwettbewerb mit Mehrwert für den gesamten Berufszweig ins Leben zu rufen. Inzwischen ist die alle drei Jahre verliehene Goldene Spenglerarbeit zur wichtigsten Auszeichnung der Schweizer Branche geworden. Während sich anfangs nur eine Handvoll Teilnehmer bewarben, buhlen inzwischen regelmäßig über 20 Spenglerteams mit ihren Wettbewerbsobjekten um die Auszeichnung. In diesem Jahr waren es 23! Für die fachkundige VDSS-Jury ist die Bewertung mit viel Arbeit verbunden, denn die ehrenamtlich tätigen Juroren begutachten die eingereichten Wettbewerbsobjekte innerhalb weniger Tage direkt vor Ort. Dabei bewerten sie neben dem gesamten Erscheinungsbild und der architektonischen Umsetzung vor allem fachliche Aspekte. Falzeinteilung und konstruktive Umsetzung werden dabei ebenso berücksichtigt wie Materialwahl und handwerkliche Ausführung. Dass in der Schweiz eine Dachschnauze dasselbe ist wie ein Traufanschluss in Deutschland, scheint der geringfügigen Abweichung des Schweizer Fachvokabulars geschuldet zu sein. Faktisch sind alle 2018er-Wett-bewerbsobjekte hervorragend ausgeführt, sodass die Juroren erneut vor einer schweren Entscheidung standen.

55. VDSS-Generalversammlung 2018

Mit der Präsentation der Goldenen Spenglerarbeit 2018 ist abermals die Vorstellung aller 23 Wettbewerbsobjekte verbunden. Die beeindruckende Objektschau fand übrigens zum siebten Male statt. Erwartungsgemäß repräsentieren alle dabei gezeigten Bauvorhaben erneut den hohen Standard des Spenglerhandwerks. Das Spektrum erstreckt sich von verschiedenartigen Metalldächern an Wohnhäusern und Kirchen über Turmeindeckungen und Metallfassaden. Die technisch und gestalterisch professionell ausgeführten Objekte belegen dabei, wie vielseitig Spenglertechnik inzwischen eingesetzt werden kann, doch damit nicht genug: Damit möglichst viele Menschen erfahren, wozu Spengler in der Lage sind, hat der VDSS erneut eine umfassende Pressemappe erstellt, in der alle Projekte vorgestellt werden. Ein Sonderdruck, der ebenfalls alle Projekte zeigt, ist in Vorbereitung. Ziel ist es, die Pressetexte möglichst oft zu veröffentlichen, wobei neben der Fachpresse auch Architekturmagazine und Regionalzeitungen beliefert werden. Dieses Engagement macht alle Teilnehmer automatisch zu Gewinnern, denn bekanntlich sollte man nicht nur „Gutes tun“, sondern vor allem darüber sprechen!

Der Preis ist heiß, …

… das ausgezeichnete Projekt ebenso! BAUMETALL berichtete bereits in Ausgabe 7/2017 über die Fassade des Gemeindehauses im schweizerischen Unterengstringen. Die im warmen Goldton schimmernde Gebäudehülle wurde von der Züricher Scherrer Metec AG realisiert. Das Team um den projektverantwortlichen Spenglermeister Daniel Hunziker leistete ganze Arbeit. Der vom Züricher Architektenteam Tilla Theus und Partner AG geplante Baukörper besticht durch eine Aluminiumhülle, die sich wie ein Spitzenkleid um den markanten Baukörper schmiegt. Durch die schimmernden Maschen der extravaganten Fassade blitzt die rote darunterliegende Haut. Dazwischen sind die ovalen Schatten der Fenster zu erkennen. Der BAUMETALL-Artikel zum preisgekrönten Projekt kann natürlich im Online-Archiv* gelesen werden. Ein entsprechendes Online-Extra, das explizit auf die Details der hervorragenden Spenglerarbeit eingeht, finden Sie auf www.baumetall.de/extra.

Das BAUMETALL-Team gratuliert allen am Objekt beteiligten Fachleuten zur Goldenen Spenglerarbeit 2018 sowie allen Wettbewerbsteilnehmern und den Organisatoren des VDSS zur abermals gelungenen Durchführung der Goldenen Spenglerarbeit. Die 23 Wettbewerbsobjekte finden Sie mit einer ersten Kurzinformation auf den Folgeseiten bzw. sofern bereits veröffentlicht im BAUMETALL-Online-Archiv.

www.vdss.ch

www.baumetall.de/extra

Goldene Spenglerarbeit 2018 / alle Teilnehmer

Grußwort von VDSS-Präsident René Fasler

Es ist mir eine große Freude, dass so viele Westschweizer unserer Einladung gefolgt sind. Spenglermeister zeichnen sich dadurch aus, dass sie weltoffen sind und mit Veränderungen umgehen können. Wenn wir uns also im nächsten Jahr im Oberwallis treffen, freue ich mich bereits heute, euch alle wiederzusehen. Das Wertvollste an unserem Verein ist das enorme Fachwissen und die Erfahrung unserer Mitglieder. Nur im persönlichen Gespräch können wir vom Wissen und den Problemlösungen unserer Berufskollegen profitieren. Dies verlangt aber eine Offenheit von uns allen. Wenn wir kulturelle und sprachliche Barrieren überwinden, dann merken wir schnell, dass uns die gleichen Probleme beschäftigen und wir uns mit der gleichen Hingabe mit deren Lösungen beschäftigen. Für uns Spenglermeister existiert der Röstigraben** nicht. Offen für Neues zu sein ist heute wichtiger als je zuvor. Unsere Gebäudehüllen sollen nicht nur vor Umwelteinflüssen schützen, nein, sie sollen sie auch nutzen, um Energie und Wasser für den Benutzer des Gebäudes bereitzustellen. Und dies selbstverständlich in optischer Perfektion und zum günstigsten Preis. Dies zwingt uns, neue Technologien anzuwenden und unsere Arbeitsabläufe zu optimieren. Die Digitalisierung bietet uns neue Lösungen, aber sie bringt auch neue Gefahren, die wir bisher so nicht kannten.

Werden Roboter einst Teile unserer Arbeit übernehmen können? Ganz bestimmt. Aber sind wir dann bereit, dies zu akzeptieren? Können wir gewisse Verantwortungen an Maschinen abgeben und die gewonnene Zeit dazu nutzen, unsere Lebensqualität zu steigern? Darf man die digitalen Techniken nutzen, um das eigene Leben bequemer zu gestalten, oder sollte man nicht eher noch produktiver werden? Was machen die Leute, die durch digitale Prozesse komplett ersetzt werden?

Es liegt an uns, diese Fragen zu beantworten. Gerade im Handwerk muss es uns gelingen, die technischen Hilfsmittel und die Handarbeit im richtigen Verhältnis zu fördern. Den Kunden, der am Morgen erwacht, weil es ihm aufs Bett tropft, interessiert es nicht, dass die Maschinen in eurem Betrieb fehlerfrei miteinander kommunizieren und fast von alleine produzieren. Nein, er braucht einen Handwerker mit dem nötigen Wissen, der sein Dach in kürzester Zeit fachmännisch reparieren kann. Der Architekt aber möchte Gebäude gestalten, wie sie bisher noch nicht da gewesen sind. Wenn wir seine Träume umsetzen wollen, benötigen wir neue Technologien.

Ob in Genf oder Chur, in Zürich oder Lugano, die Herausforderungen sind die gleichen. Es darf nicht sein, dass wir ohne mit der Wimper zu zucken per Knopfdruck Ware aus China bestellen, es uns aber nicht gelingen sollte, in der Schweiz gemeinsam die anstehenden Probleme zu lösen.

** Röstigraben bezeichnet den Mentalitätsunterschied von Deutschschweizern und Romands.

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