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Danke, Budapest

Es ist schwer, die Stimmung und die Emotionen während des Wettkampfes und der Abschlussfeier zu beschreiben. Dazu muss man die EuroSkills live erlebt haben. Nur dann lässt sich ansatzweise erahnen, welch enorme Leistung die Teilnehmer und Trainer erbracht haben. Alle neun Teilnehmer haben bis zur letzten Sekunde gekämpft – haben den letzten Bündnerfalz im allerletzten Augenblick geschlossen – auch der Favorit und verdiente Sieger Pascal Gerber aus der Schweiz.

Zugegeben: Nicht alle Handwerker haben die EuroSkills auf dem Radar – auch nicht alle Spengler. Was machen „die“ dort? Um die Wette falzen und ein bisschen Spaß haben vielleicht? Weit gefehlt! Was für so manchen Handwerker von Weitem betrachtet (leider) noch immer nach unnützer Zeitverschwendung aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als extrem harte Arbeit! Ich behaupte sogar, dass selbst routinierte Kollegen mit jahrelanger Erfahrung Schwierigkeiten hätten, im Wettbewerb zu bestehen. Nicht umsonst organisieren die Berufsverbände nationale und internationale Trainings, um die Athleten gemeinsam fit für den Wettkampf zu machen. Es ist übrigens durchaus gerechtfertigt, die Wettbewerbsteilnehmer als Athleten zu bezeichnen. Wer live dabei war, zieht den Hut vor der Leistung jedes Einzelnen sowie vor dem Engagement der Trainer!

Aber die EuroSkills sind mehr: Sie zeigen der Welt, was Handwerk kann. Genau das wird spätestens dann klar, wenn man die Wettkampfstätte betritt. Aberhunderte Jugendliche drängen sich dort durch die Gänge und halten Ausschau nach ihren Traumberufen. Die Teenager zeigen dabei erstaunlich großes Interesse an der Leistungsfähigkeit des Handwerks – beobachten Friseure, Landmaschinenmechaniker, Maurer, Bäcker und eben auch Spengler sehr genau. Sätze wie „Ich wusste gar nicht, dass es den Beruf des Metalldachdeckers gibt“ oder „Schau mal, die machen ein ganzes Dach aus Metall“ verdeutlichen dies – zeigen aber auch, wie wichtig die Öffentlichkeitsarbeit für unsere Branche ist. Gut, dass es Institutionen wie den ZVSHK, das Europäische Klempner- und Kupferschmiedemuseum oder den Internationalen Interessenbund Baumetalle (iib) gibt. Sie alle kümmern sich um exakt solche Aufgaben. Gut ist auch, dass Veranstalter und Berufsorganisationen mit Veranstaltungen wie den EuroSkills und den WorldSkills regelmäßig dafür sorgen, dass Teilnehmer und Besucher erleben können, was Handwerk kann!

Begeisterung, die ansteckt

Es ist Freitagvormittag. Budapest zeigt sich von seiner schönsten Seite. Strahlender Sonnenschein begrüßt die in Reisebussen, per Flugzeug und per Bahn angereisten EuroSkills-Besucher. Ich bin einer davon. Meine Taxifahrt zum Veranstaltungsort führt mich über mehrspurige Prachtstraßen und natürlich erkenne ich sofort, dass die Klempner in Budapest wissen, wie es geht. Beim Blick auf umliegende Dachlandschaften entdecke ich wunderschöne Zink- und Kupferdächer. Viele davon sind mit beeindruckenden Bauornamenten versehen. Besonders beeindruckend sind die Stadtvillen aus der Gründerzeit, die wunderschönen Brücken und andere historische Bauwerke. Dazwischen entdecke ich immer wieder moderne Architektur, die das Stadtbild mit gewagten Fassaden auflockert.

Als ich das Expo-Gelände betrete, geht das Staunen weiter. Ich traue meinen Augen kaum, denn selten habe ich so viele Jugendliche auf einem Fleck gesehen. Die aus zahlreichen europäischen Ländern angereisten Besucher drängen sich scharenweise auf dem Freigelände sowie in den verschiedenen Messehallen. Erkennbares Ziel ist es, möglichst viel zu sehen und natürlich die Favoriten aus den entsprechenden Heimatländern anzufeuern. Zielstrebig steuere ich die Halle an, in welcher die Metal-Roofer ihre Kräfte messen. Mein Weg führt mich an Landmaschinenmechanikern, Installateuren und Malern vorbei. Überall wird angespannt und konzentriert gearbeitet und mir fällt auf, dass es dabei überaus diszipliniert zugeht. Auch bei den Spenglern ist das so.

Wettkampf mit System

Die Teilnehmer aus acht Nationen achten akribisch auf Sauberkeit am Arbeitsplatz. Um die entsprechende Übersicht zu behalten, setzen sie unterschiedliche Systeme zur Werkzeugvorhaltung ein. Ich entdecke Zangen und Scheren, die griffbereit in Rohrkonstruktionen stecken, und Werkbänke, die aussehen, als wären sie eigens zur katalogisierten Ablage diverser Hilfsmittel aufgebaut worden. Blechabfälle landen zielsicher in speziell dafür bereitgestellten Behältern und auch an den allen Wettkämpfern zur Verfügung stehenden Schwenkbiegemaschinen und Tafelscheren herrscht extreme Ordnung. „Das muss so sein“, erklärt Trainer und Experte Josef Bock vom SHK-Ausbildungszentrum Schweinfurt. Schließlich gehe es darum, möglichst effektiv, passgenau und schnell zu arbeiten. Sein „Schützling“ Benno Uhlmann aus Karlstadt hat entsprechende Routinen längst verinnerlicht. Zielsicher greift er nach Werkzeugen, passt zuvor profilierte Scharen ein oder schließt Bündnerfalze am Firstabschluss.

Damit das so perfekt gelingt, haben die Athleten wochenlang trainiert. Neben Einzeltrainings zur Optimierung verschiedener Arbeitsabfolgen standen sogar internationale Gruppentrainings auf dem Programm. Dabei übte der Deutsche Uhlmann gemeinsam mit den Kollegen aus Belgien, Ungarn, Frankreich, Italien (Südtirol), Österreich, Russland, Schweden und der Schweiz. Für den aus Franken stammenden Spenglergesellen waren die internationalen Trainings besonders wertvoll. Nicht nur weil er sich dort einen Überblick bezüglich des Leistungsstandes seiner Konkurrenten verschaffen, sondern auch weil er zahlreiche Kniffe verfeinern und anpassen konnte.

Finale in Budapest

Die Zeit vergeht wie im Flug und die Dachmodelle sind nahezu fertiggestellt. Überall werden letzte Handgriffe angelegt – werden Abschlussprofile eingefalzt oder Dachrandblenden eingeschoben. An immer schnelleren Bewegungen und Arbeitsabfolgen erkenne ich, dass die Endphase unmittelbar bevorsteht. Erst jetzt fallen mir die zahlreichen Zuschauer auf, die ein Durchkommen auf den Gängen vor dem Metal-Roofing-Bereich nahezu unmöglich machen. Dicht gedrängt feuern sie die Wettkämpfer an. Gemeinsam zählen sie die letzten zehn Sekunden an, um bei null in tosenden Jubel auszubrechen. Die dabei entstehende Atmosphäre ist unbeschreiblich. Erleichterung der Athleten mischt sich mit Freudentränen der Trainer. Die Freude, das Ziel gemeinsam erreicht zu haben, ist überall spürbar. Trainer, Familienangehörige und Freunde sind stolz auf die abgelieferte Leistung, die sich durchaus sehen lassen kann. Falze wie aus dem Lehrbuch münden in Bilderbuchtraufen. Formschöne Firstabschlüsse und Kehlen veranschaulichen höchste Präzision und mir ist jetzt schon klar, dass die Punktrichter vor einer schwierigen Aufgabe stehen.

Perfekte Organisation und emotionale Preisverleihung

Mit dem Schließen der letzten Bündnerfalze ist das EuroSkills-Programm der Klempner keineswegs beendet. Abends feiern die Wettkampfteams der teilnehmenden Nationen die beachtlichen Leistungen ihrer Athleten, und zwar unabhängig vom Ergebnis. Am darauffolgenden Samstag kommt es im Hungexpo Budapest Fair Center zum emotionalen Höhepunkt der EuroSkills – der Medaillenverleihung. Ausgezeichnet werden die Plätze eins bis drei sowie die besten Leistungen bzw. die höchste Punktzahl. Wie knapp das Ergebnis bei den Klempnern war, verdeutlicht folgender Punktestand:

  • Benno Uhlmann (Deutschland) gewinnt mit 700 Punkten eine Exzellenzmedaille,
  • ebenso Mark Krause (Österreich) mit 708 Punkten.
  • Bronze geht mit 711 Punkten an Gabriel Haas (Italien/Südtirol).
  • Silber sichert sich Antoine Saint (Frankreich) mit 720 Punkten.
  • Gold erhält Pascal Gerber (Schweiz), der als bester Metalroofer 726 Punkte erreichte.

Gewerkeübergreifend überzeugte das gesamtdeutsche Team mit zwei Mal Gold, drei Mal Silber und zwei Mal Bronze sowie weiteren vier Exzellenzmedaillen, die für überdurchschnittliche Leistungen verliehen werden. Den höchsten Punktestand aller 23 deutschen Teilnehmer aus Handwerk, Industrie und Dienstleistung erreichte Elektronikerin Diana Reuter (Silbermedaille). Ihr wurde der begehrte Titel „Best of Nation“ verliehen. Länderübergreifend sicherte sich die Russische Föderation mit neun Mal Gold, acht Mal Silber, zwei Mal Bronze und zehn Exzellenzmedaillen das beste Ergebnis.

iib würdigt Leistung der Teilnehmer

Wie wichtig die EuroSkills für die Öffentlichkeitsarbeit sind, veranschaulichte die Anwesenheit branchenbekannter Persönlichkeiten. So ließen es sich Hans-Peter Kaufmann (Direktor der Schweizer Suissetec), Hubert Trenkwalder (Obmann der Südtiroler Spengler) oder Mirko Siegler (iib-Präsident) nicht nehmen, live dabei zu sein. Letzterer würdigte die Leistung der besten drei Athleten mit einer besonderen Anerkennung. Siegler hatte im Namen des iib drei hochwertige Action-Camcorder der Marke Go Pro im Gepäck. Die kleinen, wasserdichten und robusten Action-Kameras eignen sich hervorragend, um die Gewinner bei der täglichen Arbeit auf Dächern und an Fassaden zu begleiten. „Ziel ist es, der Spenglergemeinde und vor allem der Welt da draußen zu zeigen, was ein Spengler macht. Genau das ist die wichtigste Aufgabe des iib“, sagt Siegler. Er und sein iib-Vorstandsteam freuen sich schon jetzt auf die ersten Videos der EuroSkills-Gewinner. Siegler weiter: „Ich teile die Auffassung des deutschen Trainers Josef Bock vom Bundesleistungszentrum der SHK-Innung in Schweinfurt. Wenn wir uns gemeinsam für den Klempnerberuf starkmachen, sollte einer Teilnahme an den WorldSkills eigentlich nichts mehr im Wege stehen!“

Übrigens: Die 6. Europameisterschaft der Berufe fand vom 26. bis 28. September 2018 im Hungexpo Budapest Fair Center statt. Der Veranstaltungsort der EuroSkills 2020 wird Graz sein.

Mirko Siegler, iib-Präsident

Doppelsieg für die Schweiz

Der Schweizer EuroSkill-Athlet Pascal Gerber macht seit geraumer Zeit von sich reden. Vor knapp zwei Jahren stellte er mit dem Sieg an den Schweizermeisterschaften der Gebäudetechnik 2016 die Weichen zur Teilnahme an den EuroSkills. Den im darauffolgenden Jahr stattfindenden Ausscheidungswettkampf im Bildungszentrum Lostorf entschied Gerber ebenfalls für sich und verwies fünf Konkurrenten auf die Plätze. Gerber erlernte sein Handwerk bei der René Meyer GmbH in Herznach (Kanton Aargau). Für die Herausforderung, das Wettbewerbs-Dachmodell im Rahmen der EuroSkills perfekt mit Aluminium des Sponsors Prefa zu bekleiden, hatte er über Monate hart trainiert. Gecoacht wurde er dabei vom langjährigen Suissetec-Experten Roger Gabler. Gabler wiederum trat bei der EM 2018 nicht nur als Experte für den Schweizer Kandidaten an, sondern erstmals auch als Chefexperte für den gesamten Skill Metal Roofing.

Der französische Spenglerkandidat Antoine Saint, der in Budapest als Konkurrent von Pascal Gerber teilnahm und sich den zweiten Platz sicherte, arbeitet in Genf beim Suissestec-Mitgliederbetrieb Duraffourd Ferblanterie. Die Schweizer Berufsorganisation der Spengler ging folglich als Doppelsieger aus dem Wettbewerb.

Quelle: Suissetec

Weitere Fotos und Video-Links

Deutsche Delegation:https://m.youtube.com/watch?v=-4uOlCJlyDU

Abschlusszeremonie:https://m.youtube.com/watch?v=ka2KuwDKdKg

Bericht des ZVSHKhttps://www.zvshk.de/euroskills