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Wenn der Nachwuchs ausbleibt

Benötigt die Klempnerbranche eine neue Ausbildungsberufsbezeichnung, weil „Klempner“ für junge Leute nicht attraktiv klingt? Genau darüber diskutiert die Branche derzeit so intensiv wie seit Jahren nicht mehr. Angeheizt von einem statistisch ermittelten Rückgang der Ausbildungszahlen um satte 16 % besteht Handlungsbedarf. Im Artikel „Niedergang aus Nachwuchsmangel“ aus der Deutschen Handwerkszeitung vom 6. Februar 2019 wird über die Schließung von Berufsschulstandorten berichtet. Es wird also eng! Aus diesem Grund diskutieren die Mitglieder der Bundesfachgruppe Klempnertechnik darüber, ob es ratsam oder gar dringend geboten ist, die Ausbildungsberufsbezeichnung der Klempner zu ändern. Die Befürworter wollen so dem Klempnerberuf eine speziell für Jugendliche und damit zukünftige Azubis ansprechendere Bezeichnung geben. Dadurch soll die Attraktivität des Berufs gesteigert und den sinkenden Lehrlingszahlen entgegengewirkt werden. Flaschnermeister Robert Smejkal nimmt jetzt in einem Leserbrief Stellung:

Liebe Berufskolleginnen und Berufskollegen,

seit Längerem bemüht sich unser Berufsstand um eine neue, zeitgemäße Berufsbezeichnung für unseren schönen Klempnerberuf. In den Gremien des ZVSHK, der Bundesfachgruppe Klempnertechnik und in anderen Fachkreisen wurde dieses Thema in den letzten 20 Jahren immer wieder vehement diskutiert. Weil für eine neue, gemeinsame und bundeseinheitliche Berufsbezeichnung keine Einigkeit hergestellt werden konnte, blieb aber (fast) alles beim Alten. Bei keinem anderen Beruf gibt es so viele regionale Berufsbezeichnungen wie beim Klempner. Und jede Region bzw. deren Vertreter für unser Handwerk bestehen auf der Beibehaltung ihrer Berufsbezeichnung. Aber haben wir die Rechnung mit dem Nachwuchs, den wir dringend benötigen, gemacht?

Auf die Frage: Was macht ein Klempner? kommt von den Jugendlichen zu 90 % die Antwort: Toilette. Wasserhahn. Sie wissen nicht, was der Klempner wirklich leistet. Bleibt es dabei, wird es auch in den nächsten 20 Jahren nicht gelingen, diese Fehleinschätzung aus den Köpfen zu bringen. Der Klempner wird weiterhin mit dem Sanitärinstallateur gleichgesetzt werden. Deshalb ist es an der Zeit, die Ausbildungsberufsbezeichnung – und zwar NUR die Ausbildungsberufsbezeichnung – zu ändern! Es muss ersichtlich sein, was gelernt wird. Zum Beispiel: Metalldach- und Fassadenbauer oder angelehnt an den Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik den Gebäudehüllenmechaniker für Metalldach- und Fassadentechnik.

Jeder Betrieb kann somit seine bestehende Bezeichnung beibehalten. Daran wird sich nichts ändern. Zum Beispiel wird sich an meiner Firmenbezeichnung „Robert Smejkal GmbH & Co KG, Flaschnerei für Bau und Industrie“ nichts ändern. Nur sollte endlich eine moderne, zeitgemäße Ausbildungsberufsbezeichnung die Jugendlichen ansprechen. Der „Klempner“ kann es zukünftig nicht mehr sein. Der Name ist genauso unattraktiv wie Metzger, Bäcker oder Gipser. Andere Berufe haben das schon viel früher erkannt und entsprechend reagiert. So wurde aus Schlosser Metallbauer, aus Gipser Stuckateur oder aus Kfz-Mechaniker Mechatroniker usw.

Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass ausgerechnet Vertreter aus solchen Bundesländern bzw. entsprechenden Landesverbänden immer noch auf die alte Berufsbezeichnung pochen, in welchen zuletzt kaum mehr Klempnerlehrlinge ausgebildet wurden und deren Ausbildungszahlen ständig rückläufig sind. Dort sollte man sich einmal Gedanken machen, woran das liegt. Ausbildungsbereite Jugendliche einfach kampflos dem Dachdecker- und Zimmererhandwerk zu überlassen, ist kontraproduktiv. (Anmerk. d. Red.: Im Dachdeckerhandwerk wird in der Azubi-Statistik aktuell ein Plus von 11 % verzeichnet.)

Als in Baden-Württemberg vor rund 30 Jahren die Ausbildungszahlen im Klempnerhandwerk ständig zurückgingen (damals um ca. 50 Lehrlinge), bildete der Fachverband SHK-BW die Landesfachklasse Klempner in Ulm. Nebenbei bemerkt: Mein Favorit zur zukünftigen Bezeichnung unserer Landesfachklasse wäre „Landesfachklasse für Metalldach- und Fassadentechnik“. Ein derart moderner Name ist doch Programm, oder etwa nicht? Überhaupt lässt sich der Erfolg der baden-württembergischen Landesfachklasse nicht von der Hand weisen. Seit Gründung dieser einzigen Ausbildungsfachklasse in Baden-Württemberg werden dort zwischen 250 und 280 Auszubildende im Jahr beschult, und das konstant seit 25 Jahren! In Ulm können folglich Gelder und Mittel gebündelt werden, um unseren Auszubildenden eine optimale, auf das Klempnerhandwerk ausgerichtete Ausbildung zu ermöglichen.

Wir haben nun die einmalige und vorerst letzte Möglichkeit, unsere Ausbildungsberufsbezeichnung zu modernisieren, da die Landesverbände in ihrer nächsten Mitgliederversammlung beim ZVSHK darüber abstimmen werden. Der baden-württembergische Fachverband wird für die Änderung der Ausbildungsberufsbezeichnung stimmen – das wurde bei der letzten Mitgliederversammlung beschlossen. Ich hoffe, dass weitere Landesverbände dafür stimmen werden. Ansonsten wird diese große Chance vertan. Es ist schade, dass die beiden Landesverbände Baden-Württemberg und Bayern, die gemeinsam ca. 1000 Klempnerlehrlinge ausbilden, nicht mehr Einfluss nehmen können.

Die restlichen 14 Bundesländer, die gemeinsam weniger als 100 Auszubildende beschulen, sollten endlich länderübergreifende Fachklassen einrichten, um das Klempnerhandwerk mit vereinten Kräften und Mitteln zu stärken und uns klar vom Dachdecker- und Zimmererhandwerk abzugrenzen.

Der Trend nördlich der Mainlinie ist klar erkennbar. Das Dachdeckerhandwerk mit seinen Landesfachklassen (hat auch Probleme mit der Nachwuchsgewinnung, aber bestens ausgestattete Bildungseinrichtungen) liebäugelt mit den Klempnerlehrlingen, die aufgrund der niedrigen Ausbildungszahlen bald keine Schulungsstätten mehr haben werden. Man hat sich scheinbar schon damit abgefunden, dass Klempner in Dachdeckerbetrieben nur noch mitarbeiten und dort das Portfolio um ein attraktives Gewerk erweitern. Das ist mittlerweile auch in der Fachpresse angekommen. Zum Beispiel werden Auszeichnungen für gelungene Klempnerarbeiten inzwischen sogar Zimmererbetrieben zugesprochen, weil sie einen angestellten Klempner haben …

Es ist allerhöchste Zeit, die Stellschrauben, an denen wir selbst drehen können, zu justieren! Diese sind:

  • Besinnung auf eines der ältesten Handwerke und Stärkung desselben
  • Aktualisierung und Modernisierung der Berufsbezeichnung
  • Bildung von Landesfachklassen – auch länderübergreifend
  • Erweiterung der eigenen Fachbereiche
  • Anpassung an die sozialen Standards der Industrie
  • Anpassung der Preisgestaltung, Kalkulation

Geschätzte Kollegen, ich hoffe, euch einige Anregungen gegeben zu haben. Es ist an der Zeit, das Thema nicht nur nach Feierabend beim Bier zu diskutieren, sondern endlich Nägel mit Köpfen zu machen.

Gott schütze das ehrbare Flaschnerhandwerk!

Robert Smejkal

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