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Immer wieder gern in Bern

Manche Tage sind durchgehend perfekt. Zum Beispiel weil die Zugfahrt pünktlich, das Vorabendprogramm gelungen und die Fachtagung lohnend ist. Sie merken schon, die Schweizer Berufskollegen haben wieder einmal alles richtig gemacht. Obwohl die Frage, welchen Einfluss die Macher von Bern auf die pünktliche Bahn ausüben, durchaus berechtigt scheint. Spaß beiseite! Der Schweizer Spenglertag hat hohe Erwartungen erfüllt und erneut mehr als 600 Fachleute nach Bern gelockt. Die alle zwei Jahre vom Berufsverband Suissetec organisierte und durchgeführte Fachtagung stand dieses Mal unter dem Motto „Vorsprung durch Fachwissen“. Die Möglichkeit, Fachwissen zu vertiefen, ergreife ich bereits am Vorabend: Im Rahmen der begleitenden Fachausstellung treffe ich Teilnehmer und das Veranstaltungsteam – erkenne vertraute Gesichter –, begrüße Freunde aus der Schweiz, Österreich, Südtirol und Deutschland. Ein bisschen ist es wie auf einem Familientreffen. Die Stimmung ist locker. Die Erwartungen sind hoch. Erste Fachgespräche kommen zustande: Was hat es mit der Klempnerkrise in Deutschland auf sich? Können Metallfassaden tatsächlich schon mit 3D-Druckern hergestellt werden? Hast du die Arbeiten des Kreativwettbewerbs schon gesehen?, werde ich gefragt. Beim gemeinsamen Abendessen ist das Thema Metall an Dach und Fassade allgegenwärtig. Ich nutze die Gelegenheit, die von auszubildenden Spenglerinnen und Spenglern angefertigten Arbeiten zu besichtigen. Das Modell einer kupfernen Apollo-Rakete, Darth Vaders Helm und ein asiatischer Kupferdrache sind ebenso beeindruckend wie ein Kupfercomputer, ein Tischbrunnen oder eine Zapfanlage. Die ausgestellten Objekte haben besonderen Charme und ich frage mich, welche Arbeiten morgen von den Juroren und Tagungsteilnehmern prämiert werden …

Souveräner Startschuss

Zu Hause ist Aschermittwoch. Die Spengler in Bern kümmert das wenig. Für sie ist der 6. März 2019 das wichtigste Datum des Jahres und 9.00 Uhr eine bedeutende Uhrzeit. Pünktlich begrüßt Benno Lees (Präsident Fachbereich Spengler | Gebäudehülle und Vorstand der technischen Kommission Gebäudehüllenplanung) die aus den Dachs-Ländern angereisten Teilnehmer und eröffnet die Vortragsreihe. Dann reicht er das Mikrofon an die charmante Moderatorin Stéphanie Berger weiter, die den Spenglertag seit Jahren kennt und entsprechend souverän durch das Programm führen wird. Eines vorweg: Bereits die Grußbotschaft des Zentralvorstandes und Suissetec-Zentralpräsidenten Daniel Huser macht deutlich, dass die Vorstellung der neuen Suissetec-Fachrichtlinie ein fast wörtlich zu nehmender Veranstaltungsschwerpunkt ist. Und so obliegt es Robin Gut (Fachbereichsleiter Spengler | Gebäudehülle), das gefühlt 15 Doppelzentner schwere, 500-seitige (!) Regelwerk vorzustellen. Das Layout erreicht nahezu Bildbandqualität. Der erste Eindruck sowie die perfekte Rubrikgestaltung machen neugierig. (Anm. d. Red.: Die ausführliche Vorstellung des Regelwerkes folgt in BAUMETALL-Ausgabe 3/2019.)

Knacknüsse am Metalldach, Fassaden und 3D-Druck

Claudio Cristinas Vortrag über fachtechnische Herausforderungen, z. B. in schneereichen Regionen, öffnet so manchem Teilnehmer die Augen. Der Spenglermeister und Suissetec-Fachbereichsvorstand Spengler | Gebäudehülle zeigt Fotos von durch Schneelast deformierten Schneefangeinrichtungen oder Dachrinnen und empfiehlt praktikable Vorkehrungen zur Schadensberenzung. Außerdem äußert er sich zu Montagefehlern, die Stehfalzscharen bei der Ausdehnung behindern, und er verweist dabei auf die von ihm maßgeblich mitgestaltete neue Suissetec-Fachrichtlinie Spenglerarbeiten – genauer gesagt auf Kapitel 7 und die dort dargestellten Ausführungsempfehlungen für Metallbedachungen.

Anstatt auf Fehler und Gefahren hinzuweisen, stellt Spenglermeisterin und Fachbereichsvorstand Nicole Fankhauser Chancen vor, die das weite Tätigkeitsfeld der Metallfassaden mit sich bringt. Von ihr präsentierte Vorzeigefassaden zeichnen sich durch Streckmetalle, Kassetten, Paneele oder gestanzte Metallelemente aus. Ihr Referat „Der Spengler und die Fassade – kein Buch mit sieben Siegeln“ verdeutlicht perfekt, wozu Spengler in der Lage sind. Fankhausers unterhaltsamer Vortrag ist somit nicht nur eine Feststellung des Status quo, sondern vielmehr eine Inspirationsquelle für kreative Kollegen und eine perfekte Steilvorlage für mein Referat „3D-Druck und Metallfassaden“.

Um eine Brücke in die Zukunft der Fassadentechnik zu bauen, beginne ich mit Altbewährtem – stelle Schindelsysteme vor und zeige Gebäude, die durch geschickte Kombination von Know-how und aktuellem Stand der Technik schon heute aussehen, als kämen sie geradewegs aus der Zukunft. Dann wage ich den Seitenblick und präsentiere den Wachstumsmarkt Fassade aus einer anderen Perspektive. Ich zeige begrünte Wand- und Fassadensysteme, die sich hervorragend dazu eignen, neue und nachhaltige Wege zu gehen. In der Kombination mit Spenglertechnik entstehen durchaus ansprechende Bio-Fassaden, die dazu beitragen können, Feinstaubbelastungen zu minimieren oder die Atemluft in Ballungsgebieten zu verbessern. Höhepunkt meines Vortrages bilden 3D-gedruckte Beton- und Kunststoffstrukturen, die schon heute zur Fassadengestaltung eingesetzt werden. Erwartungsgemäß beantworte ich natürlich auch die im Raum stehende Frage, inwieweit 3D-Druck schon heute beim Bau von Metallfassaden zum Einsatz kommt. Dazu zeige ich reale 3D-Drucke aus Metall und stelle entsprechende Beispiele vor. (Anm. d. Red.: Weiterführende Informationen gibt es auf www.baumetall.de.)

Weitere Themen und motivierter Nachwuchs

Mit dem Vortrag „Gut geplant ist halb gebaut“ stellen Benno Lees und Architekt Lukas Eschmann pratikable Abläufe bei der Durchführung größerer Projekte vor. Über „Clevere und sichere Flachdachränder“ referieren die Fachbereichsvorstände Patrick Wickli und Marco Brunner. Anschaulich nutzen sie dabei ein aus Holzwerkstopffplatten gebautes Dachrandmodell, welches sie mittels Spanngurten und Zugwaagen bis zum Versagensfall belasten. Außerdem informiert Fachbereichsvorstand Marcel Venzin über das geneigte Dach bzw. entsprechend langlebige Detaillösungen und Kandid Vögele über sichere Klebeverbindungen.

Mit seinem Vortrag zum Stand der Ausbildungszeiterweiterung auf vier Jahre bringt René Fasler von der Revisionskommission die Teilnehmer auf den aktuellen Stand und leitete damit perfekt zur Siegerehrung des Kreativwettbewerbs über: 17 Nachwuchsspenglerinnen und -spengler nutzten die Chance, sich vor einem breiten Publikum in Szene zu setzen, indem sie ihre Arbeiten zum Thema „Vorsprung durch Kreativität“ ausstellten. Die Fachjury durfte 13 originelle Objekte (neun Einzelarbeiten und vier Arbeiten von Zweierteams) hinsichtlich Kreativität, Ästhetik, Arbeitstechnik und Materialkombination bewerten. Gewonnen hat Amphol Rodjhinda aus Flawil mit seiner Skulptur „Kupferdrache“.

Drachenstarker Nachwuchs

Der aus Kupfer, Zink und Messing gefertigte Drache besitzt einen aus Titanzinkrohren und Bögen zusammengesetzten Grundkörper. Das Vorbereiten und Annieten von Aberhundert schindelförmigen Drachenschuppen verursachte die meiste Arbeit. Jede einzelne wurde mit einer Sicke ausgesteift, gelocht und entsprechend befestigt. Rodjhindas Chef unterstützte den Drachenbau und stellte seinen engagierten Azubi für die Anfertigung drei Tage frei. Den Rest der benötigten Bauzeit (ca. 100 Stunden) erledigte der Preisträger in seiner Freizeit.

Bereits im Alter von zehn Jahren dachte Rodjhinda darüber nach, ob er in die Spengler-Fußstapfen seines Vaters treten solle. „Der Werkunterricht in der Schule sowie die Schnupperlehre im Spenglerbereich haben immer Spaß gemacht“, sagt der Nachwuchsspengler, der seine Ausbildung beim Fachbetrieb Franz Rossi AG in Oberbüren absolviert. „Das Schöne am Spenglerberuf ist“, fügt Rodjhinda an, „Bauteile selbstständig aus glattem Material herzustellen, die man noch nach 30 Jahren auf Dächern und an Fassaden sehen kann.“ Wie recht er hat! Im Namen des gesamten BAUMETALL-Teams beglückwünsche ich den Preisträger und drücke ihm zur Gesellenprüfung im Mai 2019 schon jetzt die Daumen.

Bis zum nächsten Mal

Der Abschied fällt schwer. Einziger Trost ist die Tatsache, dass es die Macher von Bern irgendwie geschafft haben, den Zug Richtung Heimat pünktlich abfahren zu lassen. Ja, organisieren können sie, die Kollegen der Suissetec. Dass sie dabei regelmäßig ein ausgezeichnetes Gespür für Zeitgeist und aktuelle Spenglerthemen beweisen, macht aus dem Schweizer Spenglertag die meiner Meinung nach beste Fachtagung der Branche.

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