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Perfektes Zusammenspiel

© © Dillinger Hütte Bild & Siempelkamp
500 MN-Gesenkschmiedepresse macht Druck mit Grobblechen der Dillinger Hütte
Gleich zwei Rekorde stellte die Krefelder Siempelkamp Maschinen- und Anlagenbau GmbH mit dem Bau einer 50.000-Tonnen-Gesenkschmiedepresse auf: Für die größte bislang in Deutschland gefertigte Presse ihrer Art wurde in der gruppeneigenen Gießerei mit dem Abguss von 320 Tonnen Flüssigeisen zugleich der bisherige Weltrekord gebrochen. Stärke, die auch von den Lieferanten gefragt war. So vertraute Siempelkamp einmal mehr auf Grobbleche der Dillinger Hütte. Für die Druckverteilplatten und den Verschiebetisch der Mega-Presse lieferte der europäische Marktführer im Dickblechbereich erstmals 510 Millimeter dicke Bleche. Trotz dieser extremen Blechdicke sicherte die Dillinger Hütte mechanische Eigenschaften zu, wie sie gemäß EN 10025 für maximal 400 Millimeter dicke Bleche gelten. Gebündelte Kompetenz von zwei Unternehmen auf höchstem Niveau und damit beste Voraussetzungen für eine Presse, die als Herzstück eines neuen Schmiedewerks der Nanshan-Gruppe in China viele Jahrzehnte lang gleichermaßen präzise wie zuverlässig arbeiten soll.
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Als Technologieausrüster von Weltgeltung mit 3.000 Mitarbeitern, davon 1.700 in Krefeld, ist Siempelkamp auf vier Anwendungsbereiche spezialisiert: neben Komplettanlagen für die Holzwerkstoffverarbeitung auch Spezialpressen für die Gummiindustrie, Composite-Anlagen sowie Großpressen zur Metallumformung. Am Krefelder Stammsitz gewährleisten Konstruktion, Engineering, Fertigung, Transport, Montage und Inbetriebnahme aus einer Hand größtmögliche Sicherheit von Herstellungsprozess und Produkt. Dafür stehen auch zahlreiche erfolgreich abgeschlossene Projekte des Spezialisten für Gesenkschmiedepressen im XXL-Format. Mit einer 50.000-Tonnen-Gesenkschmiedepresse für ein Tochterunternehmen der chinesischen Nanshan-Gruppe stellte das Unternehmen jetzt seine international herausragende Kompetenz einmal mehr unter Beweis. Nanshan Aluminium zählt zu den führenden Verarbeitern von Aluminium und Titan-Legierungen für die Herstellung von Strukturteilen, die in der Luft- und Raumfahrtindustrie Einsatz finden. Für ein neues Schmiedewerk in Longkou in der Provinz Shandong beauftragte Nanshan Siempelkamp mit dem Bau einer 500 MN-Großpresse als Komplettanlage. Ausschlaggebend für den Auftrag an die Krefelder Technologieschmiede war insbesondere auch die bewährte Kompetenz für Großkomponentenguss und die anschließende mechanische Bearbeitung der extremen Stückgewichte in der eigenen Fertigung. Auf der größten bislang in Deutschland gebauten Gesenkschmiedepresse produziert Nanshan konturnah geschmiedete Komponenten für den Langstreckenflieger Airbus A380. Dazu zählen neben Turbinenscheiben große Strukturteile, sogenannte inner wing spars, die die Festigkeit der Tragflächen gewährleisten müssen. Um die großformatigen Komponenten aus den extrem schwer umzuformenden Werkstoffen endabmessungsnah herzustellen und somit die strengen Vorgaben des Flugzeugbauers zu erfüllen, ist eine Presse gefragt, die in Presskraft und Format neue Maßstäbe setzt.


Pressen zeigen Größe

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Für Christoph Schmitz, Gruppenleiter Mechanische Konstruktion bei Siempelkamp, liegt die 50.000-Tonnen-Presse voll im Trend: „Die Verarbeiter erwarten Gesenkschmiedepressen mit immer größerer Kraft, Pressfläche und Präzision bei möglichst hohen Taktzahlen.“ Unter seiner Leitung konstruierte Siempelkamp auch die Presse für China. Bereits wenige technische Spezifikationen von Nanshan wie Durchgangshöhe, lichte Weite zwischen den Pressenständern, zulässige Verformung der Bauteile sowie die Abmessungen der 4 x 7 Meter großen Arbeitsfläche markierten die Dimension der Anlage. Der geplante Einsatzzweck, Strukturteile aus Titan, Titan-Aluminium oder Inconel mit 500 Meganewton und einer Umformgeschwindigkeit von 0,05 Millimetern pro Sekunde umzuformen, konkretisierte die damit verbundene Herausforderung. Für Christoph Schmitz fast schon Alltag, wurden doch bereits eine 450-Meganewton- sowie eine 200-Meganewton-Presse von Siempelkamp ausgeliefert. „Das Konstruktionsprinzip – ein vorgespannter Pressenrahmen aus Unterholm, Seitenständern, Oberholm und Zugankern – wird auf die vom Kunden vorgegebenen Belastungen ausgelegt“, so der Diplom-Ingenieur. Diese individuelle Gestaltung macht jede der XXL-Pressen zu einem Unikat, das in enger Abstimmung zwischen den Ingenieuren in Konstruktion, FEM-Berechnung, Gießerei und Fertigung bei Siempelkamp entsteht. Am Ende dieses Prozesses sind neben Struktur und Abmessungen auch die anwendungsspezifisch erforderlichen Kräfte und der damit einhergehende Leistungsbedarf der Presse definiert. Nach Abschluss von Planung und Berechnung übergibt die Konstruktionsabteilung die 3D-Modelle der Pressenstrukturteile an die Modellfertigung der Siempelkamp Gießerei. „Ein solches Modell hat schnell die Dimension eines kleinen Einfamilienhauses“, erklärt Christoph Schmitz. Für die 500-Meganewton-Presse entstanden in der eigenen Gießerei in Krefeld sukzessive insgesamt 26 Großgusskomponenten aus Sphäroguss. Als weltweiter Spezialist in dieser Technologie konnte Siempelkamp die geforderten aufwändigen Geometrien optimal realisieren – so biegesteif wie nötig, gleichzeitig aber an weniger beanspruchten Stellen so dünnwandig wie möglich. Mit jeweils 287 Tonnen Fertiggewicht waren die beiden Unterholme die schwersten Kaliber. Ihr Abguss mit 320 Tonnen Flüssigeisen, verteilt auf fünf Gießpfannen, bedeutete für Siempelkamp einen neuen Weltrekord. Zu den Standards für die Gießerei zählten hingegen die mittelschweren Teile der Nanshan-Presse wie die beiden Fundamentträger mit 80 Tonnen Fertiggewicht. Geradezu als Fliegengewicht galten da die vier Verriegelungsstützen, die gerade einmal acht Tonnen Fertiggewicht auf die Waage brachten. Nach dem Abguss müssen Großgussteile wie für die Nanshan-Presse rund vier Wochen lang in der Sandgrube abkühlen.


Grobbleche machen Druck

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Zur anschließenden großmechanischen Bearbeitung wurden die Teile per Schwertransporter in die nur 400 Meter entfernte Halle auf dem gleichen Betriebsgelände gefahren. Neben den erforderlichen Krankapazitäten, die 480 Tonnen heben können, erwartete sie hier ein umfangreicher Park an CNC-gesteuerten Großmaschinen, darunter auch zwei Portal-Bearbeitungszentren in Gantry-Bauweise. Da Siempelkamp die 500-Meganewton-Presse als Komplettanlage liefert, stammen die gesamte Automation, Hydraulik und Steuerung ebenfalls aus der Krefelder Fertigung. Dadurch ist nicht nur das perfekte Zusammenwirken der Komponenten gewährleistet, sondern auch der reibungslose Aufbau vor Ort in China. Der bewegliche 2.500 Tonnen schwere Laufholm wird über acht Zylinder angetrieben, jeder von ihnen mit einer
Presskraft von 6.250 Tonnen. Um die 50.000 Tonnen möglichst gleichmäßig auf ein Kundenwerkzeug einwirken zu lassen, sind vier Rückzugszylinder erforderlich, die den Laufholm millimetergenau positionieren. Pro Pressgang formt die 500-Meganewton-Nanshan-Presse von den großen Strukturteilen jeweils nur ein Teil. Zur Fertigung kleinerer Teile wie Turbinenscheiben verfügt sie zusätzlich über einen internen und externen Ausstoßer. Per FEM berechnete Druckverteilplatten gewährleisten, dass die vorgegebenen Verformungstoleranzen eingehalten werden. Alle Druckverteilplatten und der Werkstückausstoßer für Strukturteile, der sogenannte Line-Injector, wurden aus Grobblechen in der Stahlgüte S355JR+N von der Dillinger Hütte gefertigt. Sie war für Siempelkamp Partner der Wahl, galt es doch über 500 Millimeter dicke Grobbleche mit anspruchsvollen mechanischen Eigenschaften zu fertigen und in einem sehr engen Zeitrahmen just in time zu liefern. „Durch die langjährige Partnerschaft mit der Dillinger Hütte wissen wir, dass wir die zugesagte Qualität verlässlich geliefert bekommen“, lobt Friedhelm Wittenberg, zuständiger Einkäufer bei Siempelkamp. „Mitbewerber kommen an diese Qualität nicht ran.“ Insgesamt zwölf dieser Grobbleche kamen hier zum Einsatz – mit Rohgewichten von über 39 Tonnen. „Je dicker die Bleche sind, desto besser ist die Druckverteilung“, so Friedhelm Wittenberg. In intensivem Austausch mit der Dillinger Hütte wurden die spezifischen Anforderungen wie Fertigabmessungen, Liefertermine und -reihenfolge, mechanische Werte sowie ein eingeschränktes Kohlenstoffäquivalent festgelegt. Die Produktion von Blechen in dieser Dicke war auch für den weltweiten Qualitäts- und Technologieführer für Grobbleche eine Premiere. Um trotz der Blechdicke von 510 Millimetern analoge mechanische Eigenschaften zu gewährleisten, wie sie die EN 10025 für Blechdicken bis 400 Millimeter vorgibt, wurde sehr dickes, homogenes Vormaterial auftragsbezogen abgegossen und mit enormen Kräften auf Fertigmaß gewalzt. Entsprechend angepasste Stichpläne ermöglichten es, den Blechkern im geforderten extremen Umfang zu verformen. Dadurch konnten auch die von Siempelkamp erwarteten Ebenheitstoleranzen von 13 Millimetern auf der Gesamtfläche zuverlässig eingehalten werden. Ihre stattliche Länge von 4.080 Millimetern reichte bei einigen der für die 500-Meganewton-Presse benötigten Komponenten nicht aus, so dass jeweils drei dieser Bleche für die Druckverteilerplatten unterhalb des Laufholmes sowie für den Verschiebetisch von Siempelkamp im Elektroschlackeschweißverfahren zusammengeschweißt wurden. Nach der abschließenden Bearbeitung hatten sie ein Fertigmaß von 4.000 x 7.000 Millimetern bei 480 Millimetern Dicke. Insgesamt 40.000 Arbeitsstunden dauerte es, bis sämtliche Komponenten der Großpresse mit einem Fertiggewicht von nahezu 8.000 Tonnen berechnet, gefertigt, geprüft und verpackt waren. Transport nach China, Montage und Inbetriebnahme erfolgten ebenfalls durch die Krefelder Spezialisten. Unterm Strich eine wahrhaft große Leistung, die nur durch das perfekte Zusammenspiel der Einheiten im eigenen Unternehmen und Partner wie der Dillinger Hütte möglich wurde.
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