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Vom neuen Meisterprüfungsberufsbild, den RMS-Meisterstücken und echter Klempner-Frauenpower

Blechmasters 2008

Tag drei der praktischen Klempnermeisterprüfung. Bereits im Eingangsbereich der Stuttgarter Robert-Mayer-Schule sind typische Klempnergeräusche hörbar. Wer in diese Klempnerwelt eintaucht, befindet sich schlagartig in einer ureigenen Atmosphäre. Spannung ist überall spürbar. Die Prüflinge sind dermaßen mit sich und ihrer Arbeit beschäftigt, dass sie neugierige Besucher überhaupt nicht beachten. Während Prüfling Kai Hertl mit speziell geformten Lötgeräten versucht, nahezu unerreichbare Stellen im Inneren seiner „Klempnerwelt“ zu verlöten, steht für Johannes Rat die Zeit scheinbar still. Er bereitet gerade den filigransten Gliederbogen Stuttgarts zur Endmontage vor. Mit ihnen falzen, feilen und löten neun weitere Prüflinge an ihren Prüfungsarbeiten, um diese bereits zehn Tage später anlässlich der Ausstellung Blechmasters öffentlich zu präsentieren.

Zeitsprung: Es ist Sonntag, der 20. Januar 2008 und der neue Schulleiter der Robert-Mayer-Schule, Manfred Härterich, eröffnet mit einer kurzen Ansprache die Blechmasters 2008. Mit den Worten: „Die Messlatte hängt wie gewohnt hoch“, wendet er sich an die bereits anwesenden zehn neuen Meisterschüler. Er fügt hinzu: „Die Erfahrung hat gezeigt, das Klempnermeistern von der RMS die Türen offen stehen“. Von der hohen Qualität der Meisterstücke konnten sich die Besucher gleich im Anschluss selbst überzeugen und im Gespräch mit Ausbilder Gert Brenner erfuhr BAUMETALL, in welche Richtung sich die Prüfungsinhalte zukünftig entwickeln werden.

Neue Prüfungsverordnung für Klempnermeister

BAUMETALL: Die Blechmasters 2008 wurden noch nach der alten Verordnung für Klempnermeister geprüft. Was sind die vordergründigen Änderungen der seit dem 1. Oktober 2006 gültigen Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild?

Gert Brenner: Bei der Klempnermeisterprüfung haben Aspekte wie Kundenberatung, technische und kaufmännische Betriebsführung, Auftragsabwicklung oder Logistik zukünftig einen größeren Stellenwert als früher.

BAUMETALL: Unter §2 des Meisterprüfungsberufsbildes stehen 22 Punkte. Dort werden zu ermittelnde Kundenwünsche ebenso genannt wie Dachabdichtungen aus rollennahtgeschweißtem Edelstahl einschließlich Dachbegrünung. Auch Gebrauchs- und Ziergegenstände aus Metall sollen entworfen, angefertigt, installiert und sogar restauriert werden. Schnell kommt der Gedanke auf, dass es nahezu unmöglich ist, alle 22 Punkte zu prüfen. Wie wirkt sich das Meisterprüfungsberufsbild auf die zukünftige Ausbildung aus?

Gert Brenner: Zunächst einmal zeigt das Meisterprüfungsberufsbild die Vielseitigkeit des Klempnerberufes auf. In der Ausbildung werden vor allen Dingen die berufliche Handlungskompetenz sowie das Vermitteln von ganzheitlichen Qualifikationen wie Planen, Entwerfen, Durchführen, Kontrollieren und Bewerten eine höhere Gewichtung bekommen. Speziell für die schulische Ausbildung wurde unter der Federführung des Zentralverbandes und einer Expertenkommission der Schulen ein Rahmenlehrplan für die Vorbereitung auf die Klempnermeisterprüfung erstellt.

BAUMETALL: Was verbirgt sich hinter dem §4, Meisterprüfungsprojekt?

Gert Brenner: Wie Sie in Ihrer Fragestellung richtig bemerken, heißt das Meisterprüfungsstück jetzt Meisterprüfungsprojekt. Hier soll der Prüfling zeigen, dass er einen Kundenauftrag im Klempnerhandwerk unter Einbeziehung der technischen Regelwerke planen, durchführen und abschließen kann. Die Aufgabenstellung muss dem Prüfling genügend Freiraum lassen, um sein meisterliches Können und seine Fähigkeiten zu dokumentieren.

BAUMETALL: Können Sie kurz erläutern, was sich hinter dem zur Prüfung gehörenden Fachgespräch und hinter der Situationsaufgabe verbirgt?

Gert Brenner: Im Fachgespräch soll der Prüfling die fachlichen Zusammenhänge erläutern, die seinem Meisterprüfungsprojekt zugrunde liegen. Das Fachgespräch soll zeitnah, also unmittelbar nach der Wertung des Prüfungsprojektes erfolgen.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Situationsaufgabe ist abhängig von dem ausgeführten Meisterprüfungsprojekt. Sie ist ein realer Kundenauftrag, in dem eine berufliche Anforderungssituation gelöst werden muss.

BAUMETALL: Wird es die Arbeitsprobe in ihrer bekannten Form weiterhin geben?

Gert Brenner: Die Arbeitsprobe wird es in ihrer alten Form nicht mehr geben. Im Zeitrahmen von acht Stunden muss ein kompletter Kundenauftrag bestehend aus Planung, Berechnung und Fertigung durchgeführt werden. Dabei ist laut §6 Absatz 2 des Meisterprüfungsberufbildes entweder eine Dachentwässerung, ein Fassadenaufbau oder ein Restaurierungsbauteil zu bearbeiten.

Der Link zum entsprechenden Bundesgesetzblatt ist auf https://www.baumetall.de/ in der Linkliste der BAUMETALL-Infothek zu finden.

RMS — Meisterstücke 2008

Klempnerwelt

Buchstäblich die Welt umarmen, das wollte Kai Hertl nach bestandener Prüfung. Sein Globus besteht aus walzblankem Kupfer und diversen Messingbauteilen. Die 24 walzblanken Kupfersegmente der Kugel sind durch innenliegende Stehfalze miteinander verbunden. Besonders beim Einbau der letzten Segmente kämpfte Kai Hertl in seiner „holhen Erde“ mit speziell geformten Lötgeräten und Sonderwerkzeugen. Die Kontinente seiner Klempnerwelt bestehen aus braunoxidierten 1 mm starken Kupferplatten. Der Sockel aus sechs Segmenten ist an den innenliegenden Bördelnähten WIG-geschweißt und am oberen Abschluss mit einem genuteten Messingrohr versehen.

Wasserschnecke

Der auf einem Sandsteinsockel montierte schneckenhausförmige Wasserlauf aus Kupfer sowie aus gebürstetem und walzblankem Messing strahlt Ruhe aus. Das nasse Element gelangt in drehenden Bewegungen zum Gehäuse, um über eine Pumpe wieder nach oben befördert zu werden. Beim Einlöten des 1 mm starken Messing-Wasserlaufes dichtete Daniel Beck die Lötnähte der dreiteiligen kastenförmigen Konstruktion außenseitig mit Schwemmkreide ab. Auf diese Weise konnte er vermeiden, dass sich Lötzinn durch die gefalzte Naht zieht und unschöne Zinnrückstände im sichtbaren Bereich des Wasserlaufes hinterließ. Die Seitenverblendung besteht aus gebürstetem Kupfer und ist durch sogenannte Messingschieber miteinander verbunden. Eine Ätzung in Form einer Schnecke ziert den Messing-Abschlussdeckel.

Kupferdart

Ein weiterer „Volltreffer“ ist die kupferne Dartscheibe von Jochen Maas. Die Grundplatte besteht aus 20 Segmenten aus 0,6 mm starkem Kupfer. Verbunden sind die Teile mit einer innenliegenden Falzung. Die Segmente werden am Rand von einem Messingkranz überdeckt. Ein 20-teiliger Rahmen ist an einer hölzernen Unterkonstruktion durch eine Einschubschiene befestigt. Aufgeklebte Edelstahlziffern fungieren als Nummerierung der einzelnen Felder.

Feuerwehr-Schapf

Ein Schapf ist ein Gefäß zur Flüssigkeitsentnahme, etwa im Feuerwehr- oder Brauereibereich. Die historischen Gefäße waren an einem Stab befestigt und stammen aus einer Zeit, in der es noch keine Pumpen gab. Als Leihgabe für die freiwillige Feuerwehr Gschwend fertigte Bernd Wahl seinen Schapf aus 0,8 mm starkem Kupfer. Die innenliegenden Bördel sind durch WIG-Schweißnähte verbunden und ein verzinnter Kupfer-Innenbehälter macht den 10,5 l fassenden Schapf für jedes Feuerwehrfest tauglich. Besonders anspruchsvoll war die Einfassung des Feuerwehrwappens sowie die konisch geformte Aufnahme für den Holzstiel. Die elf Bauteile des Außenkörpers sorgen zudem durch die verdrehte Anordnung für einen gewissen Schwierigkeitsgrad.

Schwanenhals

Klaus-Dieter Ziegler perfektionierte den Prüfungsklassiker „Schwanenhals“ weiter. Die dreiseitigen, außen gefalzten und innen verlöteten Segmente bestechen durch Größe und Passgenauigkeit. Weder Falzeinzug noch Bearbeitungsspuren sind an dem beeindruckenden Dachentwässerungsbauteil zu sehen. Der konische Grundkörper besteht aus elf 0,7 mm starken Kupferteilen. Ein zweiteiliges, eingefalztes Rinnenfutter erlaubt des Eindrehen handelsüblicher 333er Dachrinnen. Den oberen Abschluss bildet ein stumpf aufgeschweißter 16 mm Wulst.

Ägyptischer Brunnen

Den Glanz des alten Ägypten ließ Thomas Besenbeck erstrahlen. In einem mehrteiligen kupfernen Wasserbecken steht eine schirmähnliche Messingbrunnenhaube, über die das kostbare Nass plätschert. Blickfang bilden die ägyptischen Symbole, die mithilfe säurebeständiger Foliennegative auf das Metall geätzt wurden. Besonders die Ätzung der Messingbauteile erforderte einige Versuche, um das korrekte Mischungsverhältnis der Salpetersäure zu bestimmen. Eine Färbung mit Schwefelleber sorgte letztlich für die Eleganz der gefalzten Bauteile. Brunneninnenteil, Außenbekleidung und Haube sind jeweils zwölfteilig und gefalzt beziehungsweise WIG-geschweißt.

Ständerbriefkasten

Jens Zscherneck fertigte einen kupfernen Briefkasten mit gepresstem Wappen für seine Klempnerpost. Das formschöne Meisterstück besitzt ein achtteilig segmentiertes Dach. Die Seitenteile des Postbehälters sind kerbgestrahlt. Der Fuß besteht aus 16, nach innen gefalzten Teilen und steht wiederum auf einem achtteiligen Sockel. Eine Granitplatte sorgt für den nötigen Stand und eine Messingkugel für einen formschönen Abschluss.

Klempneruhr

Die Zeit stand buchstäblich still, als Johannes Rat die insgesamt 18 Segmente der konischen Gliederbögen seiner Klempneruhr anfertigte. Die vermutlich filigransten Kupferbögen, die jemals in Stuttgart gefertigt wurden, sind innenseitig gefalzt und verlötet. Gedrehte Messingscheiben am Übergang zur ovalen und zwölfteilig segmentierten Kupfergrundplatte bieten nötigen Halt. Auch die Segmente der Grundplatte sind nach innen gefalzt und punktweise verlötet. Die Zeitanzeige erfolgt über einen offenen Zahlenkranz und somit ohne sonst übliche Zeiger.

Heptagonisch-Gedrehtes-Feuer

Das passende Licht zum besonderen Anlass liefert der heptagonisch gedrehte Körper von Marcel Terhoeven. Das skulpturengleiche siebeneckige Meisterstück gleicht einem olympischen Feuer. Der auf einem Naturschiefersockel stehende Kupferfuß geht in einen Edelstahl-Mittelkörper über. Analog zum Skulpturenfuß und Mittelkörper ist auch der Hauptkörper aus sieben Segmenten mit innenliegenden Falzverbindungen gefertigt. Der wiederum kupferne Hauptkörper ist jedoch um ein Segment gedreht und oberseitig mit einem genuteten Kupferkranz abgeschlossen.

Am oberen Abschluss des Hauptkörpers befindet sich ein siebenteiliger Boden, in dessen Zentrum ein pyramidenförmiges Edelstahlgefäß eingesetzt ist, in dem eine quadratische Schale zur Aufnahme von Brennpasten steckt.

Eine Klempnerfrau steht ihren Mann

Hinter der Eröffnung der jährlich stattfindenden Ausstellung „Blechmasters“ steht weit mehr als die Präsentation aktueller Meisterstücke der Stuttgarter Robert-Mayer-Schule. Längst ist aus dieser Veranstaltung eine feste Institution für die Klempnerbranche geworden. Neben frisch gebackenen und ehemaligen Meisterschülern treffen sich Klempnerfreunde, zukünftige Meisterschüler, Szenekenner und Herzblutklempner zum lebhaften Gedankenaustausch. Unter den Gästen war auch die Klempnermeisterin Anke-Maria Brinkmann aus dem nordrhein-westfälischen Goch. Als „Frau in Klempnerkluft“ machte sie bei den Blechmasters 2006/2007 eine ebenso gute Figur wie bei den Reparaturarbeiten am Dom von Pallotta in Rumänien.

Was die begeisterte Klempnerin während ihres ersten Meisterjahres erlebte und wie sie die Liebe zum Klempnerberuf entdeckte, schilderte sie im BAUMETALL-Gespräch.

Anke Brinkmann: Schon letztes Jahr waren die Blechmasters ein besonderes Erlebnis. Die Emotionen nach den anstrengenden Wochen der Prüfungsvorbereitung liegen gerade hinter dir und dann stehst du da und hast gezeigt, dass du’s geschafft hast. Das war schon was!

BAUMETALL: Und wie war das heute aus der Perspektive des Besuchers?

Anke Brinkmann: Das hatte was von „Nach-Hause-kommen“. Die Lehrer, Prüfer und Klassenkameraden wieder zu treffen, sich auszutauschen, die Wiedersehensfreude – in einem Vollzeitschuljahr wächst man eben zusammen.

BAUMETALL: Was haben Sie in Ihrem ersten Klempnerjahr alles erlebt?

Anke Brinkmann: Bereits neun Tage nach der Prüfung war ich auf dem Weg nach Australien, um dort sechs Monate als Klempnerin bei Copper & Zinc Link Pty Ltd zu arbeiten. Spontan hatte ich mich auf eine Faxanfrage, die der Robert-Mayer-Schule vorlag, beworben. Kurz darauf stand ich in Sydney auf dem Metalldach.

BAUMETALL: Wie erlebten Sie das australische Klempnerleben im Vergleich mit der deutschen Baubranche?

Anke Brinkmann: Die Australier sind irgendwie entschleunigt. Die lockere Lebensweise, das stressfreie Arbeiten, der fehlende Zeitdruck - das hat mich zuerst irritiert und im nächsten Moment beeindruckt. Selbst wenn ein komplizierter Eckanschluss erst nach einer Stunde fertig war und ich schon ein schlechtes Gewissen hatte, war mein Chef gut drauf und zufrieden, dass alles passte und gut aussah.

BAUMETALL: Gibt es einen Unterschied, als Frau auf australischen oder deutschen Dächern unterwegs zu sein?

Anke Brinkmann: Oh ja, den gibt es! Hier wird geglotzt und beobachtet. Eine Frau am Bau ist noch immer etwas Außergewöhnliches. In Australien hatte das nicht interessiert, obwohl nicht mehr Frauen als hierzulande auf Baustellen arbeiten. Auch die Kollegen von Copper & Zinc Link respektierten mich sofort.

BAUMETALL: Dann muss die anschließende Umstellung auf deutsche Verhältnisse ja relativ schwierig gewesen sein.

Anke Brinkmann: Eigentlich nicht. Durch den Meistertitel wird einem irgendwie mehr Respekt entgegengebracht. Vorher gab es schon öfter mal Sätze wie: „Lass mal, ich mach das schon.“ Heute fragt man mich nach meiner Meinung – das ist schön!

BAUMETALL: Wo nahm die Geschichte Klempnermeisterin Anke-Maria Brinkmann ihren Anfang?

Anke Brinkmann: Ich hatte vor etwa zehn Jahren als Dachdeckerin angefangen und die Gesellenprüfung im Dachdeckerhandwerk als Innungsbeste abgelegt. In unserem Betrieb in Goch gab es einen Klempnermeister, mit dem ich ständig zusammen arbeitete. Es beeindruckte mich, was man mit Metall alles machen konnte. Da wuchs in mir der Wunsch: „Das willst du auch können!“ Irgendwann war der Zeitpunkt da. Im Internet erfuhr ich von der Robert-Mayer-Schule. Meine Neugierde auf die Klempnermeisterausbildung war entfesselt. Durch die schriftliche Bestätigung meines Arbeitgebers war der Weg zur Klempnermeisterin schließlich frei.

BAUMETALL: Was für eine Bestätigung?

Anke Brinkmann: Das war der schriftliche Nachweis, dass ich hauptsächlich in der Klempnerabteilung meines ehemaligen Dachdeckerbetriebes tätig war.

BAUMETALL: Drei Dinge, die Sie am Klempnern lieben?

Anke Brinkmann: Kupfertreiben, frische Luft und kunstgewerbliches Basteln.

BAUMETALL: Eine Sache, die Sie doof finden?

Anke Brinkmann: Den Bünderfalz aus Edelstahl.

BAUMETALL: Wo sehen Sie sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren?

Anke Brinkmann: Ideen habe ich viele und neugierig bin ich von Natur aus. Vielleicht als technischer Berater im Außendienst – wer weiß das heute schon?

Kann ich noch etwas loswerden?

BAUMETALL: Klar, gerne.

Anke Brinkmann: Ich möchte mich auf diesem Wege bei Gert Brenner, meinem Ausbilder in der Robert-Mayer-Schule und bei Thomas Bachmann in Stuttgart für die Unterstützung während der Prüfungsvorbereitungen bedanken.