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Bleischwer für leichten Musikgenuss

Auditorium Parco della Musica in Rom

Gerade internationale Vorzeigeprojekte müssen besonders hohen Ansprüchen gerecht werden. Renommierte Bauplaner und Architekten suchen meist nach Baustoffen, die Qualität und Ästhetik miteinander vereinen. Stararchitekt Renzo Piano wählte traditionelle Werkstoffe wie Walzblei für die Außengestaltung des Auditoriums Parco della Musica in Rom aus.

Unterschiedliche Konzerte von Klassik bis Rock, Veranstaltungen drinnen oder draußen und Besucherzahlen von 700 bis zu 3000: Für das Auditorium ist Flexibilität das Maß aller Dinge. Parkanlagen und Gastronomiebetriebe runden das Nutzungskonzept ab und machen das Auditorium zu einer Kultur- und Freizeitanlage für die kommenden Jahrzehnte. Daher war es nur konsequent, dass Renzo Piano auch bei Auswahl und Einsatz der Baustoffe auf maximale Langlebigkeit und Flexibilität setzte. Mit einem Materialmix aus Terrakottaziegeln, Travertin, Beton, Holz und Blei komponierte er ein Meisterwerk, das sich weit über die Grenzen Italiens hinaus einen Namen gemacht hat.

Der Gebäudekomplex ist ein Publikumsmagnet. Schon von weitem bannt das Auditorium Parco della Musica die Blicke von Touristen und Einheimischen. Drei unterschiedlich große Konzertsäle sind am nordwestlichen Stadtrand von Rom im Halbkreis um ein Amphitheater angeordnet. Die matt glänzenden Dächer fügen sich trotz deutlichen Akzents harmonisch in die Umgebung ein. Der Werkstoff Blei ist dabei genauso universell und flexibel eingesetzt wie das Auditorium selbst.

Für die Zukunft gebaut

Das Bauprojekt Parco della Musica hat eine lange Vorgeschichte. Seit den dreißiger Jahren war die renommierte italienische Musikakademie „Santa Cecilia“ und ihr Sinfonieorchester in wechselnden provisorischen Spielstätten untergebracht. Zuletzt fand die Akademie und ihre Musiker in einem Saal des Vatikans aus den fünfziger Jahren ihre Heimat. Erst Anfang der neunziger Jahre stellte die Stadt einen Etat für ein neues und zukunftsweisendes Konzertzentrum bereit. Renzo Piano ging als Sieger der Ausschreibung hervor und startete 1995 mit den über sieben Jahre andauernden Bauarbeiten. Bei den ersten Erdarbeiten traten die Gemäuer eines römischen Anwesens aus dem vierten Jahrhundert v. Chr. zutage. Um den wertvollen Fund – wie von den Archäologen gefordert – zu erhalten, war Renzo Piano zu weit reichenden Umplanungen gezwungen. Im Ergebnis entstand ein neues Konzept, das die Ausgrabungen behutsam in den Neubau-Komplex integrierte.

Wer heute den Parco della Musica besucht, kann zwischen den Konzertsälen die historischen Gemäuer samt Museum besichtigen. Der Einsatz von bewährten und zeitlosen Baustoffen gewährleistet eine homogene Gesamtkomposition. Für die Dächer und Fassaden wurden bewusst Walzblei und Ziegelstein als zentrale Bau- und Gestaltungselemente ausgewählt. Damit wird ein traditionelles und prägendes Merkmal der „Ewigen Stadt“ aufgegriffen: Mit Blei eingedeckte Kuppeln zieren zahlreiche römische Gebäude. Die eingesetzten Baustoffe betten den Parco della Musica harmonisch in das Stadtbild ein. Auf diese Weise demonstriert Renzo Piano eindrucksvoll, wie eine zukunftsweisende Synthese von traditioneller Bausubstanz und moderner Architektur aussieht.

Planung bis ins Detail

Die Projektumsetzung stellte an alle ausführenden Betriebe hohe Herausforderungen. Von entscheidender Bedeutung war eine systematische und vorausschauende Koordination aller Ressourcen. Die termingetreue Bereitstellung von Personal und Material über einen Bauzeitraum von gut sieben Jahren stellte eine wahre Herkulesaufgabe dar. Während der Bauphase galt es, 500 000 m³ Baustoff heranzuschaffen, darunter 6020 t Stahl, 1600 m³ Holz, 2,5 Mill. Ziegel und 600 t Walzblei. Insgesamt waren rund 1000 Handwerker auf der Großbaustelle im Einsatz.

Allein die Eindeckung der riesigen Dach- und Fassadenfläche mit Walzblei war eine logistische und handwerkliche Meisterleistung. Die Verlegung auf einer Gesamtfläche von rund 15 000 m² nahm insgesamt etwa 18 Monate in Anspruch. „Eine besondere Herausforderung war es, in jedem Bauabschnitt die Bleischare in der jeweils passenden Länge und Breite zur Verfügung zu haben“, betont Andreas Hausherr, bautechnischer Berater des Walzbleilieferanten Umicore in Italien. Die Platten wurden vom Produzenten in über 700 verschiedenen Abmessungen vom Werk zugeschnitten und angeliefert. Aufgrund der gewölbten Dachform musste das 2 mmstarke Material zudem noch von Hand konisch zugeschnitten werden.

Aufgrund einer engen Terminfolge war eine hohe Effizienz im Arbeitsablauf unabdingbar. Deshalb kam eine speziell modifizierte Profiliermaschine für Falzarbeiten zum Einsatz. So konnte an den bis zu 2 m langen Scharen maschinell ein 35 mm hoher Falz ausgeformt werden. Um das Walzblei in der Verarbeitung nicht zu sehr zu strapazieren, wurde die Maschine auf die Materialdicke von 2 mm justiert. So konnte die Gefahr von Rissbildungen von vornherein ausgeschlossen werden.

Präzisionsarbeit an Dach und Fassade

Die Arbeiten an der Bleihülle mussten schnell und präzise zugleich ausgeführt werden. Nur so ließ sich trotz eines hohen Termindrucks eine hohe Verarbeitungsqualität sicherstellen. An Dach und Fassade kamen maßgeschneiderte Verbindungstechniken zum Einsatz.

Im Dachbereich wurde eine eigens entwickelte Leistendeckung als Verbindungstechnik eingesetzt. Ziel war, das Walzblei zügig und witterungsresistent auf die Holzschalung mit aufliegender Trennbahn zu montieren. Hierzu wurden die Bleischare an der Längsseite mittels einer CNS-Leiste mit Tannenbaum-Blockierung miteinander verbunden. „Diese erlaubt bei großflächigen Anwendungen eine deutlich schnellere Verarbeitung und Montage der einzelnen Schare“, weiß Walzblei-Experte Andreas Hausherr. Um ein Höchstmaß an Präzision zu gewährleisten, wurden die transversalen Nähte mittels einer 5 m langen Holzplanke ausgerichtet.

Auch an der Fassade waren besondere Herausforderungen zu bewältigen, die den Einsatz einer speziellen Verbindungstechnik erforderlich machten. Die Bleischare wurden durch einen doppelten Stehfalz miteinander verbunden. Jeweils zu zweit wurden die Eindeckungsprofile in Position gebracht und mittels Kupferhaften auf der Holzkonstruktion befestigt. Wegen der in der Vertikalen auftretenden enormen Zugkräfte wurden die Schare an den horizontalen Quernähten zusätzlich mit aufgeschraubten Schiebern fixiert. Zum Abschluss der Fassadenarbeiten wurde die Bleihülle mit einer speziellen Sulfatlösung behandelt, um die Patinierung zu beschleunigen. So wurde verhindert, dass sich Dach und Fassade schon nach kurzer Zeit optisch stark voneinander unterscheiden. „Witterungsbedingt bildet sich an vertikalen Bleiflächen die Patina sehr viel langsamer“, so Andreas Hausherr. Mit der Forcierung der Patinabildung an den steilen Fassadenflächen konnte ein homogenes Gesamtbild erzielt werden.

Akustik vom Feinsten

Die Außenhülle des Auditoriums schützt nicht nur nach außen, sondern schirmt zudem das Innere vor Lärm und Strahlung ab. Das ist die Voraussetzung für Konzertveranstaltungen von höchster Klangqualität. Die Bleihülle garantiert eine „Oase der Stille“, da sie zuverlässig vor dem römischen Straßenlärm bewahrt und gleichzeitig keine Handy-Signale nach innen treten lässt. So können Musikliebhaber aus aller Welt in den drei Konzertsälen ungestört faszinierende Klangwelten erleben.

Der Parco della Musica ist ein Erlebnis für alle Sinne und setzt ein deutliches Zeichen für zeitgemäße Stadtarchitektur. Renzo Piano vereint traditionelle Baumaterialien im Rahmen eines modernen Gesamtkonzeptes. Das Auditorium zeigt damit auf eindrucksvolle Weise, dass sich höchste ästhetische und funktionale Ansprüche durchaus kombinieren lassen. Nicht nur für Musikliebhaber ist der Parco della Musica daher ein Mekka. Es ist nicht verwunderlich, dass auch viele Architekten, Bauplaner und Handwerker das Auditorium auf ihrer Reiseroute haben.

Rundum schön, funktional und langlebig

Nur selten kommen traditionelle Werkstoffe in der modernen Architektur so formvollendet und funktional zum Einsatz. Das Auditorium setzt Maßstäbe in:

Formgebung: Die drei Konzerthallen orientieren sich in ihrer Gestaltung an Klangkörpern von Musikinstrumenten. Die Bleidächer sind voluminös und dünnwandig zugleich und ziehen sich wie eine Haut über den Gebäudekörper. Die Fassaden schließen sich harmonisch an die Dachkonstruktion an und enden zwischen rund 3 und 5 m über dem Gebäudesockel. Durch die überhängende Konstruktion gewinnen die Gebäude eine zusätzliche Leichtigkeit.Materialwahl: Eine besondere Kombination der Werkstoffe Terrakotta, Beton und Blei verleiht dem gesamten Gebäudekomplex ein sehr avantgardistisches Erscheinungsbild. Das Auditorium präsentiert sich farblich dezent in einem matten Grau und Rot. Hierdurch fügen sich die Konzerthallen gut in die historische Umgebung ein. Zudem gewährleisten die eingesetzten Werkstoffe eine hohe Korrosionsbeständigkeit und sehr lange Haltbarkeit. Klangoptimierung: Das eingesetzte Blei schützt das Gebäude nicht nur vor Witterungseinflüssen, sondern auch vor Lärm. Das 2 mm starke Material schluckt nicht nur den alltäglichen Schall des Straßenverkehrs: Sogar das laute Wummern eines vorüberfliegenden Hubschraubers mit bis zu 110 Dezibel ist nicht zu hören. In den Konzertsälen selbst sorgt eine hochwertige Vertäfelung aus amerikanischem Kirschbaumholz für optimale Klangverhältnisse.

Bautafel

Bauherr: Stadt Rom, Ufficio Speziale Audi­torium

Architektur: Renzo Piano Building Workshop, Genua, Italien

Bauleitung: Drees & Sommer, Italia Engineering S.r.l., Rom, Italien

Fachbetrieb: VEN.TA.CO S.P.A., Mailand, Italien

Material: Eindeckung mit Walzblei; Bekleidung von Dachfläche, Fassadenteilen und Untersicht der drei Hallen