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Schwarzdornreisig, Lärchenholz und jede Menge Flüssigkunststoff

Bad Dürkheimer Gradierbau

Nur bei sehr genauem Hinsehen wird deutlich, dass zur Errichtung des größten europäischen Holzbaus des Jahres 2010 auch der Einsatz moderner Klempnertechnik erforderlich war. Unzählige Sockelanschlüsse und Abdichtungen wurden unterhalb der wuchtigen Holzkonstruktionen mithilfe von Flüssigkunststoffen hergestellt – eine Technik, die durchaus dem Berufsbild des Klempners zugeordnet werden kann. Mehr noch: Die erfolgreiche Umsetzung durch einen Fachbetrieb verdeutlicht, wie vielseitig diese Abdichtungstechnik eingesetzt werden kann und welche wirtschaftlichen Chancen Bauchemie dabei eröffnet. Am Bad Dürkheimer Gradierbau verarbeiteten die Mitarbeiter des Fachbetriebes Walther 1,3 t der einkomponentigen und extrem witterungsbeständigen Polyurethanbeschichtung Enkopur. Das Abdichtungssystem basiert auf speziellen PUR-Prepolymeren, welche in Verbindung mit der Enke-Polyflexvlieseinlage eine nahtlose, temperaturmindernde Abdichtung garantieren. Der Einbau des Systems erfolgt ohne offenes Feuer und ist somit für die Verarbeitung an beziehungsweise unter Holzkonstruktionen bestens geeignet. Zudem ist Enkopur absolut resistent gegenüber den enormen Belastungen, welche sich aus der ununterbrochenen Berieselung der Abdichtungsflächen mit salzhaltiger Sole ergeben.

Fachgerechte Verarbeitung

Zunächst wurden die abzudichtenden Flächen von Schmutz und losem Staub gereinigt. Da die Abdichtung zunächst nicht eingeplant war, musste diese beim ersten Bauabschnitt unter der bereits angebrachten Holzkonstruktion angebracht werden. Zur Entfernung aller Verunreinigungen, auch unter den Holzbalken, wurden leistungsstarke Gebläse eingesetzt. Außerdem füllten die Abdichtungsspe­zialisten die Dehnfugen mit Styropor aus. Nachdem entsprechende Flächen vorbereitet und getrocknet waren, brachten die Fachleute aus Bad Dürkheim den System-Voranstrich mit der Bezeichnung 933 auf. Der schnell trocknende Voranstrich wurde mit handelsüblichen Malerwalzen aufgetragen – die Weiterverarbeitung konnte bereits kurze Zeit später beginnen. Auf größeren Teilflächen hat sich die Nass-in-nass-Methode bewährt. Dabei wurde die Flüssigabdichtung mit der Bezeichnung Enkopur zunächst gleichmäßig aufgetragen, die Polyflexvlieseinlage in die nasse Schicht eingebettet und eine weitere Enkopurschicht deckend aufgebracht. Das Vlies stand dazu in Breiten von 30, 50 und 100 cm zur Verfügung, wodurch Anpassarbeiten, etwa an den Aufkantungen der Solebecken, verschnittfrei ausgeführt werden konnten. Glücklicherweise konnte die Abdichtung bei den nachfolgenden Bauabschnitten bereits vor der Errichtung der Holzkonstruktion und direkt auf den zu beschichtenden Flächen erfolgen. Für die Fachleute entfiel auf diese Weise das mühsame Umherkrabbeln unter den zahlreichen Holzpfosten – die auf den Großflächen erreichte Arbeitsgeschwindigkeit war beachtlich.

Rückblick

Nach 1997 wurde die Bad Dürkheimer Saline 2007 zum zweiten Mal durch Brandstiftung zerstört. Der aufwendige Wiederaufbau der monumentalen Anlage forderte die Stadt Bad Dürkheim als Anlagenträgerin sowie die beteiligten Handwerker und Planer. In der 330 m langen und bis zu 18 m hohen Bad Dürkheimer Anlage befinden sich rund 250000 aufgeschichtete Schwarzdorn-Reisigbündel, über welche aus einer Heilquelle stammendes Salzwasser rieselt. An heißen Tagen verdunsten dabei bis zu 25 m³ der Sole. Die Umgebungsluft ist mit salzhaltigen Tröpfchen angereichert und soll einen positiven Einfluss auf Lungen und Bronchien der Kurgäste ausüben. Zusätzlich wird sie durch die Verdunstung gekühlt. Das erforderliche Schwarzdornreisig wurde aus Polen importiert. Schwarzdornreisig kann erst nach Jahren geerntet werden. Es wird handverlesen, -gesammelt und -gebündelt. Nur möglichst dünne und kleine Schwarzdornzweige sind geeignet. Erstaunlich: Ungefähr 70 Mann sind zur Ernte des Reisigs beschäftigt – insgesamt werden über 150 Lastzüge auf den Weg nach Bad Dürkheim geschickt. Außerdem wurden zum Wiederaufbau über 400m³ Lärchen- und 850m³ Fichtenholz benötigt. Die auf der Saline aufgesetzten Dachstuhlabschnitte entsprechen dem Bedarf von etwa 50 Einfamilienhäusern.

Innovative Technik und Details

Auch wenn der neue Gradierbau die gleichen Ausmaße wie sein Vorgänger hat, so sind es doch viele ausgetüftelte Details, die ihn von den Vorgängerbauten unterscheiden. Der über 300 m lange Bau wurde zunächst mit Dachziegeln und anschließend mit einer darüberliegenden, 3440 reflexionsarme Solarmodule umfassenden Photovoltaikanlage ausgestattet. Die nahezu 4000 m2 umfassende Anlage leistet 310 kW Peak und deckt den Jahresstrombedarf von ca. 70 Einfamilienhäusern. Gespeist wird der Gradierbau mit Sole aus der im Kurpark gelegenen neuen Maxquelle, die zu den arsenreichsten Quellen Europas zählt. Während die arsenhaltige Sole noch in der Mitte des letzten Jahrhunderts bei Trinkkuren verabreicht wurde, ist der Betrieb des Gradierwerks seit 1997 nur noch mit zu 99,99 % entarsenierter Sole zulässig.

Fazit

Der neue Gradierbau ist ein optisches Highlight. Am nördlichen Ende des Fachwerkbaus entstand eine Sonnenterrasse mit einer 7,50 m hohen Aussichtsplattform. Zwei breite Portale lassen Durchblicke auf die gegenüberliegende Seite zu und durchbrechen damit die Riegelwirkung des langen Bauwerks. Die sicheren Anschlüsse der Holzkonstruktion sind Dank dem Einsatz qualitativ hochwertiger Flüssigkunststoffe dauerhaft garantiert. Dass Flüssigkunststoffe nicht nur für komplexe Anschlüsse sondern auch für den großflächigen Einsatz bestens geeignet sind, beweist der Fachbetrieb Wather aus Dad Dürkheim eindrucksvoll.

Hintergrund

Was ist eine Saline?

Eine Saline ist eine Anlage zur Salzgewinnung. Meist wird das Salz durch ­Verdampfung einer künstlich hergestellten oder aus einer natürlichen Quelle ­stammenden Sole gewonnen. In angelegten oder natürlichen Salzgärten, sogenannten Meerwassersalinen, wird das Salz durch Verdunstung vom Meerwasser freigegeben.

Bautafel

Bauherr: Stadt Bad Dürkheim

Architektur: Norbert Brill, Bad Sooden-Allendorf

Fachbetrieb: Walther, Bad Dürkheim

Material: Enkopur Flüssigabdichtung

Hersteller: Enke-Werk, Düsseldorf

Lieferant: Barth Metall, Renningen

Fotos: Thomas Hoffmann, Barth Metall

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