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Zinngießen für den guten Zweck

Nach einem bewegten Berufsleben verlegte Herwi Rechmann seinen Arbeitsplatz vom großen auf das „kleine Dach“, genauer gesagt in den Hobbyraum. In seiner Werkstatt im Keller, die mit einem Gießofen ausgestattet ist, fertigt er mit zunehmender Begeisterung Kupferbilder historischer Burgen und Schlösser oder Wappen und Modelle historischer Gebäude an. Wer seine Arbeiten sieht, erkennt, wie sehr Rechmann seine Heimat und seinen Beruf liebt. Detailgetreu entstehen unter seinen erfahrenen Händen miniaturisierte Wahrzeichen aus seinem Lebensumfeld – der Stadt Linz am Rhein. Als Vorlagen dienen Fotos, originale Baupläne oder historische Postkarten.

Fundraising nach Klempnerart

Besonders ins Klempnerherz geschlossen, hat Rechmann die Linzer St.-Martins-Kirche. Turm sowie Mittelschiff der Pfarrkirche wurden zwischen 1206 und 1214 im rheinischen Übergangsstil, einem ortsüblichen Baustil am Übergang der Romanik zur Gotik, errichtet. Seitenschiffe, Spitzbögen und Emporen wurden nach einem entsprechenden Planwechsel im Stil der Frühgotik gebaut. Für Rechmann stand das Bauwerk gleich mehrmals Modell. Er verewigte den Kirchenbau beispielsweise auf Kupferstichen oder als ziselierte Darstellung. Eine der beeindruckendsten Arbeiten ist jedoch ein detailgetreues Metallmodell der Kirche. Gebaut hat es Rechmann als Einzelstück aus Kupfer, Zinn und Messing im Maßstab 1 : 100. Sozusagen in Serie und für einen guten Zweck fertigt der emsige Pensionär kleine Zinnmodelle des Gotteshauses an. Indem er die kleinen Zinnmodelle der Kirche ehrenamtlich gießt, unterstützt Rechmann einen Förderverein.

Der Verkaufserlös kommt dem Förderverein zugute. Beachtlich: Durch den Verkauf der Zinnmodelle konnten bereits über 25 000 Euro gesammelt werden. Die Summe wurde für die Restauration der Wandmalereien in der Kirche verwendet. Einzig der Pfarrgemeinde hat Rechmann die Erlaubnis erteilt, die Miniaturen zu verkaufen. Er selber verkauft keins seiner Stücke, aber ab und zu verschenkt er einzelne Objekte an Freunde und Verwandte.

Die meisten anderen Miniaturen sind im Maßstab 1 : 500 oder 1 : 250 gearbeitet. Für die Modelle verwendet der erfahrene Metallprofi weiches und gut formbares Zinkblech, auf dem die feinen Ziselierungen gut anzubringen sind. Das fertige Modell wird anschließend so lange in eine Form aus flüssigem Silikon-Kautschuk gelegt, bis diese aushärtet. In die ausgehärtete Form wird anschließend im selbst konstruierten Ofen in der Kellerwerkstatt geschmolzenes Zinn gegossen. „Zinn verflüssigt sich bei 232 °C, da muss man höllisch aufpassen“, weiß der Klempner, denn selbst kleinste Spritzer, die danebengehen, können zu Brandwunden führen.

Die Arbeit bis zur Fertigstellung einer Miniatur kann bis zu einer Woche in Anspruch nehmen. Dafür verwendete Materialien – Zinn, Kupfer, Zink oder selten auch Messing – holte Rechmann früher von Schrotthändlern. Inzwischen sind die Metallpreise allerdings deutlich gestiegen. Daher freut er sich über jedes Stück, das ihm von Freunden oder Bekannten gebracht wird.

Klein ist fein

Die Verbundenheit mit seiner Heimat am Rhein zeigt Rechmann auch in seinem Treppenhaus. Dessen Wände schmücken rund 60 Kupferbilder mit Darstellungen alter Münzen oder Burgen am Mittelrhein. Wieder andere Arbeiten entdeckt der aufmerksame Betrachter in diversen Glasvitrinen. So winzig, dass selbst ein geschultes Auge sie fast übersehen kann, sind Rechmanns aus Ronden aufgezogene Eimer und Teekessel. Was der Profi mit handwerklichem Geschick aus kleinen Metallstücken zaubert, ist fast nicht zu glauben. Seine kleinstformatigen Nachbildungen von Gebrauchsgegenständen entstehen etwa aus 10-DM-Silbermünzen, die anlässlich der 50-Jahr-Feier des Grundgesetzes geprägt wurden. Rechmann verwandelte diese mit beeindruckender Präzision in einen Eimer und einen Teekessel. Hier wandte er die Technik des Aufziehens (siehe Infokasten) an. Mit derselben Technik entstanden weitere winzige Eimer und Teekessel aus Pfennigstücken, Kupferplatinen oder runden Kupferblechen.

Muße, Zeit und viel Geduld

Die im Hause Rechmann mit viel Geduld entstehenden Arbeiten belegen eindrucksvoll: Klempner sind Künstler. Was bereits in jungen Jahren mit dem Gesellenstück beginnt und mit der Fertigung kunstvoller Meisterstücke perfektioniert wird, kann selbst nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben weiterentwickelt werden. Herwi Rechmann beweist dies eindrucksvoll und verblüfft Laien und Kollegen mit immer neuen Arbeiten. Gerne möchte er sein Wissen weitergeben. Dazu fordert er interessierte Klempner auf, kurzerhand zum Telefon zu greifen und mit ihm in Kontakt zu treten. Telefonisch erreichbar ist Herwi Rechmann am besten zwischen 18 und 19 Uhr unter (0 26 44) 80 89 31 und falls auch Sie in Ihrer Freizeit ausgefallene Klempnerarbeiten aus-führen, dann melden Sie sich einfach direkt in der BAUMETALL-Redaktion.

Andreas Buck

Klemmstraße 17

75180 Pforzheim

redaktion@baumetall.de

Aufziehen

Beim Aufziehen werden Metallplatinen auf einer flachen Unterfläche ringförmig mit einem Kugelhammer getrieben, sodass eine Wölbung entsteht. Diese Technik wird beispielsweise zur Formung einer Schale angewandt. Außerdem können durch Aufziehen auch unterschiedlich starke Wölbungen oder Übergänge geformt werden.

Wird das Aufziehen in umgedrehter Form eingesetzt, ist die Auflage entsprechend gewölbt (abgerundeter Amboss oder gebogene Halbkugel aus Stahl oder Hartholz) und der Hammer flach.

Generell gilt: Die Vorgehensweise beim Aufziehen erfolgt durch gleichmäßige, ringförmig geführte und hochpräzise Hammerschläge. Je gleichmäßiger diese sind, desto exakter wird die Wölbung. Beim Aufziehen entstehende Klopfspuren können bewusst sichtbar ausgeführt werden oder aber geschlichtet beziehungsweise geglättet werden.

Die Fotos des Teekessels im Online-Extra stammen von Klempnermeister Günther Prehn. Hergestellt wurde dieser aus einem Ein-Pfennig-Stück. Das Original ist im Europäischen Klempner- und Kupferschmiedemuseum in Karlstadt zu bewundern.

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