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Heißes Eisen im kühlen Norden

Unendliche Weite, Nadelwälder, grüne Wiesen, Sümpfe und Seen, Rentierherden und ab und zu auch mal Bären und Wölfe. Hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht. Und hier hat sich ein deutscher Installateur- und Klempnermeister eine neue Existenz mit einer Schmiedewerkstatt aufgebaut: in Lappland, fernab vom städtischen Trubel. Der nächste Ort ist 27 km entfernt und die Lightshow zur Unterhaltung besteht hier aus Mitternachtssonne und Nordlicht. Genauso heißt auch die Werkstatt, wo Michael Maul Schmiedearbeiten für den Verkauf anfertigt und Kurse anbietet. Die Schmiede- und Kunstwerkstatt „northern lights metal design“ hat er 2016 in einem ehemaligen Ziegenstall eröffnet. Hier gestaltet er in Handarbeit individuelle Objekte auf Kundenwunsch. Serienfabrikation hat hier keinen Platz, jedes Stück ist ein Unikat.

Das Schmiedehandwerk basiert auf Techniken, die sich über Jahrtausende bewährt haben. Ein Beispiel ist das Feuerschweißen, mit dem u. a. Klingen aus Damaszenerstahl hergestellt werden. So entsteht eine schier unbegrenzte Bandbreite an Zier- und Gebrauchsgegenständen: Besteck, Skulpturen, Tore, Wetterfahnen, Regale, Beschläge, Ornamente, Möbelteile, Fenstergitter, Rankgitter für Pflanzen, Hausnummern, Grabschmuck, Kerzenhalter, Äxte und sogar Schwerter.

Kreativ sein ist erlaubt

Dabei verwendet Michael Maul unterschiedliche Metalle: Edelstahl, Stahl, Kupfer, Zink, Messing, Aluminium und für Schmuckstücke auch Silber. Genau dieses breite Spektrum begeistert Michael Maul: „Man kann Tausende Dinge aus Metall fertigen, von Sachen für den täglichen Bedarf bis zum Kunstobjekt. Bei alldem muss man etwas Erfahrung mitbringen und kann sich als Gestalter ausleben. Kreativ sein ist also erlaubt.“ Einzigartig sind sicher die Eheringe aus Stahl – ein so geschmiedetes Ehebündnis kann wohl schwerlich wieder auseinander‑brechen!

Ein eindeutiges Lieblingsmaterial hat er nicht, aber normaler Baustahl mit geschmiedeter Oberfläche, schlichter Gestaltung und etwas Oberflächenbehandlung am Ende fasziniert ihn immer wieder aufs Neue. Und natürlich ist eine gelungene Klinge aus Damaszenerstahl nicht nur sehr funktionell, sondern auch ästhetisch!

Die meisten Objekte entstehen nach Kundenbestellung und exakten Absprachen. Schließlich möchte er genau das erschaffen, was der Kunde sich vorstellt. Ein paar einfache Gegenstände, wie die Silberanhänger und Messerklingen, verkauft er in seiner Werkstatt und im Silbermuseum im nahe gelegenen Arjeplog. Die Arbeitszeit, die er in die einzelnen Objekte investiert, variiert von einer Stunde bis zu fast einer Woche für ein komplettes Messer in Damaszenertechnik, in dem sich bis zu 1000 Lagen Material pro 3 mm Klingenstärke verstecken.

Aha-Erlebnis und neuer Blick auf handwerkliches Können

Dass eine Handwerkstechnik so aufwendig sein kann, war bisher für alle seine Kursteilnehmer ein Aha-Erlebnis. Denn in einer Zeit, in der man (fast) alles aus industrieller Farbikation kaufen kann, verliert man oft die Achtung vor dem Können, dem Erfahrungsschatz und dem Schweiß, die erforderlich sind, um selbst einfache Dinge herzustellen. Die Schmiedekurse bringen erneut ins Bewusstsein, was Handarbeit bedeutet. Nach dem schweißtreibenden Hineinschnuppern in die kreative und komplexe Tätigkeit sind die Teilnehmer stolz und zufrieden, ihr selbst produziertes Werkstück in den Händen zu halten.

„In meinen Kursen lernen interessierte Teilnehmer, Werkzeug, Gebrauchs- oder Schmuckgegenstände zu schmieden“, sagt Maul, dessen Angebot von Schnupperstunden bis hin zu mehrtägigen Kursen reicht. In diesen zeigt der Metallexperte, wie man Eheringe in Damaszenertechnik herstellt. Auch individuelle Wunsch-Workshops können gebucht werden. Das Programm richtet sich sowohl an Profis als auch an Laien ohne Vorkenntnisse, die in kleinen Gruppen intensiv und persönlich betreut werden.

Zweites Standbein: Klempnertätigkeit

Darüber hinaus betreibt Michael Maul eine kleine Manufaktur für zerlegbare Holzkocher und Zeltöfen aus Edelstahl. Als gelernter Spengler- und Dachdeckermeister umfasst sein Portfolio auch die üblichen Leistungen dieser Gewerke. Allerdings sind die Klempneraufträge in diesen Breiten im Vergleich zu Deutschland eher unspektakulär und bestehen aus Dachentwässerungen, Schornsteinverwahrungen und Dacheindeckungen, meist aus Trapezblech. Bei ca. sieben Monaten Winter mit bis zu 1,5 m Schnee und teilweise -40 ºC ist die Bauzeit kurz und die Funktion steht im Vordergrund, vor der Ästhetik.

Versiert ist der Spengler-Schmied auch in der Sanitär- und Heizungsinstallation und in Holzarbeiten, insbesondere im Blockhausbau, den er in Kanada erlernt hat. Eine solche Blockhütte für vier Personen mit Sauna befindet sich auf dem Gelände und ist für Urlaube in der nordischen Wildnis zu mieten. Mit der Hütte kann auch die Schmiedewerkstatt gebucht werden, zum Beispiel dann, wenn Metallliebhaber oder Schmiede-Profis sich in der Abgeschiedenheit zwischen Wäldern und Seen handwerklich und künstlerisch ganz in Ruhe und ohne jede Ablenkung entfalten möchten. Derzeit sind zwei weitere urige Blockhütten für Feriengäste in Bau. Denn Michael Maul möchte dem oft stressgeplagten Mitteleuropäer die grandiose Natur des Nordens näherbringen, einen ruhigen Platz bieten, wo er sich mit Einfachheit und Entschleunigung wieder etwas Lebensqualität zurückerobern kann.

Dennoch kommt es zuweilen auch vor, dass Michael Maul Besuch von Menschen bekommt, die auf Geschwindigkeit abfahren: Autotester. Bei den tiefen Temperaturen testen internationale Automobilfirmen gern ihre Fahrzeuge.

Reif für den Norden

Was treibt einen deutschen Handwerker in die nordschwedische Einsamkeit, wo man rein statistisch nur alle fünf Quadratkilometer auf einen Menschen trifft? Natürlich ist das Leben unter solchen Bedingungen nicht jedermanns Sache und man muss wissen, worauf man sich einlässt. Michael Maul wusste es. An den Annehmlichkeiten der urbanen Wohlstandsgesellschaft hing er nie sonderlich. Und in den Norden hat es ihn schon immer gezogen; er bereiste Schweden, Norwegen, Island, Grönland, Spitzbergen und Kanada. Dort lernte er während eines fünfmonatigen Arbeitsaufenthalts das Blockhausbauen.

In Deutschland leitete er eine eigene kleine Firma für Gas-Wasser-Heizung, Dach- und Klempnerarbeiten. Leider war seine Heimat, das strukturschwache Thüringen, kein geeignetes Umfeld für seine Schmiedearbeiten, in die er viel Energie und Herzblut investierte. Die häufigen Montageaufenthalte in den alten Bundesländern beeinträchtigten das Familienleben. Dazu kam der alltägliche Ärger in der Firma – bis die Familie reif war für die Auswanderung.

Vielseitigkeit ist Trumpf

Freilich ist das Leben in der nordischen Wildnis zwar beschaulich, aber kein Ponyhof. Menschen und Material müssen weite Wege überwinden, die Sommersaison ist kurz. Man muss erfinderisch und vielseitig sein. Daher baut Maul auf verschiedene Standbeine und die breit gefächerten Fähigkeiten, die er sich in seinem Leben angeeignet hat. Der umtriebige Klempner-Schmied und seine Frau Juliane – die übrigens die Fotos macht – suchen sich ihre Nischen, verteilen Flyer und betreiben ein beispielhaftes Internet-Marketing, um die Werkstatt bekannt zu machen und Feriengäste zu werben.

Das Werkstatt-Logo ist eine Hommage an die Wahlheimat Lappland. Es vereint zwei bedeutsame Symbole: das atemberaubende Schauspiel des Nordlichts und einen Amboss, auf dem zwei alte samische Zeichen zu sehen sind, nämlich das Zeichen für Schmied und das für Nordlicht. Die Liebe zum Norden zeigt sich auch in der Gravur eines Rentiers auf vielen Objekten. Es steht für das Volk der Samen und seine regionale Kultur. Impressionen von der Schönheit Lapplands und den Arbeiten in der Schmiedewerkstatt gibt es auf:

www.metallideen.de

www.facebook.com/nordicblacksmith

Schmieden – ein uraltes Handwerk

Das Schmiedehandwerk zählt zu den ältesten Berufen überhaupt und genoss in früheren Zeiten ein sehr hohes Prestige. Denn Schmiede fertigten nicht nur Werkzeuge, sondern auch Schmuck – schon immer ein Statussymbol – und Waffen, die in Zeiten, als noch Faustrecht galt, überlebenswichtig waren.

Schon seit ca. 5000 Jahren bearbeitet der Mensch Metalle, beginnend mit Gold, Silber und Kupfer. Im 3. Jahrtausend v. Chr. kam die Herstellung von Bronze auf – gegenüber dem weicheren Kupfer ein wichtiger Fortschritt.

Ab 1200 v. Chr. setzte sich schließlich Eisen durch, das als härteres und robusteres Metall die Bronze allmählich in der Fabrikation von Werkzeug, landwirtschaftlichem Gerät und Waffen verdrängte. Gute Eisenschwerter waren ein kleines Vermögen wert und sind in vielen alten Sagen und Heldenepen genauso berühmt wie ihre Besitzer. Die Schmiedekunst war so bedeutend, dass man sie sogar mit Zauberkräften und magischem Wissen assoziierte.

Mythologische Schmiedestars sind z. B. der altgriechische Gott Hephaistos oder der Zwerg Alberich aus der Nibelungensage, bei dem Superheld Siegfried Azubi war.

Urlaub in Lappland

Die menschenleere Gegend unweit des Polarkreises hat für Touristen erstaunlich viel zu bieten. Im Winter zum Beispiel Eisangeln oder Schneeschuh- und Skiwanderungen durch die tief verschneite und wie verzauberte Landschaft. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, Hundeschlitten- oder Schneemobiltouren zu unternehmen.

Im Sommer lädt das Land zum Wandern oder Bergsteigen auf bis zu 1800 m hohen Bergen ein. In Lappland gibt es drei große Nationalparks. Hier lassen sich auf Safaris Wildtiere beobachten, Beeren und Pilze sammeln. Die vielen Gewässer sind ideal zum Kanu- oder Kajakfahren, Angeln und Baden, insbesondere unter der Mitternachtssonne. Auch Radfahrer und Mountainbiker haben in dem dünn besiedelten und verkehrsarmen Gebiet freie Fahrt. Ausritte mit Pferden, Fahrten mit einer historischen Dampfeisenbahn oder Besuche in den nahen Ortschaften bieten weitere Abwechslung. Im 27 km entfernten Arjeplog erläutert das Silbermuseum den früheren Silberbergbau in der Region, der bereits im 16. Jahrhundert begann. Hinter dem Silbermuseum liegt eine Kirche aus dem Jahr 1641. Die Region wartet sogar mit einigen Superlativen auf: Hier liegt Schwedens tiefster See und größter Gletscher und sind Europas schnellste Stromschnellen zu bewundern.