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Regenerative Energien in Klempnerhand


Die Lösung der Energiefrage ist eine der entscheidenden Aufgaben der Menschheit. Dies ist trotz aller politischer Querelen und der Verweigerungshaltung einiger wichtiger Staaten die Botschaft der letzten UN-Klimakonferenz in Bali. Im Zuge dieser Konferenz hat Deutschland sich verpflichtet, seinen Energiebedarf bis 2020 um 40 % gegenüber 1990 zu senken. Heute befinden wir uns an exakt dem Punkt, an dem die gestiegene Nachfrage nicht mehr durch Erhöhung der Förderung gedeckt werden kann. Der Umbau der Energieversorgung, weg von endlichen Ressourcen, hin zu erneuerbaren Energien, ist eine globale Herausforderung, der auch wir Klempner uns nicht verschließen dürfen. Der Gebäudebestand verbraucht in Deutschland und vergleichbaren Industrieländern etwa 1/3 der gesamten Energie. Nahezu 90 % dieses Energieverbrauches hat seine Ursache im Heiz- sowie Kühlenergiebedarf, der entsteht, weil Gebäude über die Außenwände Wärme verlieren oder ungewollt gewinnen.

Ausgeglichen wird der Wärmeverlust/-gewinn überwiegend durch uneffektive Heiz- und Kühlsysteme auf Basis fossiler Energieträger. Der durchschnittliche Verbrauch befindet sich auf hohem, technisch nicht mehr zeitgemäßem Niveau. Es besteht also erheblicher Sanierungsbedarf.

Gewaltiges Potenzial

Das wirtschaftliche Potenzial ist gewaltig. Konservativ geschätzt, sind allein in Deutschland etwa 20 Mio. Gebäude sanierungsbedürftig. Nimmt man an, dass durchschnittlich für jedes Gebäude 25 000 Euro zur energetischen Verbesserung um 1/4 bis 1/3 des jetzigen Bedarfes erforderlich sind, ergibt sich eine Summe von 500 Mrd. Euro! Das sind in den nächsten 12 Jahren mindestens 42 Mrd. Euro pro Jahr, die als Aufträge an Handwerker vergeben werden müssten. Folgt man den Zielvorgaben der Bundesregierung, müsste sogar eine wesentlich höhere Summe aufgebracht werden. Als Investitionsanreiz werden zinsgünstige KfW-Kredite bereitgestellt. In Zahlen sind das bis zu 50 000 Euro pro Privatwohneinheit und bis zu 350 Euro pro m² bei kommunalen Gebäuden. Zusätzlich wird die Nutzung erneuerbarer Energien durch Zuschüsse aus dem Marktanreizprogramm gefördert. Wird das Potenzial der Gebäudesanierung auch nur annähernd ausgeschöpft, bestünde eine Nachfrage, die durch heute vorhandene Arbeitskräfte nicht gedeckt werden könnte.

Zwei wesentliche Faktoren sind ausschlaggebend für die erfolgreiche Teilnahme an dem Milliardengeschäft:

1. Klempner beschäftigen sich mit architektonisch hochwertigen, metallischen Gebäudeoberflächen an Dach und Fassade. Wichtige Aufgaben bestehen somit in der Verbesserung des Wärmeschutzes sowie der Montage und Verwahrung von handelsüblichen Solarkollektoren.

2. Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) vertritt die Kernkompetenz der Wärme- und Klimatechnik. Der daraus resultierende Umbau der Gebäudeenergieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien kann somit entschieden vorangebracht werden. Zurecht beteiligt sich der ZVSHK aktiv an Kampagnen, die von der Solarbranche initiiert werden.

Was liegt also näher, als beide Kompetenzen miteinander zu verknüpfen, die daraus entstehenden Synergien zu nutzen und dies auch zu kommunizieren? Wenn dies gelingt, wird der Klempner einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der oben beschriebenen Probleme leisten können.

Bestandsaufnahme

Klempnertechnisch erstellte Solarprodukte finden nur schwer den Marktzugang. Offenbar ist noch nicht ausreichend bekannt, wie die klassische, hinterlüftete Metallfassade oder das klempnertechnisch ausgeführte Metalldach zur Energiegewinnung und -einsparung genutzt werden kann. Eine Bestandsaufnahme zeigt die Möglichkeiten von Produkten und Anwendungen auf. Wärmeschutz durch die Verbesserung der Klimabilanz von Gebäuden ist ein zentrales Thema, das jeder Klempner selbstredend erfüllen kann.

Photovoltaik bezeichnet die direkte Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie durch Solarzellen. Eine Reihe industrieller Zulieferbetriebe bietet fertige Lösungen auf der Basis klempnertechnisch verlegter Systeme an. Folgt man den Einschätzungen von PV-Insidern, ist die Gebäudeintegration von PV-Modulen ein zukunftsträchtiger Markt. Der Technologie mit flexiblen PV-Zellen auf Basis amorpher Siliziumzellen (photovoltaische Folien) wird eine Kostendegression bis zu 20 % des heutigen Preises vorhergesagt. Dadurch verbessert sich die Wirtschaftlichkeit klempnertechnisch verlegter Systeme enorm. Solange es nicht gelingt, Solarstrom direkt aus den Metallen zu erzeugen, ist die Photovoltaik-Technik immer auf höherwertiges Partnermaterial (die Photozelle) angewiesen.

Solarthermie zeichnet sich dadurch aus, dass unsere Werkstoffe den wertvollsten Teil des Kollektors ausmachen. Diesen Hintergrund greift folgende Prognose auf: Die Vorortnutzung von Sonnenwärme wird eine ganze Reihe klempnertypischer Kollektorlösungen hervorbringen. KME bot bereits in den 80er Jahren einen unverglasten Kollektor an, Solarwall konzipierte in den 90ern einen Fassaden-Luftkollektor. Auf Basis klempnertechnisch zu verlegender Systeme, entwickelten Rheinzink und Bemo in jüngster Vergangenheit zum Teil preisgekrönte, metallische Sonnenkollektoren.

BAUMETALL 8/2007 S. 30

sowie 1/2008 S. 24 und S. 29

Klempnergie

Die Bereiche Wärmeschutz, Photovoltaik und Solarthermie stellen Zusammenhänge her, die im Folgenden als Vision zukunftsgerichteter Klempner- und Haustechnik vorgestellt werden. Ich verwende hierfür die von BAUMETALL-Chefredakteur Andreas Buck erfundene Wortschöpfung „Klempnergie“ als begriffliche Verbindung von Klempner- und Energietechnik. Mit dem gezeigten Schema ist es prinzipiell möglich, Gebäude sowohl im Winter zu heizen, als auch im Sommer zu temperieren. Dabei erweist sich der technische Vorteil unverglaster Kollektoren gegenüber den heute üblichen verglasten Hochleistungskollektoren.

1. Sie können nicht nur Wärme absorbieren, sondern auch durch Abstrahlung und Konvektion an die Umwelt emittieren.

2. Werden sie unter die Umgebungstemperatur abgekühlt, sind sie leistungsfähiger. Diese Eigenschaften prädestinieren unverglaste Solarabsorber für den Einsatz in Haustechniken der Zukunft. Daher sei ein kurzer theoretischer Exkurs auf die Funktionen regenerativer Wärmetechnik erlaubt. Regenerative Heiztechnik erfordert Absorber im Bereich der Gebäudehülle sowie ein ausreichendes Speichervolumen, das durch diese Absorber geladen werden kann. Generell vorteilhaft sind Wärmeverteil- und Übergabesysteme, die bei niedrigen Temperaturen funktionieren (beispielsweise Flächenheizungen).

Regenerative Kühlung erfordert Absorber im Gebäude und Speichermasse, die zum geeigneten Zeitpunkt entladen werden können. Hierfür sind Flächen geeignet, die Wärme an die Umwelt abgeben können. Verbindet man die Funktionen zu einem System, entsteht auf den ersten Blick eine verwirrende Anzahl von Wechselwirkungen und Beziehungen der einzelnen wärmetechnischen Funktionen. Der Umweltabsorber sollte genauso überschüssige Wärme emittieren, wie die Flächenheizung Wärme absorbieren kann. Es ist die Vorstellung eines Gebäude-Temperiersystems mit einer multifunktionalen Anlagentechnik. Metallische Oberflächen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Sie können nämlich sowohl absorbieren, als auch emittieren.

Multifunktionale Bauteile

Ordnen wir den Funktionen geeignete Bauteile und eine Anlagentechnik zu, wird das Bild klarer. Über die Dachdeckung oder die Außenwandbekleidung kann Energie sowohl absorbiert, als auch emittiert werden. Eine Regenwasserzisterne ist ein hervorragender Speicher für Niedertemperaturwärme. Diese drei Bauteile liegen im unmittelbaren Zugriff des Klempners.

Die Wärmepumpe ist das zentrale Aggregat und Steuerelement, das Bauteile unterschiedlichster Art verknüpft und thermisch aktiviert. Diese Technik wiederum liegt im Zugriffsbereich unseres Verbandes, des ZVSHK. Es entsteht eine bifunktionale Wärmetechnik (heizen und kühlen) mit multifunktionalen Bauteilen. Sie bietet höchsten Komfort für den Nutzer, ist wirtschaftlich durch niedrige Verbrauchskosten und hat zudem ein hohes Klimaschutzpotenzial. Zum einen wird ein hoher Anteil (bis zu 80 %) Umweltenergie direkt eingesetzt, zum anderen hat der Endenergieträger Strom bezüglich Klimaschutz selbst noch ein enormes Verbesserungspotenzial. Mit zunehmendem Anteil erneuerbarer Energien verbessert sich die Klimabilanz von Netzstrom stetig. Wird er regenerativ erzeugt, können Gebäude völlig ohne CO2-Emissionen beheizt werden. Das soll unser Ziel sein. Zur Herstellung des ganzen Systems sind Kooperationen mit anderen Baugewerken notwendig. Für uns heißt das, dass wir über unseren Tellerrand hinausschauen müssen. Der Lohn dafür wird eine deutlich verbesserte Marktdurchdringung sein. Diese wird erreicht, wenn eine Technik durch unterschiedliche Gewerke aktiv kommuniziert wird, weil alle einen Vorteil davon haben können.

Das energieautarke Gebäude

Nach der geschilderten Vision thermischer Nutzung von Metalldächern und Fassaden, liegt der nächste Schritt nahe: die Kopplung von Solarthermie und Photovoltaik. Dazu folgende Betrachtung:

Ein sehr gut gedämmtes Einfamilienhaus (40 kWh/m²a), mit 130 m² Nutzfläche und vier Bewohnern, verbraucht im Jahr ca. 4700 kWh Wärmeenergie und 3500 kWh Strom. Wird die Wärme durch eine Wärmepumpe mit einer Heizleistung von 4,2 kW bereitgestellt, ist bei einer Leistungszahl von 4,2 dafür zirka 1 kW elektrische Leistung erforderlich. Die Umweltquelle muss 3,2 kW Leistung bringen. Hierfür genügt eine Fläche von 20 m² unverglasten Sonnenkollektoren. Die Kollektorfläche wird mit einer 6 bis 8 m³ großen Regenwasserzisterne als Niedertemperatur-Wärmespeicher gekoppelt. Da das Dach für Photovoltaik zur Verfügung stehen muss, sind die Kollektoren idealerweise an der Südfassade des Gebäudes anzubringen. Mit dem oben beschriebenen Wärmepumpensystem werden Jahresarbeitszahlen von ca. 4,3 erreicht. Das bedeutet, dass zu Heizzwecken nur ca. 1110 kWh/a Strom verbraucht wird. Zur Energieautonomie des Gebäudes müssen insgesamt 4610 kWh Strom regenerativ erzeugt werden. Hierfür ist je nach Region eine Photovoltaik-Anlage mit 4,5 - 5,2 kWpeak Leistung erforderlich. Die in unserer Branche handelsüblichen Dünnschichtmodule leisten ca. 55 Wpeak/m² und bringen einen Jahresertrag von etwa 52 kWh/m². Es werden also ca. 90 m² Dachfläche benötigt, was mit einem 30° geneigten Pultdach durchaus machbar ist. Da Strom in einzelnen Gebäuden jedoch nur mit sehr hohem Aufwand gespeichert werden kann, wird er in der Praxis ins Netz eingespeist und nach EEG vergütet. Der benötigte Strom wird ebenso dem Netz entnommen und zu üblichen Tarifen bezahlt. Das ist für den Eigentümer wirtschaftlich vorteilhafter. Die faktische CO&sub2;-Bilanz des Gebäudes ist jedoch Null. Das beweist: Klempnergie ist bereits heute in der Lage, Gebäude 100 % regenerativ zu versorgen!

Was ist zu tun? ZVSHK als Triebfeder

Die Klempner-Branche braucht angesichts dieser Aussichten wirklich keine Angst vor Flächenverlusten durch andere Solartechniken zu haben. Sie muss allerdings handeln und das recht schnell, sonst geht der stark expandierende Solarmarkt tatsächlich über sie hinweg! Das ist das Wichtigste! Die von der Herstellerindustrie entwickelten und angebotenen Produkte reichen zum jetzigen Zeitpunkt vollkommen aus. Sie müssen jedoch aktiv verkauft werden. Das kann sofort, aus dem Stand heraus, geschehen. Jeder Klempnermeister kann seine Beziehungen zu Architekten nutzen, die von dachintegrierten Photovoltaik- und unsichtbaren Sonnenkollektoren in der Regel begeistert sind. Zumindest sollte für jede geeignete Ausschreibung ein Nebenangebot gemacht werden, das Solartechnik in Klempnerhand ausweist. Es wird auf fruchtbaren Boden fallen. Immerhin wird Solartechnik von über 85 % der Bevölkerung befürwortet. Der aktive Verkauf ist auch aus einem anderen Grund wichtig: Die Herstellerindustrie wird neue Produkte, die nicht gut verkauft werden, früher oder später wieder vom Markt nehmen.

Durch die Bündelung der erforderlichen Kompetenzen spielt unser Verband eine zentrale Rolle. Die historisch gewachsene Verbindung von Klempner und SHK-Branche muss mit neuem Leben gefüllt werden. Den Kollegen von Installations- und Heizungsbau muss kommuniziert werden, dass Klempner wesentliche Beiträge für moderne Wärmetechnik leisten können. Ein zentrales Klempnergie-Projekt, das durch die Verknüpfung von Klempner- und Heizungsbaubranche an einem Strang zieht, ist das richtige Signal.

Klare Zieldefinition – Voraussetzung ist Kompetenz

Ein ganz wesentlicher Faktor für die verkaufsorientierte Argumentation bei Kunden ist Fachkompetenz. Für Klempner ist die fundierte Aus- und Weiterbildung in energetischen Fragen unbedingt erforderlich. Es genügt heute nicht mehr, die kompliziertesten Anschlüsse perfekt auszuführen und hochwertige Materialgestaltung anzubieten. Klempnergie bedeutet auch, die wesentlichen Grundkenntnisse moderner Wärmetechnik zu beherrschen.

Es ist höchste Zeit, das Denken zu ändern. In die Branche muss eine solare Kultur einziehen. Sonnenenergie darf nicht länger die Alternative sein – sie wird zur Hauptoption. Fossile Energieträger dürfen erst dann eingesetzt werden, wenn regenerative Optionen nicht möglich sind. Das von der Solarbranche verbreitete Nutzenprofil „Sonnenenergie zur Trinkwasserbereitung und Heizungsunterstützung“ gehört vom Tisch, weil es die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern impliziert und so das Mauerblümchendasein der solaren Wärmetechnik untermauert. Gleichwohl sollen Klempner die Solarbranche aktiv unterstützen. Das stärkt unser eigenes solares Selbstbewusstsein, fördert den Know-how-Transfer und trägt die Klempnergie in die Solarwirtschaft. All das wird die Marktdurchdringung unserer Produkte verbessern.

„100 % regenerative Wärmetechnik“ (und nicht weniger!), ist der programmatische Ansatz, mit dem Klempnergie offensiv am Markt auftritt. Dieser Slogan unterscheidet Klempnergie von der Solarbranche, ist daher werbewirksam und weckt Zutrauen bei Interessenten, unseren Kunden, die sich nicht mit halben Sachen zufrieden geben.

* Markus Patschke ist Spengler-Installateurmeister und Gebäudeenergieberater.

Als Geschäftsführer der Firma 3EConsult betreibt er in Nordkirchen ein Dienstleistungsunternehmen, das sich mit erneuerbaren Energien sowie Energieeinsparung beschäftigt

Markus Patschke*

Was ist zu tun?

1. Bildung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe „Klempnergie“

2.Fachsymposium mit Wissenschaftlern, Industrie und Verarbeitern

3.Sonderausstellung, eventuell im Klempnermuseum, als zentrale Dokumentationsshow

4.Multiplikation über lokale Innungen

5.Wettbewerbe (beispielsweise die Solarbundesliga) als brancheninternes Marketinginstrument

Klempnergie: Thesen für die Zukunft

1.Die Energiefrage wird Antriebsmotor für modernes Bauen und Sanieren

2.Jedes Bauteil hat seine eigene Energierelevanz

3.Bauprodukte sind unter den Gesichtspunkten Energieeinsparung und Nutzung regenerativer Energien zu bewerten und weiterzuentwickeln

4.Das Angebot multifunktionaler Bauprodukte, zur Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien, wird mitentscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen

5.Bei der Abschätzung, ob ein Dach als klempnertechnisch hergestelltes Falzdach oder Solardach ausgeführt wird, gewinnt das Solardach

6.Der Markterfolg solartechnischer Erzeugnisse führt zu neuen Produkten und Anwendungen auch in anderen Branchen

Klempnertechnik …

… ist bereits heute in der Lage, den Gebäudeenergiebedarf komplett zu decken – regenerativ und damit umweltfreundlich! Aus dieser Erkenntnis entstehen Aufgaben für die gesamte Klempnerbranche.

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