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Vorgehängte hinterlüftete Fassaden (VHF)

Vorgehängt, hinterlüftet und hochgedämmt

Eine vorgehängte hinterlüftete Fassade besteht aus vier Hauptkomponenten:

  • Verankerungsgrund
  • Unterkonstruktion
  • Dämmstoff mit Hinterlüftungsspalt
  • Bekleidung

Während die Bekleidung nach Fertigstellung einer Fassade über Jahre dem prüfenden Blick der Öffentlichkeit ausgesetzt ist, wirken Unterkonstruktion und Dämmstoffe im Untergrund. Nach Definition des Fachverbandes FVHF (Fachverband vorgehängte hinterlüftete Fassaden) ist die Unterkonstruktion (UK) ein „System zur Halterung der Bekleidung und deren Befestigung im Ver­ankerungsgrund“ [1]. Dieses System wird als Handwerkerlösung aus Holz konstruiert (Bild 2), beziehungsweise bei höheren Lasten als metallische Konsolenkonstruktion mit Tragprofilen zur Befestigung der Bekleidung ausgeführt. Wichtiges Detail solcher Konstruktionen ist die Hinterlüftung ­hinter der Bekleidung zur Abfuhr von Feuchtigkeit.

Der Wärmeschutz der VHF wird durch die Dämmschicht zwischen Hinterlüftungsebene und Verankerungsgrund sicher gestellt. An diese Dämmschicht werden mit Inkrafttreten der Energieeinsparverordnung EnEV 2009 erneut gestiegene Anforderungen gestellt: Die Anforderungen an die Gebäudehülle wurden durchschnittlich um 15 % gegenüber der EnEV 2007 angehoben [2]. Auch der Passivhausstandard setzt sich immer mehr durch: Ein maximaler U-Wert von 0,15 W/(m²K) in der Außenwand ist dabei die einzuhaltende Mindestanforderung.

Wärmeschutztechnische Anforderungen

Diese hohen wärmeschutztechnischen Anforderungen führten in jüngster Vergangenheit zu einer Vielzahl von Neuentwicklungen von Dämmstoffen mit niedrigerer Leitfähigkeit. Hierdurch sollen übermäßig dicke Wandkonstruktionen und als Folge daraus Nutzflächenverluste vermieden werden. Trotzdem zeigt die Entwicklung, dass Dämmstoffdicken von 20 cm und bei Passivhäusern von bis zu 30 cm nicht mehr die Ausnahme sind, sondern im Neubaubereich zunehmend zur Regel werden.

Bei KfW-geförderten Altbausanierungen muss beispielsweise aktuell eine Dämmstoffdicke von mindestens 150 mm in der Wärmeleitfähigkeit λ= 0,035 W/(mK) eingebaut werden.

Wie dem Diagramm "Dämmdicke" (S. 16) entnommen werden kann, führt diese „Olympiade der Wärmeleitfähigkeiten“ nicht zwangsläufig zu maßgeblich besseren Ergebnissen. Mit zunehmender Dämmdicke nähern sich die erreichbaren U-Werte einer homogenen Wandkonstruktion einander an, bis letztendlich kein Unterschied mehr feststellbar ist.

Maximale Statik, minimale Wärmeverluste

In Folge der immer weiter steigenden Dämmdicken verändern sich die statischen Parameter der Unterkonstruktion. Der Abstand zwischen Verankerungsgrund und Bekleidung wird größer und damit erhöhen sich auch die Lasteinwirkungen auf die Unterkonstruktion. Erhöhte Momentenkräfte müssen durch die Konsolen aufgenommen werden. Dies führt zu massiveren Ausführungen der Konsolen. Im Fall von sehr aufwändigen Fassadengestaltungen kann sich durch konstruktiv anzupassende Konsolabstände darüber hinaus auch die Anzahl der Konsolen an einer Fassade über die statische Notwendigkeit hinaus erhöhen. Ein Extremfall ist in Bild 1 dargestellt.

Wie im Bild 3 zu erkennen, erfolgt die Verankerung der Unterkonstruktion durch die Dämmung in den Verankerungsgrund. An diesen Stellen wird die Dämmwirkung der Dämmebene teilweise erheblich gestört. Das meist verwendete Aluminium dieser Konsolen weist eine vielfach höhere Leitfähigkeit gegenüber sonstigen Standarddämm stoffen mit ­einem λ von 0,035 W/(mK) auf. Diese Wärmebrückenwirkung wurde bereits 1998 in einer Richtlinie deutscher (FVHF) und schweizerischer Interessensverbände beschrieben: Bestimmung der wärmetechnischen Einflüsse von Wärmebrücken bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden.

Basierend auf einer Vielzahl von 3D-Berechnungen wurde in dieser Richtlinie ein Verfahren vorgestellt, welches die Ermittlung punktueller Wärmebrückenverlustkoeffizienten χ (W/K) mittels Bemessungsdiagrammen für definierte Unterkonstruktionen ermöglicht. Die aufsummierte Anzahl der punktuellen Wärmebrücken wird flächenanteilig auf den U-Wert der ungestörten Konstruktion U0 aufgeschlagen. Die Anzahl der Konsolen hat somit einen großen Einfluss auf die Erhöhung der U-Werte.

Eine beispielhafte Auswertung des nebenstehenden Bemessungsdiagramms für eine Kalksandsteinwand mit einer 100-mm-Dämmung (λD=0,04 W/(mK)) und einer ohne thermische Trennung ausgeführten Unterkonstruktion ­ergibt eine Verschlechterung des ungestörten Aufbaus durch die punktuellen Wärmebrückenwirkungen der UK (24 Stück auf ca. 12 m²) um ca. 14 %. Interessant: In einem energetischen Nachweis hätte statt eines U-Wertes von 0,35 W/(m²K) ein U-Wert von 0,40 W/(m²K) angesetzt werden ­müssen. Deutlich kann man am nebenstehenden Bemessungsdiagramm auch erkennen, dass mit steigenden Dämmdicken der Wert des punktuellen Wärmebrückenverlustkoeffizienten χ steigt. Greift man das genannte Beispiel auf und erhöht die Dämmdicken auf 140 mm und 180 mm, so ergeben sich Erhöhungen der U-Werte um ca. 22 % bzw. ca. 28 % bei Einsatz einer UK ohne thermische Trennung.

Kritische Entwicklung

Diese Entwicklung setzt sich mit zunehmender Dämmdicke fort, so dass bei Passivhausdämmdicken mit Zuschlägen von 40 % und mehr zu rechnen ist. Statt mit einem U-Wert von 0,15 W/(m²K) rechnen zu können, müssen Passivhausplaner bei VHF mit herkömmlichen Aluminium-Unterkonstruktionen U-Werte um 0,21 ansetzen. Ein Umstand, der dem Einsatz einer VHF in Passivhäusern nicht förderlich ist. Folgende weitere Einflüsse rund um die Unterkonstruktion erhöhen ggf. die Wärmeverluste dieser punktuellen Wärmebrücken [1]:

  • Einbindung der Tragprofile bis in die Dämmung. Hierdurch ergibt sich eine zusätzliche lineare Wärmebrücke.
  • Schlechte Anpassung der Wärmedämmung an die Konsolen und Anker. Die Wärmebrückenwirkung kann sich dadurch nahezu verdoppeln.

Die beschriebenen Einflüsse der Unterkonstruktion einer VHF auf die U-Werte von Außenwandkonstruktionen führen dazu, dass bei energetischen Nachweisen spürbar höhere U-Werte angesetzt werden müssen, als etwa bei Wärmedämmverbundsystemen (WDVS). Die Dämmdicken von WDVS können im Falle von verklebten Systemen voll angesetzt werden und entsprechen damit den ungestörten U-Wertansätzen der VHF.

Dieser Vorteil von WDVS scheint sich auf dem ersten Blick zu reduzieren, wenn mechanisch befestigte Systeme eingesetzt werden. Die zu verwendenden Dämmstoffdübel verfügen über Metallkerne, welche wiederum einen gewissen, anzusetzenden Wärmebrückeneffekt ausüben. Allerdings relativiert sich dieser vermeintliche Nachteil dadurch, dass in der VHF mit Dämmdicken jenseits der 240 mm aktuell die gleichen Dämmstoffbefestiger verwendet werden müssen wie in WDVS. In diesen Längen gibt er derzeit noch keine adäquaten Befestiger für VHF-Dämmstoffe.

Ein Gleichziehen einer VHF mit einem WDVS ist somit wärmetechnisch mit bisher üblichen Konstruktionen nicht möglich. Neben den i.d.R. niedrigeren Installationskosten von WDVS ein Vorteil für die Putzfassade. Hieraus ergibt sich ein verhältnismäßig hoher Einsatz von WDVS in dick zu dämmende Außenwände (z.B. Passivhäuser).

Eine Verringerung der Wärmebrückenwirkungen VHF- Unterkonstruktionen tut somit Not, möchte man deren vielfältige Gestaltungsmöglichkeit und physikalische Stärken auch bei Fassaden mit größeren Dämmdicken nutzen.

Erste Schritte sind getan

So wurde beispielsweise eine Passivhausschule in Neckargemünd mit einer Konstruktion mit Kunststoffkonsolen und Alu-Profilen ausgeführt. Brandschutztechnisch wurden hohe Anforderungen an den Schutz der Unterkonstruktion gestellt: Die Konsolen wurden im Bereich des Hinterlüftungsspalts mit Steinwolle ummantelt, um im Brandfall ein direktes Einwirken von Flammen oder Hitze auf den Kunststoff zu vermeiden.

Eine weitere Entwicklung am Markt ist der Einsatz eines Edelstahlstabsystems. Bei diesem System der mCon GmbH besteht die Unterkonstruktion aus einem Stabwerk, welches über wenige Druck- und Zugstäbe mit verhältnismäßig geringem Querschnitt die Lasten der Bekleidung in den Verankerungsgrund abträgt. Dünne Querschnitte und geringe Wärmeleitfähigkeit von Edelstahl reduzieren die Wärmeverluste auf ein geringes Maß, sodass das Passivhausinstitut in Darmstadt dieses System als wärmebrückenfrei zertifiziert hat.

Weitere „wärmebrückenarme“ bzw. „wärmebrückenfreie“ Systeme, beispielsweise von BWM, liegen beim Passivhausinstitut zur Zertifizierung vor.

Fazit

Die Hersteller von Unterkonstruktionen haben augenscheinlich die Notwendigkeit der wärmetechnischen Optimierung ihrer Produkte erkannt. Damit können künftig vorgehängte hinterlüftete Fassaden bei hochgedämmten Außenwandkonstruktionen eingesetzt werden. Ein Umstand, der bei den zu erwartenden weiteren gesetzlichen Verschärfungen der Anforderungen an die Dämmung der Gebäudehüllen immer wichtiger wird.

[1] FVHF et al.: Bestimmung der wärmetechnischen Einflüsse von Wärmebrücken bei vorgehängten hinterlüfteten Fassaden, Richtlinie, 1998

[2] Strehlke, M.: Neue Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden, Vortrag der Energieagentur NRW, 2009

[3] Sieder, M. et al: MFPA Leipzig GmbH, Messung und ­Berechnung des Wärmedurchgangs durch den BWM Fassaden­halter ZeLa mit einem Polyamid Kupplungsstück zur thermischen Trennung. ­Ermittlung des punktuellen Wärmebrückenverlustkoeffizienten und Erstellung von Bemessungsdiagrammen für unterschiedliche Wandkonstruktionen., Untersuchungsbericht, 2005

INFO

Paneelfassaden: Maßgeschneiderte Metallfassaden überzeugen Bauherren und Architekten gleichermaßen. Schöpferische Ideen der Planer können im Neubau sowie in der Sanierung überraschend vielfältig umgesetzt werden. Dabei entstehen aus Aluminium, Edelstahl, Kupfer oder Titanzink beeindruckende metallische Gebäudehüllen.

Selbsttragend: Im Vergleich mit herkömmlichen Fassadensystemen wie Rauten, Steh- oder Winkelfalzbekleid-ungen, sind Paneele durch die Profilform selbsttragend. Vollflächige Unterkonstruktionen sind nicht nötig.

Prefa-Sidings: Das Titelbild (li.) zeigt eine aus farbbeschichtetem Aluminium hergestellte Siding-Fassade.

http://www.prefa.de

INFO

Vorgehängte und hinterlüftete Metallfassaden*

  • Vorgehängte und hinterlüftete Metallfassaden sind zwar zunächst kostenintensiver als überputzte Wärmedämmverbundsysteme. Dennoch stellen Metallfassaden eine wirtschaftlich sinnvolle und nachhaltige Alternative dar.
  • Metallfassaden sind weitestgehend wartungsfrei und zudem über Jahrzehnte schön anzusehen.
  • Metallfassaden neigen weder zu Rissbildungen noch zur Ansammlung von Algen und Schmutzablagerungen. Somit stellen Metallfassaden eine optisch anspruchsvolle und zeitlos elegante Form der Fassadengestaltung dar.
  • Das geringe Eigengewicht von Metallfassaden wirkt sich außerdem vorteilhaft auf den Einsatz und die Dimensionierung entsprechender Unterkonstruktionen aus.

* Redaktionelle Anmerkung

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AUTOR

Dipl.-Ing. Markus Schröder

ist als Produktmanager bei der DEUTSCHE ROCKWOOL Mineralwoll GmbH & Co. OHG in Gladbeck ­unter anderem den Bereich VHF und WDVS zuständig. Bis 2009 arbeitete er in der Energieconsultinggesellschaft Builddesk GmbH und zeichnete sich dort für die energetische Bewertung von Gebäuden verantwortlich.

https://www.rockwool.de/

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