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Abschied mit Flöten und Trompeten

Völlig losgelöst

Ein wenig rückten sie in den Hintergrund – die frisch gebackenen Gesellinnen und Gesellen der Ulmer Landesfachklasse für Klempner. Das ist schade, denn eigentlich wäre der 17. März 2012 ihr großer Tag gewesen, doch dieses Mal verlief die Lossprechungsfeier der baden-württembergischen Klempner etwas anders als sonst. Zwar fand die Veranstaltung wie bereits in den Jahren zuvor in der Aula der Ulmer Robert-Bosch-Schule statt, jedoch wurde sie dieses Mal gleich von zwei weiteren Ereignissen begleitet: Dem 20-jährigen Jubiläum der Landesfachklasse für Klempner in Ulm sowie der „Lossprechung“ Manfred Deckers. Die Veranstalter waren folglich um ihre Aufgabe, gleich drei bedeutende Anlässe unter einen Hut zu bringen, nicht zu beneiden. Erschwerend kam hinzu, dass zwischen den freizusprechenden Auszubildenden und der Verabschiedung des Spitzenklempners Manfred Decker nicht nur gefühlte 50 Arbeitsjahre, sondern obendrein eine fast endlose Liste unterschiedlicher Ehrenamtstätigkeiten lagen. Dennoch erlebten zahlreiche Ehrengäste aus den Bereichen Politik, Verwaltung, Berufsorganisation und Industrie gemeinsam mit den freizusprechenden Auszubildenden, Eltern und Ausbildern eine Lossprechungsfeier mit zahlreichen Highlights. Und weil ohne die vorbildliche Arbeit Manfred Deckers weder die baden-württembergische Landesfachklasse für Klempner noch der entsprechende Förderverein existieren würde, fokussierten die Festredner ihre Ausführungen zunächst auf das Lebenswerk des Vorsitzenden der Gesellenprüfungskommission aus Markgröningen.

„Handwerker jammern nicht – sie handeln ...“

Mit diesen Worten würdigte Dr. Tobias Mehlich (Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm) die Arbeit Manfred Deckers. Er verdeutlichte, was seit Jahren an vielen Berufsschulstandorten in Deutschland geschieht und warum das Ausbildungsmodell der Landesfachklasse für Klempner so erfolgreich ist. In Baden-Württemberg wird die schulische Ausbildung der Klempner seit 20 Jahren in der Landesfachklasse der Robert-Bosch-Schule in Ulm vollzogen. In modern eingerichteten Fachwerkstätten vermitteln qualifizierte Fachlehrer praktische Fähigkeiten. Parallel dazu tragen die fachspezifischen Inhalte des theoretischen Unterrichts in hohem Maße dazu bei, die Ausbildungsqualität nachhaltig zu sichern. Tobias Mehlich betonte, dass die meisten regionalen Berufsschulen speziell an diesen Punkten ein Defizit aufweisen. Was ein Großteil der Anwesenden nicht wusste: Die Schaffung der Landesfachklasse in Ulm geht wie so vieles rund um die Ausbildung der Klempner Baden-Württembergs auf eine Initiative Manfred Deckers zurück. Dieser erkannte bereits vor über zwei Jahrzehnten, dass zur nachhaltigen Sicherung des Ausbildungsstandards eine entsprechende Zentralisierung erforderlich war. Auch Festredner Ivo Gönner stellte Deckers enge Verbundenheit mit der Ulmer Berufsschule in den Mittelpunkt seiner Rede. Mit seiner Feststellung: „Die lange Geschichte der Landesfachklasse gleicht einem Gütesiegel für Klempner“ traf der Ulmer Oberbürgermeister den Nagel auf den sprichwörtlichen Kopf.

Günther Oettinger: Wachsende Aufgaben für Klempner

Speziell aus dem europäischen Blickwinkel betrachtet, bestätigte EU-Kommissar Günther Oettinger der Ulmer Bildungseinrichtung einen guten Namen. „Die Robert-Bosch-Schule“, so Oettinger, „ist ein Garant für eine hoch qualifizierte Ausbildung der Klempner Baden-Württembergs und auf diese kommen in den nächsten Jahren viel Arbeit und verantwortungsvolle Aufgaben zu.“ Besonders großes Potenzial sieht der EU-Kommissar in der Sanierung von Bestandsgebäuden unter Berücksichtigung der Verbesserung der Energieeffizienz. Während in den vergangenen Jahrzehnten große Aufwendungen zur optischen Sanierung von Gebäuden unternommen wurden, stehen nun Sanierungsaufgaben im Vordergrund, die auf den ersten Blick nicht immer sichtbar sind. Neben der Modernisierung der technischen Gebäudeausstattung, wie beispielsweise Heizungsanlagen, haben speziell Klempner die Aufgabe, die Verbesserung der Gebäudedämmung an Fassaden und Dächern zu gewährleisten. Da diese Aufgaben jedoch ein geeignetes technologisches Umfeld erfordern, appellierte Günther Oettinger an die anwesenden Klempnerinnen und Klempner, schon heute an ihre Weiterbildung zu denken.

Los geht‘s

Zurück zu den eigentlichen Hauptakteuren des Tages: 81 Schülerinnen und Schüler der Landesfachklasse für Klempner in Ulm wurden in der zurückliegenden Sommer- und Winterprüfung geprüft. Erneut stellten die Schüler der Landesfachklasse für Klempner unter Beweis, dass moderne Ausbildung in einem hoch spezialisierten Umfeld effektiv und zukunftsorientiert umgesetzt werden kann. Was vor 20 Jahren an zahlreichen Berufsschulstandorten Baden-Württembergs noch heftig umstritten war, ist inzwischen zu einem Erfolgsmodell geworden. Unter diesem Aspekt stechen die herausragenden Leistungen der Junggesellin Claudia Pflug und des Junggesellen Vadim Wedler besonders hervor. Selbstredend wurden beide für ihre Leistungen entsprechend geehrt und Manfred Decker verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass zahlreiche Klempner-Bundessieger aus der Gesellenschmiede in Ulm stammen.

Zeit zum Nachdenken?

Dennoch stellt sich die Frage, warum ein Großteil der ehemaligen Auszubildenden erst gar nicht zu ihrer Lossprechungsfeier erschienen sind. Ist eine Lossprechung nicht mehr so bedeutend wie früher oder ist es den jungen Leuten einfach nicht mehr wichtig, den Gesellenbrief persön-

lich und in feierlichem Rahmen überreicht zu bekommen? Die Veranstalter jedenfalls zogen bei der Organisation der Lossprechungsfeier zahlreiche Register. Neben hochkarätigen Festrednern warteten sie zum Beispiel mit einem klassischen Bläserquintett auf.

Obschon die Arbeit der Ulmer Ausbilder und des Teams des Fördervereins rund um Manfred Decker absolut lobenswert ist, äußerten einige Gäste gegenüber BAUMETALL konstruktive Kritik: „Vielleicht ist es an der Zeit, die Auszubildenden bei der Organisation ihrer Abschlussfeier stärker mit einzubeziehen“‚ lautete eine Wortmeldung und eine weitere: „Junge Musik und eine pfiffige Präsentation aus den Reihen der ehemaligen Lehrlinge könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein.“ Kritisch betrachtet wurde auch, dass weder über die Art des Gesellenstücks noch über das zurückliegende Schuljahr oder die Prüfung informiert wurde. Auch hatte der eine oder andere Fachbetriebsinhaber gehofft, bei der Übergabe des Gesellenbriefes als Ausbildungsbetrieb genannt zu werden. Wie dem auch sei: Die Qualität der Ulmer Klempnerausbildung kann sich sehen lassen. Nicht von ungefähr sind einige der jüngst verabschiedeten Auszubildenden bereits auf dem Weg zum Meistertitel.

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