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Metallreiter

Hört man vom Kaiser Barbarossa, so ist man schnell in die eigene Schulzeit zurückversetzt. Neben den historischen Fakten um Friedrich den Ersten kommt einem auch gleich die mystische Geschichte vom Kaiser Rotbart (ital. Barbarossa) in den Sinn, der in seinem Zauberberg im Kyffhäuser darauf wartet, wieder aufzuwachen. Das bekannte Gedicht von Friedrich Rückert ist Generationen von Schulkindern ein Begriff:

„Der alte Barbarossa,

der Kaiser Friederich,

im unterird’schen Schlosse

hält er verzaubert sich.

Er ist niemals gestorben;

er lebt darin noch jetzt.

Er hat im Schloss verborgen

zum Schlaf sich hingesetzt. […]“

Alle hundert Jahre soll er aufwachen, um zu erkunden, ob die Raben noch um den Berg fliegen. Wenn dies nicht mehr der Fall ist, so sagt die Sage, würde er wieder in die Welt zurückkehren. Bis dieser Umstand eintritt, hat ihm Louis Spitzer ein würdiges Denkmal aus Metall gesetzt. Als Inspiration diente dem jungen Klempner aus der Geburtsstadt von Kaiser Barbarossa, dem elsässischen Hagenau, dabei ein Bronzereiterstandbild aus dem kaiserlichen Palast im niedersächsischen Goslar.

Jeder Blickwinkel offenbart neue Details

Bild: Louis Spitzer

Jeder Blickwinkel offenbart neue Details
Pferdekopf mit Zaumzeug

Bild: Louis Spitzer

Pferdekopf mit Zaumzeug
Louis Spitzer mit Leidenschaft bei der Arbeit

Bild: Louis Spitzer

Louis Spitzer mit Leidenschaft bei der Arbeit
Jedes Element besteht aus unzähligen Dreiecken

Bild: Louis Spitzer

Jedes Element besteht aus unzähligen Dreiecken

Compagnons du Devoir et du Tour de France

Im Jahr 2013 schloss sich Louis Spitzer den französischen Compagnons du Devoir an. Die französische Organisation hat ihre Ursprünge im Mittelalter, bietet aber auch in der Neuzeit ein breit gefächertes Ausbildungsangebot für junge Männer und Frauen an. Angehende Handwerker haben durch die mehrjährige Ausbildungs- und in vielen Fällen auch Wandergesellenzeit die Möglichkeit, ein umfassendes Wissen über ihr gewünschtes Berufsfeld zu erwerben. In einigen Aspekten ähnelt die Compagnonnage dem deutschen Brauch der Wandergesellen, weist aber in ihrer Ausbildungsform und in den Regelungen auch deutliche Unterschiede auf.

Während der Tour de France, die in keinerlei Verbindung zum Radsportevent steht, leben die Compagnons an verschiedenen Orten in Frankreich, aber auch im Ausland, um möglichst viele Erfahrungen zu sammeln. So umfasste Louis Spitzers Tour unter anderem schon Orte wie La Rochelle, Annecy, Bordeaux und Wiesen bei Ster­zing in Südtirol.

Gekrönt wird die mehrjährige Lehrphase mit einem Abschlussprojekt. Dieses ist vom Umfang nur schwer mit deutschen Meisterprüfungsprojekten zu vergleichen. Nach der erfolgreichen Abschlussarbeit reisen die Compagnons meist drei weitere Jahre, um sich zum Schluss an einem frei wählbaren Ort niederzulassen und ausbilden zu dürfen.

Zahlengigant

In nackten Zahlen ist die Statur von Reiter und Pferd vom Kopf bis zum Schweif 1,97 m lang, von den Hufen bis zur Helmspitze 1,90 m hoch und an der breitesten Stelle etwa 0,84 m breit. Als Materialien kamen Kupfer für den Korpus des Pferdes und den Körper Barbarossas, Zink für die Rüstung und den Helm und Messing für einige Details und den Rossharnisch zum Einsatz. Die Figur besteht aus 1100 Einzelteilen, die wiederum im Schnitt aus sechs bis acht Dreiecksflächen zusammengesetzt sind. Die einzelnen Teile wurden durch innen liegende Lötnähte miteinander verbunden. Zur zusätzlichen Stabilität wurden die Körper von innen verstärkt. Zum Abschluss bekam die Statur eine gebürstete Optik. Die Arbeitszeit bei diesem Projekt betrug rund 1600 Stunden.

Um mit den vielen Einzelteilen nicht durcheinanderzukommen, hat Spitzer eine Einteilung in Sektionen vorgenommen und jedes Teil zur besseren Zuordnung nummeriert. Was passiert, wenn doch ein Kleinteil verloren geht? „Das ist dann schon ein bisschen ärgerlich“, meint der Elsässer mit einem Lächeln auf den Lippen.

Tradition trifft auf moderne Technik

Hatte der Künstler, aus dessen Hand die ursprüngliche Bronzestatue stammt, nur Stift und Papier zur Verfügung, um das Werk zu entwerfen, kann das Ganze heute weitaus moderner am Computer dargestellt werden. „Um die Statue mit der Software zu modellieren, habe ich verschiedene Fotos und Skizzen verwendet, um dem Original des Pferdes und Friedrich Barbarossas so nah wie möglich zu kommen,“ weiß Spitzer zu berichten. Im Anschluss nutzte er eine Pepakura-Software, die sonst zur Erstellung von Papiermodellen verwendet wird. Anschließend wurden alle Teile mit einem Plotter ausgedruckt und auf das Metall übertragen.

Wettbewerbsteilnahme

Aufmerksame Leserinnen und Leser kennen das Stück schon aus dem beliebten BAUMETALL-Leserwettbewerb „Meisterstück des Jahres 2021“. In den vergangenen Jahren konnten dort immer wieder Arbeiten bewundert werden, die nicht im klassischen deutschen Meistersystem entstanden sind, aber trotzdem den hohen Ansprüchen der Fachjury standhalten konnten. Die Barbarossa-Statue ist ohne Zweifel ein solches herausragendes Exemplar.

Die Gewinner des Wettbewerbes werden übrigens am 5. Juli 2022 auf dem Messestand der BAUMETALL bei der diesjährigen Dach + Holz International bekannt gegeben. Einen spannenden ersten Eindruck zum Leserwettbewerb rund um die beliebtesten Meisterstücke ermöglichte BAUMETALL in Ausgabe 08/2021 – genauer gesagt im Fachbeitrag „Meisterzauber“ sowie auf der BAUMETALL-­Website, wo noch mehr Impressionen des Projektes zu finden sind.

Kaiser Barbarossa mit Helm

Bild: Louis Spitzer

Kaiser Barbarossa mit Helm
Moderne Computertechnik mach 3D-Modellierung möglich

Bild: Louis Spitzer

Moderne Computertechnik mach 3D-Modellierung möglich

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