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Erker mit Schwung

Der als Hadyn-Villa bekannte Bau im Herzen von Markt Schwaben stammt aus dem Jahr 1912. Er stand jahrelang leer, war mit Efeu überwuchert und bot infolge der Vernachlässigung einen traurigen Anblick, bis sich Martin und Matthias Haydn entschlossen, das stattliche Bauwerk sanieren zu lassen. In siebter und achter Generation führen die beiden gemeinsam den Familienbetrieb J. B. Haydn GmbH & Co. KG, die Eigentümerin der Villa.

Um die Villa, die vier Generationen der Familie als Zuhause gedient hatte, wieder originalgetreu herzurichten, wurden alte Fotos und Pläne aus dem Firmenarchiv herangezogen. Bei dem ehrgeizigen Projekt haben die Eigentümer weder Kosten noch Mühen gescheut. So wurden fast alle Fenster gemäß dem Originalvorbild nachgebaut – inklusive stilechter Verglasung mit mundgeblasenem Restaurationsglas!

Zukunftsfähiger Denkmalschutz

Ziel war, das Gebäude für die nächsten 100 Jahre fit zu machen, um es sinnvoll nutzen zu können – bei einer Wohnfläche von mehr als 430 m² zuzüglich ca. 150 m² Nutz- und Nebenfläche kein einfaches Unterfangen. Es galt, die Anforderungen des Denkmalschutzes mit einem tragfähigen energetischen Konzept in Einklang zu bringen. Da nach der Sanierung Mieter gefunden werden mussten, war es wichtig, das Gebäude in Zeiten ständig steigender Energiepreise wirtschaftlich nutzbar zu machen.

Für die Umsetzung brauchte man gute Handwerker, die mit der Sanierung denkmalgeschützter Gebäude langjährige Erfahrung hatten. Teil des Teams war auch der Spenglerfachbetrieb Rocco Lorenz aus Ottobrunn, der die Sanierung eines Erkerdachs an der Nord-Ost-Ecke der Villa übernahm.

Besser Kupfer als Schiefer

Der Erker mit drei Fenstern befindet sich im Erdgeschoss. Sein Dach weist eine eigentümliche Geometrie in Form einer geviertelten Zwiebel auf. Die ursprüngliche Eindeckung bestand vermutlich aus Schiefer oder Schindeln. Lange scheint diese Dachdeckung allerdings nicht gehalten zu haben. Wie alte Fotos zeigen, waren die Schindeln bereits 1940 verschwunden und durch ein dunkles, glattes Material ersetzt worden, vermutlich Blech.

Nachdem die alte Bedachung des Erkers abgerissen war, kam unter dem verzinkten Stahlblech eine fragwürdig zusammengenagelte Holz-Unterkonstruktion zum Vorschein, die auch erneuert werden musste. Hier waren zunächst die Zimmerer gefordert, die die erforderlichen Holzelemente in die geschwungene Form brachten. Auf diese Unterkonstruktion wurden von Spengler Lorenz dann die Scharen aus Kupferblech angepasst. Dafür wurden die Kupfertafeln zugeschnitten und die Längskanten abgekantet. Durch Strecken und Stauchen dieser Abkantungen mit einem Spezialwerkzeug von Eckhold wurden die Stehfalzscharen an die Rundung der Holzkonstruktion angepasst.

Zentimeter für Zentimeter Handwerkskunst

Die verzwicktesten Stellen sind die Grate, wo die spitz zulaufenden Randstücke aneinanderstoßen. Da die Schnittkanten nicht gerade, sondern S-förmig waren, mussten sie Stück für Stück abgekantet und dann gestaucht bzw. gestreckt werden. Diese zeitaufwendige Arbeit setzt viel Können und Geschick voraus. Nachdem alle Teile angepasst und befestigt waren, wurden die Aufkantungen schließlich zu Stehfalzen umgefalzt. Aufgrund der besonderen Form des Erkerdachs musste die Falze mühsam Zentimeter für Zentimeter mit Hammer und Schaleisen ausgeformt werden. Außerdem achteten die Spengler darauf, dass die empfindlichen Kupferoberflächen nicht von den Werkzeugen verbeult wurden. Im Vergleich zu ebenen Stehfalzbedachungen war diese Eindeckung folglich mit einem ungleich höheren Aufwand verbunden, aber der hat sich nicht nur für den Erker gelohnt: Aus dem Mauerblümchen ist ein Schmuckstück geworden und heute ist in der entsprechend umgebauten Villa ein Kindergarten untergebracht. Um einer modernen Nutzung gerecht zu werden und alle Etagen barrierefrei zugänglich zu machen, wurde auf der Westseite sogar ein Aufzug angefügt. Jetzt ist das Gebäude laut Bürgermeister Georg Hohmann wieder eine „Perle im Ortszentrum“. Wie einst steht sie für den Erfolg der Unternehmerfamilie Haydn, die bereits 1763 die heute noch existierende Baufirma gründete.

Quelle: www.haydn-villa.de

Bautafel

Projekt: Eindeckung eines Erkerdachs im Rahmen der Sanierung einer historischen Villa in Markt Schwaben, Baujahr 1912

Bauherr: Haydn GmbH & Co. KG

Architektur: Sebastian Kruppa, Geraldine Frisch, Kruppa Architekten

Spenglerarbeiten: Spengler/Dachdecker Rocco Lorenz, Ottobrunn

Material: Kupfer, walzblank

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