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Kirchenfenster mit Walzblei ­verwahren

Sicher und schmuckvoll

Die Sanierung historischer Kirchenfenster drängt. Sonne, Wind und Regen hinterlassen mit der Zeit Spuren. Noch schneller und stärker greifen Abgase und saurer Regen die Glasmalereien an. Viele Kirchenfenster sind akut von Oberflächenkorrosion und Verbräunung bedroht. Wie stark die Schädigungen sind, hängt maßgeblich vom Objektzustand und Standort ab. Der Erhalt von Kirchenfenstern stellt hohe planerische und handwerkliche Anforderungen. Die Bausituation ist speziell: Einerseits sind Kirchenfenster Teil der Gebäudehülle und schützen den Innenraum, andererseits sind sie Kunstgüter, die selbst einen besonderen Schutz brauchen. Zudem stellt der Denkmalschutz hohe Anforderungen an die Verarbeitung.

Der Werkstoff Walzblei übernimmt bei der Sanierung von Kirchenfenstern eine wichtige Aufgabe. Glasmalereien bilden mit den angrenzenden Mauerelementen eine Einheit. Nur wenn die Fassade zuverlässig vor Witterungs- und Umwelteinflüssen verwahrt ist, kann der Schutz von Kirchenfenstern dauerhaft gewährleistet werden. Mit Walzblei werden Fensterbänke, Stützen und Säulen passgenau eingefasst und Mauerwerksfugen zuverlässig abgedichtet. So werden Kirchenfenster und Fassade von Grund auf saniert und Schäden langfristig vermieden. Wartungsarbeiten sind in der Regel für Jahrzehnte nicht mehr notwendig.

Dauerhafter Schutz

Wie lässt sich dem schleichenden Zerfall von historischen Kirchenfenstern entgegenwirken? Seit Mitte des 20. Jahrhunderts werden Bleiverglasungen verstärkt mit einer zusätzlichen Außenschutzverglasung ausgestattet. Die Dombauhütte montiert etwa 6 mm dicke Glasplatten in einem Abstand zwischen 7 und 10 cm vor die Bleiverglasung. Nach Möglichkeit wird hierfür die vorhandene Befestigungskonstruktion genutzt. Bei der Glasplatte handelt es sich in der Regel um zweischeibiges Verbundglas, das zum Teil entspiegelt ist und je nach Lage des Kirchenfensters auch über einen UV-Schutz verfügt. Parallel wird oft die Bleiverglasung von der eigenen Glasmalerei-Werkstatt überprüft und gezielt überarbeitet. Defekte Stücke werden ausgetauscht und bei Bedarf wird auch das Bleinetz erneuert. Zusätzlicher Vorteil von Schutzverglasungen: Sie bewahren vor mutwilliger Zerstörung etwa durch Steinwurf. Statt aufwendigen Reparaturarbeiten an der Bleiverglasung ist nur eine Glasscheibe auszutauschen.

Mit der Schutzverglasung werden Schädigungen an Kirchenfenstern eingedämmt, ein Fortschreiten der klimatischen Schädigungen kann allerdings nicht verhindert werden. Um einen dauerhaften Schutz zu gewährleisten, ist der Feuchteausgleich von entscheidender Bedeutung. Es muss einerseits verhindert werden, dass Regen- oder Tauwasser eintritt. Andererseits muss gewährleistet sein, dass auftretendes Kondenswasser nach außen entweichen kann.

Witterungseinflüsse machen dem Kölner Dom in vielfacher Hinsicht zu schaffen. „Wind und Wetter greifen das Mauerwerk an und verursachen feine Risse, durch die Feuchtigkeit eindringen kann“, sagt Hans Tanzyna, Kolonnenführer der Dachdecker am Kölner Dom. „Aufgrund ihrer exponierten Lage sind die Fensterbänke der Glasmalereien besonders anfällig für Feuchtigkeitsschäden.“ Zudem saugt sich der Gussasphalt in den Fugen leicht mit Regenwasser voll. Als Gegenmaßnahme deckt die Dombauhütte äußere Fensterbänke mehr und mehr mit Bleiblechen ab. Walzblei schont die Bausubstanz: Das Baumetall ist leicht verformbar und schmiegt sich förmlich an das Mauerwerk an. Das Verlegen übt kaum Druck auf den Untergrund aus. Auch auf aufwendige Befestigungen kann verzichtet werden.

Handwerkliches Geschick gefragt

Kein Domfenster ist so wie das andere: Die Breite kann um bis zu 5 cm variieren. Die Bleischare werden so bemaßt, dass optisch ein gleichmäßiges Gesamtbild entsteht. Die Bleibleche werden mit einfach liegenden Falzen verbunden. Sie werden zu beiden Seiten des Fensters fortgeführt, um angrenzende Säulen und Gesimse zu umkleiden. An den Laibungsseiten werden die Bleiabdeckungen aufgekantet. Nach Möglichkeit wird die Aufkantung durch einen Überhangstreifen abgedeckt und in einer vorhandenen Fuge befestigt. Neue Bohrungen im Mauerwerk verbieten sich aus Gründen des Denkmalschutzes. In diesen Fällen wird die Versiegelung mit Bleiwolle vorgenommen. Am unteren Ende der Bleibleche wird eine ca. 5 cm hohe Kante angebracht. Die Kante schließt exakt mit dem Boden ab, sodass der Wind keine Angriffsfläche hat.

Die Anschlusssituationen an den Kirchenfenstern sind vielfältig. Vor neuen Ausführungen begutachtet Tanzyna oft vergleichbare bestehende Bleianschlüsse am Dom. „Ich versuche abzulesen, mit welcher Technik die Handwerker vor 100 Jahren erfolgreich waren.“ Vor allem die Einkleidung der Säulen erfordert Fingerspitzengefühl. Die Handwerker müssen das Bleiblech um zahlreiche Details und Ornamente formen. Direkte Verbindungen werden grundsätzlich im Bleischweißverfahren ausgeführt. Die Nähte verzieren die Handwerker mit kunstvoll geformten Schweißpunkten. Um eine Fensterbank von rund 5 m Breite und etwa 90 cm Tiefe mit angrenzenden Säulen zu verwahren, sind etwa 500 kg Walzblei notwendig.

Ausgeklügelte Belüftung

Aufkommendes Kondenswasser ist für Kirchen wie den Kölner Dom eine besondere Herausforderung. Rund 20000 Menschen besuchen die Kölner Kathedrale täglich. „Der ausgeatmete Wasserdampf der Besucher lässt die Luftfeuchtigkeit im Innenraum enorm ansteigen“, sagt Dombau-Ingenieur Dr. Schumacher. Je höher die Luftfeuchtigkeit und die Differenz zwischen Innen- und Außentemperatur sind, desto mehr Kondenswasser bildet sich. Die Feuchtigkeit kann dann die historischen Kirchenfenster und das angrenzende Mauerwerk schädigen. „Von entscheidender Bedeutung ist eine ausreichende Luftzirkulation zwischen Bleiverglasung und Schutzglas sowie zwischen Außen- und Innenraum“, so Dr. Schumacher. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts wurden in die Fensterbänke vieler Domfenster kleine Ablaufrohre eingelassen. Über die Rohre sollte das Kondenswasser entweichen. Diese Lösung erwies sich über die Jahre als nicht ganz optimal. Die Rohre waren schnell beschädigt oder verstopft. Zudem konnte das Eindringen von Regenwasser nicht völlig verhindert werden.

Heute gibt es in der Praxis ganz unterschiedliche Systeme. Oft werden im Innenraum unter- und oberhalb der Bleiverglasungen Lüftungsschlitze angebracht. Durch die Öffnungen kann die Luft zirkulieren und der Bildung von Kondenswasser vorgebeugt werden. Zusätzlich muss nach außen hin für einen Feuchteausgleich gesorgt werden. Bewährt hat sich vor allem folgende Lösung: Die Bleideckung an der Fensterbank wird unter der Schutzverglasung nach innen bis zur Bleiverglasung weitergeführt. Zwischen den Abdeckungen der Schutzverglasung und der Fensterbank wird ein Schlitz von rund 3 mm Höhe frei gelassen. Das Kondenswasser, das am Fenster nach unten läuft, wird in einer Art Rinne aufgefangen und kann nach außen abfließen.

Eine ähnliche Technik kommt auch bei modernen Kirchenfenstern zum Einsatz, die ohne zusätzliche Schutzverglasung auskommen. Hier ist bereits im Originalfenster eine schützende Glasschicht integriert. So auch beim Richter-Fenster am Kölner Dom. In diesem Fall wurde ein Lüftungsschlitz von innen nach außen vorgesehen. Der Schlitz wurde unterhalb des Fensters, 2 mm hoch, angebracht und sorgt für einen stetigen Feuchteausgleich. „Wir haben die Belüftungsproblematik frühzeitig erkannt und die Methoden mit der Zeit stetig verbessert“, sagt Dombau-Ingenieur Dr. Schumacher nicht ohne Stolz.

Fazit

Die Restaurierung von Glasmalereien ist zu aufwendig, als dass sie immer aufs Neue erfolgen sollte. Mit einer witterungsbeständigen Fensterbank und einer zuverlässigen Belüftung erhalten Kirchenfenster einen wirksamen Rundum-Schutz. So sind sie vor schadhaften Einflüssen bewahrt und bleiben für die Nachwelt dauerhaft erhalten.

AUTOR: thomas Koch

BAUTAFEL

Projekt: Instandsetzung und Erhalt von historischen Kirchenfenstern

Bauherr: Hohe Domkirche in Köln

Material: RAL-geschütztes Saturnblei, Bleiwolle, Patinieröl

Verarbeiter: Dombauhütte des Kölner Doms

Hersteller: Gütegemeinschaft Saturnblei e.V., Krefeld, https://saturnblei.de

Bildquelle: © Saturnblei

Online-Extra

Hintergrund

Das Online-Extra befasst such u. a. mit den Anfängen der Glasmalerei. https://www.baumetall.de/baumetall-live/extras

Autor

Thomas Koch

Fachautor der Agentur conovo ­media in Köln, zuständig für die Themen ­Immobilien, Bauen, Wohnen.

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