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Perfekte Welle

Bilbo Beutlin aus dem Auenland hätte bestimmt seine helle Freude gehabt an dem bunten Haus mit dem wellenförmigen Dach, den runden Außenwänden und den hervorstehenden Bullaugenfenstern. Doch der Neubau wurde nicht für Hobbits gebaut – vielmehr erweitert er einen bestehenden kirchlichen Kindergarten im Zentrum von Prag. Im Süden grenzt das Grundstück an den Letna-Park, eine weitläufige Parkanlage. Die Wohnbebauung im Norden und Osten stammt überwiegend aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts und weist die für die Gründerzeit typische Fassadengestaltung auf. Im Westen befindet sich der bestehende Kindergartentrakt, der als schmuckloser Stahlbetonskelettbau in den 1970er-Jahren errichtet wurde. In dieser heterogenen städtebaulichen Umgebung wollten die Architekten František Prajer und Ji

Vasiluk vom Prager Architekturbüro Proarch Ltd. etwas Ausgefallenes entwickeln, das seinen kleinen Nutzern Geborgenheit und zugleich Raum für Entfaltung bietet.

Auf einer Grundfläche von rund 540 m² bietet der Neubau, der auch vom zuständigen Nationalen Denkmalschutzamt genehmigt werden musste, zwei Gruppen mit jeweils 28 Kindern Platz. Jede Gruppe hat einen separaten Eingang mit Garderobe, außerdem eigene Wasch- und Sanitärräume, einen ca. 63 m² großen Bewegungsraum mit Spielpodesten und Rutsche, einen etwa 48 m² großen Gruppenraum sowie einen knapp 40 m² großen Werk- und Bastelraum. Das Gefälle des Geländes nutzten die Planer dazu, den Erweiterungsbau in einem Teilbereich mit einem Untergeschoss für Lagerräume auszustatten. Eine erst während der Bauzeit entdeckte Herausforderung bildeten neun unterirdische, bis zu 4,50 m hohe Kreuzgewölbe, die aufgrund der Forderungen des Denkmalschutzes erhalten bleiben mussten. Die Anbindung an den Bestand erfolgt über einen verglasten Verbindungsgang. Er ist in der Mitte des Neubaus angeordnet und führt über einen zentralen Erschließungsraum zu den beiden Gruppenbereichen sowie zur Treppe in den Keller.

Unterkonstruktion aus Stahl und Holz

Das Kellergeschoss wurde in Stahlbetonbauweise, das Erdgeschoss in Stahlbeton als Stahlskelett mit Wänden aus Porenbeton errichtet und die Fassade als vorgehängte, hinterlüftete Fassade ausgeführt. Die Strukturen des wellenförmigen Daches und der beiden zylindrisch gebogenen Außenwände erinnern an Konstruktionen aus dem Schiffsbau. Die Grundkonstruktion des größtenteils überkragenden Daches besteht aus einem in Nord-Süd-Richtung orientierten, wellenförmigen Stahlrahmen, auf den in Ost-West-Richtung Leimholzbinder (16 x 24 cm) montiert wurden. An und zwischen die Leimholzbinder wurden Dachlatten (4 x 6 cm) geschraubt. So entstand ein Gitter, das zum einen der Aussteifung, zum anderen als Unterkonstruktion für Dämmung und Decke sowie für den Aufbau der Dachabdichtung dient. An den Gebäudeenden teilen sich die Wellen: Die eine Hälfte schützt als Vordach den Eingangsbereich, die andere Hälfte rollt sich zu einem Zylinder zusammen. Diese runden Außenfassaden bestehen aus Leimholzbindern, die wie die Spanten eines Schiffes gebogen und durch waagerechte Verstrebungen verbunden sowie durch Querverstrebungen stabilisiert sind. Für die äußere Beplankung kamen sowohl beim Dach als auch bei den runden Außenfassaden Holzschalbretter zum Einsatz.

Gut formbare und pflegeleichte Bekleidung

Als Dach- und Fassadenmaterial wählten die Architekten Titanzink der Firma Rheinzink GmbH – aus mehreren Gründen:

  • Es lässt sich leicht und dennoch stabil an die Wellen des Daches und ihre zylindrisch geformten Ausläufer im Norden und Süden anpassen.
  • Bedachungen, Fassadengestaltungen und Dachentwässerungsprodukte aus Titanzink weisen eine Lebensdauer von mehr als 75 Jahren auf und benötigen in dieser Zeit im Regelfall keine Pflege, keine Wartung und keine Reinigung.
  • Das Material besitzt eine natürliche Ausstrahlung, die über die gesamte Nutzungsdauer erhalten bleibt.

Die Profile in der Qualität Rheinzink-prePatina blaugrau wurden in zwei unterschiedlichen Techniken verlegt – auf dem Dach in Doppelstehfalz- und bei der Attika sowie den Fenstereinrahmungen in Winkelstehfalztechnik. Dafür sprachen in erster Linie technische Gründe. Der Doppelstehfalz wird üblicherweise bei Dachneigungen ab 3°  eingesetzt. Er eignet sich aber ebenso für konkave und konvexe Formen und ist ohne zusätzliche Maßnahmen regensicher. Diese Eigenschaft ist beim Kindergartenanbau in Prag insbesondere im unteren Bereich der beiden Zylinder von Vorteil. Aus gestalterischer Sicht unterstreicht der Doppelstehfalz mit seinen feinen Linien die Wellen des Daches und ihre zylindrischen Rundungen.

Der Winkelstehfalz wird in der Regel bei Flächen mit einer Neigung von  25° eingesetzt. Dazu zählen z.B. Brüstungen, Mansardschrägen und Fassaden-bekleidungen ebenso wie die Attiken und Fensterumrandungen beim Kindergarten in Prag. Die mit dieser Technik eingedeckten senkrechten Flächen stehen mit ihren etwas breiteren Falzen im Kontrast zum wellenförmigen Dach. Außerdem werfen sie in Abhängigkeit von Tageszeit und Lichteinfall größere Schatten und betonen im Bereich der Attika die Dachwellen.

Verarbeitung vor Ort

Die Bekleidung erfolgte mit 0,7 mm starkem Titanzink, das in 57 cm breiten Coils angeliefert und vom Verarbeiter, der Abisko s.r.o., überwiegend vor Ort zugeschnitten, gekantet und montiert wurde. Lediglich einige spezielle Details sind in der Werkstatt vorgefertigt worden. Auf die ganzflächig verlegte Holzschalung wurden zunächst eine Bitumenbahn als Montagedeckung und eine Strukturmatte AIR-Z zur Geräuschdämmung verlegt. Darauf wurden die Schare befestigt. Da die Dachwellen gleichmäßig verlaufen, war es möglich, sie in Segmente zu unterteilen und die Schare mit einer Rundbiegemaschine dem vorgegebenen Radius der Rundung anzupassen. Die Befestigung erfolgte mit Fest- und Schiebehaften. Spezielle Herausforderungen bildeten die Herstellung der Attika und die Bekleidung der Bullaugen, denn die Profile mussten konisch zugeschnitten und gekantet werden. Die umlaufende Wange wurde mit Glattblechen in Einhangfalztechnik erstellt und ebenfalls seitlich an die Dachrundung angeschlossen. Rund 390 m² Titanzink wurden für Dach, Attiken und Fenster verarbeitet. Mit seiner schwungvollen Architektur setzt der Neubau einen farbenfrohen Akzent im Zentrum von Prag.

www.rheinzink.de

Anspruchsvolles Detail: Bullauge mit konisch zugeschnittenen Scharen inklusive Anschluss an die gewölbte Wand Farbenfrohe Kombination von Putz und Metall

Bautafel

Objekt: Kindergarten im Zentrum von Prag, Tschechien

Bauherr: M

Praha 7, Prag

Architekten: Proarch s.r.o., František Prajer und Ji

Vasiluk, CSc, Prag

Fachbetrieb: Abisko s.r.o. Rakovník, Tschechien

Material: 3 t / 390 m2 Rheinzink-prePatina blaugrau

Ausführung: Doppel- und Winkelstehfalztechnik

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