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Noch ein Kreuz für Aleșd

Knapp 1300 km liegen zwischen Stuttgart und Aleșd, einem 10 000-Seelen-Ort im Nordwesten Rumäniens, unweit der ungarischen Grenze. Was treibt zehn junge Klempner dazu, den weiten Weg in diese eher ärmliche und abgelegene Gegend zurückzulegen? Es geht zwar in den Süden, aber nicht etwa zu Sonnenbaden und Party, sondern um das baufällige Dach einer Krone auf einer Schule zu sanieren. Ihre Motivation: das in der Ausbildung gelernte Können und Wissen in einem gemeinsamen Projekt anzuwenden und gleichzeitig Gutes zu tun.

Die Initiative zu dieser Klempner-Hilfsaktion kam von Hans-Peter Rösch, Abteilungsleiter an der Stuttgarter Robert-Mayer-Schule. Dessen Mutter ist Mitglied eines Vereins, der eine Partnerschaft zwischen Villingen-Schwenningen und der nahen Kreishauptstadt Oradea pflegt und den Kontakt herstellte.

50 Jahre lang vernachlässigte Bausubstanz

Am 2. September 2018 am frühen Morgen starten die angehenden Klempnermeister zusammen mit Praxislehrer Daniel Wagner in zwei VW-Bussen. Mit auf die Reise geht ein Anhänger mit Gerüstmaterial, Blech, Werkzeug und Maschinen, darunter auch eine 2 m lange Schwenkbiegemaschine zum Kanten der Blechprofile. Das Blech hatte die Firma Haushaut für solche Zwecke zur Verfügung gestellt, Hafte, Schrauben und Kleinmaterialien waren eine Spende des Handelshauses Barth in Renningen. Die Fahrtkosten übernahm die Schule in Rumänien.

In Aleșd werden sie von Pfarrer Peter empfangen. Hier ist offensichtlich, wie dringend notwendig die Sanierung ist: Die Schulgebäude wurden unter dem totalitären Regime Ceauescus enteignet, nun kauft die Kirche sie wieder zurück – mehr oder weniger als Ruinen, denn in den mehr als 50 dazwischenliegenden Jahren ist daran nichts gemacht worden. In diesen baufälligen Gemäuern werden die Kinder unterrichtet und auch immer mehr Internatsschüler untergebracht.

Improvisiert und trotzdem professionell

Auch die Stuttgarter Klempner wurden im Internat beherbergt und verköstigt. Sie leben mitten unter den Kindern, die nicht schlecht staunen, was die deutschen Handwerker so alles bewegen. Die machten sich tatkräftig an die Sanierung des Daches auf einem halbrunden, erkerartigen Gebäudeteil, das eine einst wunderschöne, heute aber ziemlich heruntergekommene 7 m große Krone schmückt. Wasser und Frost hatten die Bausubstanz schwer angegriffen und das Dach war abbruchreif.

Die Ausführung erfolgte unter erschwerten Bedingungen: Da nur ungenaue Baupläne und wenige Fotos vorlagen, war eine detaillierte Vorbereitung nicht möglich. Hinzu kam, dass vor Ort kein Gerüstbaumaterial zur Verfügung stand und das Dach nur provisorisch eingerüstet werden konnte. Balken hatte Pfarrer Peter schon bereitgelegt und aus den mitgebrachten 28 mm stabilen Seekieferplatten wurde eine komplett neue Unterkonstruktion errichtet.

In dem kleinen Ort machte die Neuigkeit, dass deutsche Handwerker angereist waren, schnell die Runde und mehrmals werden die künftigen Meister um kleinere Reparaturarbeiten an anderen Dächern gebeten. Von Erholung konnte also keine Rede sein. Die Truppe arbeitete jeden Tag von den frühen Morgenstunden bis zum Einbruch – auch den ganzen Samstag und Sonntag, denn die Zeit drängte. In dieser Gegend kurz vor den Karpaten kann es spät im Jahr empfindlich kalt werden. Daher wollten die Stuttgarter am 14. September wieder zu Hause sein.

Die Krönung: ein koptisches Kreuz

Schon bald stellte sich heraus: Wenn zehn angehende Meister zusammen anpacken, ist der Baustellenfortschritt immens. Zudem hatten viele Meisterschüler bereits Erfahrung mit Dächern dieser Kategorie, was dazu beitrug, dass die Klempnerarbeiten reibungslos und professionell vonstattengingen. Nachdem die Unterkonstruktion vorbereitet war, ging es an die Montage der Scharen samt dazugehöriger Falzarbeiten. Dabei leistete eine eigens mitgebrachte Profilieranlage wertvolle Dienste.

Nach Fertigstellung des Daches waren die Arbeiten noch nicht ganz abgeschlossen. Denn Pfarrer Peters Herzenswunsch war, wieder ein koptisches Kreuz oben auf der Krone zu haben. Und da Klempner auch Bauornamente herstellen können, wurde ihm dieser Wunsch erfüllt (übrigens schon zum zweiten Mal, siehe Infokasten). Das Kreuz grenzte schon fast an ein Meisterstück – und erinnerte die Schüler daran, dass der Vorschlag für ihr eigenes Meisterstück bis zum 10. Oktober 2018 der Prüfungskommision vorliegen musste!

Einmal mehr wurde deutlich, wie angehende Meister von einem solchen Einsatz profitieren: Die gemeinsame Ausführung des Auftrags stärkt den Teamgeist und die Fähigkeit, logistische und technische Probleme auch unter ungünstigen Bedingungen vor Ort zu lösen.

Meisterschüler als Wiederholungstäter

Die Robert-Mayer-Schule in Stuttgart ist eine Schule für Installations- und Metallbautechnik. Sie hat in Fachkreisen einen guten Ruf. Speziell ihre Meisterschule für Klempner mit Schülern aus dem ganzen Bundesgebiet nimmt eine Spitzenposition in Deutschlands Meisterbildungseinrichtungen ein.

Bereits 2013 war eine Meisterklasse der Robert-Mayer-Schule nach Aled gereist, um dort zwei Vordächer zu sanieren und ein Kreuz aus Titanzink zu montieren. 2017 folgte ein weiterer Arbeitseinsatz in Rumänien: In Saniob wurde das Vordach einer Schule saniert. BAUMETALL berichtete darüber in Ausgabe 1/2014 (Das Kreuz von Aled) bzw. in Ausgabe 2/2018 (Auslandsauftrag für RMS: Holz und Dach).

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