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Techniken der Zinkbedachung im 19. Jahrhundert — Teil 2

Zink-Zeitreise Teil 2

Dabei reicht die Palette von der Rinnendeckungen über diverse Schindeltechniken bis hin zu den ersten Profiltafeln.

Rinnendeckung

Eine sehr interessante, wenn auch aufwendige, handwerkliche Technik des 19. Jahrhunderts ist die Rinnendeckung (Abb. 13). Diese Methode wurde für sehr flach geneigte Flächen, wie beispielsweise Terrassen und Balkone, eingesetzt. Stehende Falze, Rollen oder Leisten waren hier aufgrund der durch sie entstehenden Stolpergefahr für eine Begehbarkeit hinderlich.Für diese Technik, welche so gut wie kein Gefälle benötigte, wurden Tafeln in der damaligen Dickenangabe 15 bis 17 verwendet, was 0,95 bis 1,21 mm entspricht. Je zwei von ihnen wurden zunächst an ihrer Längsseite aneinander gelötet, und dann über kleinen Kastenrinnen mittels Wulsten befestigt. In die Rinnen wurden anschließend Blechstreifen, die so genannten Fugenschließer, eingehängt um ein Verstopfen durch Staub und Schnee zu vermeiden. Die etwa 45 x 45 mm großen, tiefer liegenden Rinnen erforderten eine entsprechende Aussparung in der Holzschalung. Dies machte die Unterkonstruktion sehr aufwendig. (Abb. 1)

Ein bereits frühzeitig bei Zinkdächern beobachtetes Problem war die Korrosion des Metalls infolge des permanenten Einwirkens von Wasser, z.B. bei feuchten und schlecht hinterlüfteten Holzschalungen. Als Lösung wurde vermutlich erstmals in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts ein industrielles System mit Wellblechen ausgeführt. Eine tragende Schalung war aufgrund der Blechform nicht mehr erforderlich (Abb. 2). Dadurch vergrößerte sich auch die statische Höhe und die Elemente wurden selbsttragend. Für den Zweck der Vergrößerung der statischen Höhe stand auch eine Reihe von Sonder­formen, wie bspw. kannelierte Bleche, zur Verfügung.

Eine Vielzahl verschiedener Wellenformen und Größen wurden industriell vorgefertigt, wobei auch bereits gebogene (bombierte) Profile für die Ausführung von Dächern in Tonnenform angeboten wurden. Die benutzen Profile waren in größeren Dimensionen bis zu 1,60 x 3 m erhältlich. Die Befestigung der Wellprofile mit angelöteten Ösen an der Unterseite war bereits ab Werk vorbereitet und eine weitere Bearbeitung auf der Baustelle nicht mehr erforderlich. Die Querverbindung der Bauteile erfolgte über eine einfache Überlappung. Die seitliche Verbindung erfolgte ebenfalls mittels einer Überlappung oder über eine Holzleiste wie bei Leistendeckungen.

Aus heutiger Sicht haben Wellbleche industriellen Charakter und werden deshalb eher zur Bedachung einfacherer Gebäude, etwa Hallen, benutzt. Im 19. Jahrhundert wurde diese Technik aber auch für gesellschaftlich wichtige Gebäude wie z.B. das Dresdener Hoftheater eingesetzt.

System Baillot

Eine weitere Bedachungstechnik, mit industriell vorgefertigten Elementen ist das so genannte System Baillot (Abb. 3). Ab wann genau diese Methode benutzt wurde ist nicht genau zu bestimmen, jedoch wird sie in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts beschrieben.

Bei dieser Technik wurden, ähnlich einem heutigen Trapezprofil, vorprofilierte Tafeln mit 1 m Länge und 94 cm Breite auf einer Holzschalung verlegt. Alternativ konnte man auch eine Sparschalung wählen. Die Profiltafeln selbst wurden jeweils an ihrer Oberseite durch Nägel auf der Schalung befestigt.

Die Querverbindung der Tafeln erfolgte durch eine einfache Überlappung. Für die seitliche Verbindung wurde jeweils ein Teil über das andere gelegt, ähnlich wie dies bei Wellblechen erfolgte.

Nicht nur die bereits vorprofilierten und mit Haften versehenen Profile waren erhältlich, auch Zubehörartikel wie Abdeckkappen im Firstbereich wurden angeboten (Abb. 4).

Rauten, Schuppenbleche und Schindeln

Die zuvor beschriebenen Arten der Eindeckung wurden zum Teil als eintönig und steril empfunden. Eine Lösung boten hier die kleinformatigen Rautensysteme (Abb. 5). Diese Technik basiert zwar auf der handwerklichen Grundlage des Falzens, jedoch wurden Rauten im 19. Jahrhundert vor allem industriell gefertigt. Genau wie bei Wellblechen waren auch hier notwendige Hafte und Falze schon ab Werk angebracht.

Es wurde eine Vielzahl unterschiedlicher Größen und Formen angeboten. So gab es quadratische und sechseckige Rauten, Spitzrauten, Schuppenformen sowie Rauten mit eingeprägten Mustern.

Befestigt wurden die Elemente mittels der bereits angebrachten Hafte entweder auf einer Schalung oder einer Lattung. Die Verbindung untereinander erfolgte durch Einhängen in den seitlich angebrachten Falzen. Um Eindringen von Wasser zu verhindern, war deshalb eine erhebliche Mindestneigung notwendig.

Die Bedachung mit Schuppenblechen erfolgte vergleichbar der mit Rauten beschriebenen Methode (Abb. 18). Die einzelnen Elemente wurden jedoch nicht über Hafte ineinander gehängt, sondern über Haken und Ösen miteinander befestigt. Im unteren Bereich waren die Keile in Form mehrerer Schuppen zugeschnitten. Diese ergaben nun übereinander gehängt das Bild einer aus vielen kleinen Elementen zusammengesetzten Dachfläche.

Eine äußerlich sehr ähnliche Form der Bedachung konnte mit Schindeln oder Metallziegeln erreicht werden, welche jedoch wenig Verbreitung fand. Anders als bei Rauten wurden diese aber nicht durch Falze miteinander verbunden, sondern überlappten sich lediglich.

AUTOR: Dr. Knut König

AUTOR

Dr. Knut König

* Dr.-Ing. Knut König studierte in ­Dortmund Architektur. Seine bauprak­tische Erfahrung sammelte er in namhaften Architekturbüros und während seiner dreijährigen Bauleitertätigkeit in Frankreich und Deutschland. Seit 2003 ist er bei VM-Zinc in Frankreich und seit Ende 2005 in Deutschland Kommunikations­manager. 2004 begann er an der technischen Universität in Berlin mit seiner ­Dissertation „Zinkdächer im ­19. Jahrhundert“, die er 2009 erfolgreich zum ­Abschluss brachte.

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