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Ecken, Winkel und Kanten

Burg Eltz

Die weltbekannte Burg Eltz mit ihren zahlreichen an- und ineinander gebauten Burghäusern wurde über Jahre aufwendig saniert. Auf rund 1500 m2 Dachfläche erfolgten viele Detailarbeiten. Die Anforderungen an das handwerkliche Können und an den Werkstoff Walzblei waren hoch. In ihrer über 800-jährigen Geschichte wurde die Burg nie gewaltsam erobert oder zerstört. Das Baudenkmal geriet durch andere Faktoren in Gefahr: Nicht immer wurde bei An- und Umbauten die Statik ausreichend berücksichtigt. Zudem setzt die Witterung Dächern und Gemäuer stetig zu. Anfang des Jahrtausends waren die Mängel nicht mehr zu übersehen. Eine umfassende Sanierung wurde unumgänglich und nach intensiver Planung starteten 2009 die Sanierungsarbeiten. Es sollten die umfangreichsten seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts werden. Eine wichtige Rolle spielte der Werkstoff Walzblei, der an zahlreichen Nahtstellen auf den Dächern zum Einsatz kam. Mit der Dacheindeckung wurde das regional ansässige Unternehmen Harald Handwerk beauftragt. Der Dachdecker- und Klempnermeister sowie sein 20-köpfiges Team sind in der fachkundigen Sanierung von Baudenkmälern erfahren.

Bizarre Dachlandschaft

Die Dächer des beliebten Ausflugsziels sind eine Attraktion für sich. „Bei meinen Fahrten mit dem Pendelbus zur Burg bemerkte ich immer wieder erstaunte Touristen“, berichtet Harald Handwerk. „Hinter der letzten Kurve der steilen Abfahrt bietet sich ein phänomenaler Blick auf die Dächer des Bauwerks.“ Die Dachlandschaft bietet ein bizarres Bild: Steildächer, Türme und Doppeltürme stehen auf engstem Raum. Zahlreiche Gauben und Kaminköpfe in unterschiedlicher Größe säumen die Dachflächen. Die Sanierung der Dächer war für Architekten und Handwerker eine anspruchsvolle Aufgabe. Zunächst wurden im Rahmen der Zimmerarbeiten die Dachstühle saniert und die Schalung erneuert. Anschließend wurden die Hauptdachflächen mit deutschem Schiefer eingedeckt. Das Verlegen in der verwinkelten Dachlandschaft stellte eine besondere Herausforderung dar. Es galt unterschiedliche Flächen mit verschiedenen Dachneigungen einzukleiden. „An keinem anderen Objekt habe ich so verzwickte Flächen vorgefunden“, berichtet Handwerk.

Da der Einsatz von Schiefer aus technischen Gründen nicht möglich war, musste ein anderer Werkstoff gefunden werden, um die Verbindungen fachgerecht herzustellen. Die Wahl fiel auf Walzblei. Der Werkstoff ist mit allen Baumaterialien gut kombinierbar und lässt sich flexibel an unterschiedliche Gegebenheiten anpassen. Anschlüsse und Verwahrungen mit Walzblei gewährleisten einen dauerhaften Schutz vor Witterungseinflüssen. Zudem ergibt das Zusammenspiel von Walzblei und Schiefer ein optisch stimmiges Gesamtbild.

Die Bauverantwortlichen planten die Ausführungen konsequent nach den Verarbeitungsrichtlinien für Walzblei, die von der Gütegemeinschaft Saturnblei gemeinsam mit ZVDH und ZVSHK entwickelt wurden. Nur in zwei Fällen wichen sie leicht vom Regelwerk ab, um für die Anforderungen der Burg Eltz eine optimale Lösung zu finden. Man verzichtete auf unterschiedliche Materialdicken und wählte für Walzblei durchgängig eine Materialstärke von 2,5 mm, um höchste Qualität sicherzustellen. Auch bei den Pflichtüberdeckungen der Bleiflansche wurde ein Kompromiss gewählt. In Abstimmung mit Bauherrn und Denkmalpflege wurden die Überdeckungen an Sichtflächen weniger opulent ausgestaltet. Dazu zählen die Einfassungen von Gauben, kleine Fledermausgauben und die Wandanschlüsse des Fahnensaal-Erkers.

Jedes Teil ein Original

Für die Ausführung der Walzblei-Arbeiten gab es keine Standardlösungen. Jede der insgesamt 54 Einzelaufgaben wurde individuell geplant, diskutiert und umgesetzt – darunter Dachflächen von 2,5 bis 8 m2 Größe und Kehlen mit erheblichen Richtungs- und Neigungsänderungen. Bei allen Ausführungen wurden die thermisch bedingten Längenänderungen der Bleibleche berücksichtigt. In Abhängigkeit von Form, Größe und Neigung des Daches wurde die jeweilige Verbindungstechnik festgelegt. Am häufigsten kamen Falzverbindungen mit Hohlwulst zum Einsatz, in anderen Fällen wurden Liegefalze mit Zusatzhaften angewandt. Vereinzelt waren direkte Verbindungen ­erforderlich. Sie wurden unter strenger ­Beachtung des Brandschutzes im Bleischweißverfahren durchgeführt. Alle Bleioberflächen wurden vor und nach der Montage mit Patinieröl behandelt. Mit der Vorbehandlung sollte sichergestellt werden, dass auch die Überdeckungsbereiche bestrichen werden. So können unschöne Schlierenbildungen von vorneherein vermieden werden.

Anschlüsse ohne Patentrezept

Bei den Übergängen zu den verschiedenen benachbarten Bauteilen wurde je nach Situation entschieden, ob diese mit Überhangprofilen und Bleifugen oder mit Klemmflanschverbindungen hergestellt wurden. Letztere Verbindungsart kam überwiegend an den Fachwerkwänden mit Lehmputzgefachen zum Einsatz. Auf Silikon oder andere pastöse Befestigungsmittel wurde verzichtet.

Bleiwolle ist die ideale Ergänzung zu Walzblei. Das Material passt sich flexibel an Baufugen unterschiedlicher Art und Größe an und bietet nachhaltige Stabilität. Im Vergleich zu Mörtel verfügt Bleiwolle über eine ausgewiesene Plastizität. Damit kommt das Material vor allem als Dichtungsmittel von Bleiblechanschlüssen in Mauerwerksfugen in Betracht. Der Werkstoff bildet eine homogen abdichtende Sperrschicht und isoliert dadurch verlässlich gegen eindringende Feuchtigkeit. Dabei wird das Material durchlaufend verstemmt. Das Ergebnis ist eine dezente und glatte Metallfuge, die ästhetische Ansprüche erfüllt.

Knifflige Aufgaben

Alle Wassersammelkästen waren der jeweiligen Bausituation individuell anzupassen. Die konisch verlaufenden Flächen wurden mit Abzweiger-Kehlen um einen Kaminkopf so eingeteilt, dass die Einzelschare den thermischen Anforderungen gerecht werden. Die Verbindungen wurden als Querfalze mit Zusatzhaft ausgeführt, die Längsstöße mit Hohlwulstverbindungen. Die Wandanschlüsse wurden zweiteilig mit separatem Überhangprofil gefertigt, um auch hier die Ausdehnung in der Fläche zu separieren. Die Fugen an den aufgehenden Wänden wurden entweder als Bleifugen verstemmt oder mit Anpressleisten ausgeführt. Durch ihre exponierte Lage sind die Dächer der Burg permanent Wind und Wetter ausgesetzt. Zum Schutz der Schalungsschnittkanten wurden zusätzlich alle Grate und Firste mit Bleikappen versehen, die direkt auf der Vordeckung angebracht wurden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass in den kommenden 80 bis 100 Jahren kein Handlungsbedarf an den sanierten Dächern der Burg Eltz besteht.

Die Ausführungen forderten den Handwerkern auch körperlich eine ganze Menge ab. Dachneigungen von teils über 65 Grad erschwerten das Arbeiten und verlangten besondere Vorsicht beim Bewegen und Hantieren auf dem Dach. Zudem war nicht jede Statur für den Einsatz in luftiger Höhe geeignet. „Teilweise gelang es nur schlanken Dachdeckern, in die engen Dachverschneidungen und den Stangenwald der Gerüste überhaupt zu gelangen“, sagt Handwerk. Über die Gesamtbauzeit von fast zwölf Monaten wurden rund 4,5 t Walzblei und 750 kg Bleiwolle eingesetzt. Mit der vergleichsweise geringen Materialmenge wurden viele knifflige Anschlusssituationen gemeistert und die Dachlandschaft sicher verwahrt.

Fazit

Die Sanierungsarbeiten rüsten Burg Eltz für die kommenden Jahrhunderte. Viele handwerkliche Ausführungen sind für Besucher kaum sichtbar. Auf dem Weg zur Ritterburg rücken die Dächer zumindest für einen Moment in den Mittelpunkt. Wer seine Aufmerksamkeit auf die Details richtet, kann erahnen, welche Handwerksarbeit auf den Dächern der Burg geleistet wurde.

AUTOR: Jürgen Seifert

BAUTAFEL

Projekt: Sanierung der Dächer der Burg Eltz unter Einsatz von Walzblei

Bauherren: Dr. Karl Graf zu Eltz und Sophie Gräfin zu Eltz

Architekten: Heinrich + Steinhardt GmbH, Bendorf

Fachbetrieb: Harald Handwerk GmbH, Hillesheim

Material: RAL-geschütztes Saturnblei in 2,5 mm Stärke, Bleiwolle, ­Patinieröl

Hersteller: Gütegemeinschaft Saturnblei e.V., Krefeld, https://saturnblei.de

Bildquelle: Harald Handwerk GmbH und Saturnblei (Gesamtansicht)

INFO

Märchenburg mit Geschichte

Burg Eltz ist eine der bekanntesten Burgen Deutschlands. Die Gebäude sind nahezu vollständig erhalten. Besucher können an ihnen über 800 Jahre Baugeschichte ablesen. Wichtige Etappen im Überblick:

  • 12. Jh.: Erste Erwähnung des Namens Eltz, vermutlich Beginn der Bautätigkeit
  • 13. Jh.: Entstehung einer Ganerbengemeinschaft durch Aufteilung der Burg unter drei Familienlinien
  • 15.–17. Jh.: Rege Bautätigkeit, aufeinanderfolgend Errichtung des Rübenbacher Hauses, der Rodendorfer und der Kempenicher Häuser
  • 1815: Ende der Ganerbengemeinschaft, Graf Hugo Philipp zu Eltz als alleiniger Besitzer der Burg
  • 1845–88: Restaurierung der Stammburg unter Friedrich Karl zu Eltz unter Wahrung der historischen Architektur
  • 1920: Zerstörung großer Teile der Burg durch einen Brand
  • 1930: Ende der Wiederaufbauar­beiten
  • 2009–2012: Umfassende Sanierungsarbeiten mit Maßnahmen zur statischen Sicherung einschließlich Sanierung der Dachstühle und Dachdeckungen

Autor

Jürgen Seifert

ist Schulungsleiter der Güte­gemeinschaft Saturnblei e.V.

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