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Licht am Ende des Tunnels

Industriebrachen und hohe Arbeitslosigkeit, Niedergang von Fischerei und Schifffahrt, Transit-Tourismus nach Dover als wichtigstes Gewerbe – in diese triste Situation der Stadt am Eurotunnel dringt jetzt ein Lichtblick, der den Beginn einer neuen Ära markieren soll. Mit einem 100 Millionen Euro schweren Infrastrukturprogramm wollen Politik und Region der Hafenstadt neuen Schwung verleihen. Dazu gehört der Neubau der Kunstschule (Ecole d’Art de Calais) am Boulevard Jacquard im Stadtzentrum von Calais. Nach dem Entwurf des französischen Architekturbüros Arc.Ame erhielt sie eine dreiteilige, gebogene Fassade aus goldenem Metallgewebe vom Typ Escale der GKD – Gebr. Kufferath AG.

Filigrane Maschen aus Metall

An die frühere wirtschaftliche Bedeutung der rund 72 000 Einwohner zählenden Stadt erinnert nur noch die Produktion von Klöppelspitzen für die Hersteller von Haute Couture. Passend dazu erhielt die neue Kunstschule ihr filigranes, feinmaschiges Gewand. Wie die Spitzenklöpplerei blickt auch die Kunstschule auf eine lange Tradition zurück. Über 90 Jahre war sie in einem großen, stark in die Jahre gekommenen Bürgerhaus untergebracht. Schon lange erfüllten die beengten Räumlichkeiten und die brüchige Bausubstanz am bisherigen Standort nicht mehr die Anforderungen. Auf einem 3220 m2 großen Areal planten Arc.Ame-Architekten ein markantes Ensemble aus Beton, Glas und Metallgewebe, zu dem auf der Rückseite 25 Wohneinheiten mit Südterrasse gehören.

Lichtdurchlässige Aluminium-Jalousien

Der dreigeschossige Bau mit dem sprechenden Namen „Le Concept“ ist ein Ort für die Begegnung von Schülern und Bürgern mit Kunst und Künstlern. Er beherbergt im Erdgeschoss einen Saal für Bildhauerei und Keramikkunst sowie ein großes Atelier für Malerei. Temporäre Ausstellungen und eine neue Kunstbibliothek laden zum Verweilen ein. In den oberen Etagen sind Kursräume, Werkstätten und Ateliers für Malerei, Gravur- und Textilkunst, Foto und Multimedia untergebracht. Die Bauhöhe passt sich sensibel den alten Stadthäusern auf dem Boulevard an.

In den Glasfassaden, die über die gesamte Gebäudehöhe reichen und durch dunkle Sprossen großflächig strukturiert werden, manifestieren sich die Leitmotive der Architekten: Transparenz und Licht. Ihr subtiles Spiel variiert tageszeit- und raumabhängig. Die leicht gebogenen Aluminiumfassaden der drei Gebäudeelemente erinnern an nebeneinander aufgereihte Rollladenschränke und spiegeln so den Werkstattcharakter der Kunstschule wider. Bezeichnend für die hier vermittelte Kunst ebenso wie für die metallene Hülle ist die in den weiß getünchten Beton eingelassene Inschrift „dekorativ und industriell“.

Symbolträchtiger Sonnenschutz

Die raue Oberfläche der Konstruktion aus Fertigbetonteilen bildet einen bewussten Kontrast zu dem glatten Glas und dem Glanz der metallischen Haut. Die Metallfassade verstehen die Architekten als zentralen Bedeutungsträger und architektonische Signatur. Ihr warmer Goldton repräsentiert die Gebäudefunktion als Hort einer Kunstschule. Zugleich übernimmt das semitransparente Metallgewebe die Aufgabe einer schützenden Membran zwischen Außenwelt und Innenleben der Schule. So werden künstlerische Abgeschiedenheit und Introspektion mit Transparenz für die Bürger der Stadt vereint. Abends wird die Metallfassade bei innen beleuchtetem Gebäude durchsichtig und gewährt Einblicke in die Räume, während tagsüber die Sonne die Kunstschule in einen kostbaren Schimmer taucht.

Neben der ästhetischen Funktion erfüllen die gewebten Fassadenelemente auch die praktische Aufgabe des Sonnenschutzes. Sie filtern weiches Licht für die nach Osten ausgerichteten Ateliers und verhindern überdies das Aufheizen des gesamten Schulgebäudes. Komfort und Nachhaltigkeit gehen hier eine Symbiose ein. Bepflanzte Innenhöfe, begrünte Dächer und Mauern stehen ebenso wie Solarpaneele auf der Südseite des Gebäudes für das Nachhaltigkeitskonzept. Für Schüler und Bürger ist die großformatige textile Membran jedoch vor allem eine identitätsstiftende Visitenkarte, die an die jahrhundertealte Tradition des Klöppelhandwerks anknüpft und gleichzeitig das künstlerische Handwerk zeitgenössischer Gestaltung visualisiert.

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