Na gut: folgender Dialog hat niemals stattgefunden. Warum eigentlich nicht? Es ergäbe doch Sinn! Und so stelle ich mir vor, wie ich mit meinem Enkelkind auf dem Schoß am Kaminfeuer sitze und den Wissensdurst des kleinen Mannes stille. „Du, Opa, warum ist eigentlich so viel aus Plastik gemacht?“, möchte der Kleine wissen. Und ohne Luft zu holen zählt er eine ganze Reihe von Alltagsgegenständen auf. Einen Eimer. Die Trinkflasche. Die Gießkanne. Die Legosteine. Und sogar die Waggons an seiner Spielzeugeisenbahn. „Tatsächlich ist heutzutage fast alles aus Kunststoff, aber das war nicht immer so“, erkläre ich: „Vor vielen Jahren bestanden fast alle Gegenstände, die du aufgezählt hast, aus Blech. Hergestellt vom Flaschner, dessen Berufsbezeichnung damals noch selbsterklärend war. Stell dir nur vor, wie stabil und unverwüstlich Flaschen und Eimer früher waren. Gleiches galt für die Spielzeuge der Kinder. Viele dieser Blechspielzeuge wie Autos, Züge, Flugzeuge oder Schiffe sind so robust, dass vor mir schon mein Opa damit gespielt hat – und dass du sie eines Tages deinen Kindern zum Spielen geben kannst.“
Faszination Blechspielzeug
Szenenwechsel: Gedanken wie diese sind inspirierend. Das dachte sich offensichtlich auch Hans-Peter Porsche, der seit seiner frühen Kindheit Blechspielzeug-Liebhaber ist.
Die Sammlung des Enkels von Autopionier und Markengründer Ferdinand Porsche ist inzwischen so umfangreich, dass sie in einem eigens errichteten Museum zur Schau gestellt wird. Von außen ist das Traumwerk ein futuristischer Neubau, dessen Grundriss an die Ziffer 8 erinnert. Aus gutem Grund, denn diese Form entspricht der typischen Schienenführung einfacherer Modell-Eisenbahnanlagen.
Achtung Suchtgefahr
Wer dem ebenfalls als Acht angelegten Rundgang folgt, kann die vermutlich größte Blechspielzeug-Sammlung Europas entdecken. Der Besuch lohnt sich folglich nicht nur für Spielzeug-Fans, sondern auch und vor allem für Flaschner, Spengler und andere von Architektur und Metall begeisterte Fachleute. Der Rundgang (oder besser Achtgang) führt die Besucher durch eine faszinierende Miniatur-Welt: Nach Themenbereichen geordnet reihen sich Modell-Landschaften wie Eisenbahnanlagen, Binnenhäfen, Stadtkulissen oder Feuerwehrmagazine aneinander. Aber auch Autorennstrecken und Flughäfen präsentieren sich liebevoll arrangiert und perfekt in Szene gesetzt.
Am meisten faszinieren mich die zahlreichen Details an den kuppelförmigen Dächern der Bahnhofsgebäude. Besonders die filigranen Falzverbindungen lassen mich staunen. Einige der Exponate beeindrucken mich so sehr, dass ich mich entschließe, sie den BAUMETALL-Lesern im Rahmen dieses Artikels zu präsentieren. Und weil es unmöglich ist, alle Entdeckungen hier abzudrucken, empfehle ich den Blick in das dazu passende Online-Extra oder noch besser: einen persönlichen Besuch im Traumwerk. Umfassende Informationen sind folglich auch online abrufbar, aber Achtung: Vermutlich werden Sie ebenso begeistert sein wie ich und sich postwendend auf den Weg nach Anger ins Traumwerk machen.
Bild: BAUMETALL
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Blechspielzeug: Geschichte & Hintergund*
Mit Beginn der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert wurde durch das Walzen von Stahl ein neuer Werkstoff entwickelt: Blech! Schnell entstanden neue Handwerkszweige, wie die des Blechners und Flaschners. Diese stellten aus dem neuartigen Material nicht nur langlebige Haushalts- und Einrichtungsgegenstände her, sondern auch Kinderspielzeug: Es entstanden die ersten kunstvoll gefertigten Kutschen, Wasserspiele und Puppenküchen, die den Kindern ganz neue Spielmöglichkeiten eröffneten. Denn bis dahin hatten Spielzeuge nur aus Materialien wie Holz, Stein oder Gewebe bestanden.
Pioniere der deutschen Blechspielzeug-Herstellung waren die Blechner Rock & Graner, die erstmals im Jahr 1814 Kinderspielzeug als ein eigenes Segment einführten. Zunächst waren diese frühen Spielzeuge der vornehmen Oberschicht vorbehalten und wurden manchmal sogar nur auf individuelle Bestellung hin gefertigt. Doch die voranschreitende industrielle Entwicklung vereinfachte auch die Produktionsmethoden der Spielzeughersteller. Durch das Stanzen und Bedrucken von Blechen in Serie wurde die preiswerte und schnelle Herstellung großer Stückzahlen möglich. Schon bald eroberten ästhetische und technisch ausgefeilte Spielzeuge den europäischen Markt.
* Quelle & Adresse
Hohensalzburg Spielzeug und Modell GmbH
Traumwerk Hans-Peter Porsche
Zum Traumwerk
83454 Anger-Aufham
www.traumwerk.de
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