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Beruf mit Zukunft – ­Zukunft für den Beruf

Etwas Nervosität ist spürbar an diesem Morgen, sowohl bei den sechs angehenden jungen Spenglern der Technischen Fachschule Bern als auch bei den 14 Schülerinnen, die hier im Rahmen des Schweizer Zukunftstages einen Tag Berufsluft schnuppern. Schülerinnen? Ja genau, denn beim Zukunftstag geht es unter anderem darum, dass sich Mädchen möglichst mit klassischen Männerberufen vertraut machen, Jungs dagegen mit typischen Frauenberufen. Und so ist in der Spenglerei der Technischen Fachschule Bern eine Gruppe Schülerinnen zu Besuch.

Schneemänner aus Blech

Die Merkblätter und Werkzeuge liegen bereit, die Werkstatt ist aufgeräumt. „Habt ihr alle euer Dokument?“, fragt Bruno Aegerter seine Lernenden und weist sie nochmals auf einige wichtige Punkte hin. In den nächsten Stunden soll jede Schülerin unter Anleitung eines Lernenden einen Pendel-Schneemann aus Blech herstellen.

„Ihr solltet möglichst vieles selbst machen“, spornt der Spenglermeister und Ausbilder die Mädchen an und beruhigt sie: „Ihr werdet keine gefährlichen Arbeiten ausführen, alle werden am Abend mit zehn Fingern nach Hause gehen.“ Die Mädchen schmunzeln und bereits in diesen ersten Minuten zeigt sich: Der Empfang ist gelungen, der Pendel-Schneemann kommt an, die Schnupper-Spenglerinnen freuen sich auf die Arbeit.

Material und Anleitungen liegen für das Spengler-Schnupperprojekt bereit

Bild: Technische Fachschule Bern

Material und Anleitungen liegen für das Spengler-Schnupperprojekt bereit

Zukunftstag speziell für Mädchen

Insgesamt werden an der Technischen Fachschule Bern am Zukunftstag etwa 100 Kinder zu Besuch sein, schätzt Berufsgruppenleiter Peter Leu. Die meisten sind Mädchen.

„Wir Spengler haben sogar ganz bewusst nur Mädchen eingeladen“, erklärt er. Denn unter den aktuell 40 Lernenden ist eine einzige Frau. Dafür gibt es keinen logischen Grund: Der Beruf des Spenglers oder eben der Spenglerin ist für Frauen nicht weniger geeignet als für Männer, wie Werkstattlehrer Bruno Aegerter betont.

Genau wie Peter Leu hat auch er an der „Lädere“, wie die Technische Fachschule Bern seit je her auch genannt wird, seine Lehre absolviert. Und ist noch immer stolz darauf. Früher, als die Fachschule noch eine Institution der Stadt Bern war, seien die Söhne von Spenglermeistern aus der ganzen Schweiz nach Bern gekommen, um sich hier in den „Lehrwerkstätten der Stadt Bern“ – wie die Einrichtung damals hieß – zum Spengler ausbilden zu lassen.

Für Leistungsstarke und Schwächere

Vor fast 20 Jahren wurden die 1888 gegründeten Lehrwerkstätten Bern eine Institution des Kantons Bern, seit 2014 führt die Organisation den Namen „Technische Fachschule Bern“ und bildet nicht mehr aus der ganzen Schweiz anreisende Söhne von Handwerksmeistern aus, sondern ­einerseits junge Menschen aus dem Kanton Bern, die es schwer haben, in der Wirtschaft eine Lehrstelle zu finden. Manchen stehen schulische Schwierigkeiten im Weg, erklärt Peter Leu, andere hätten aufgrund ihres Migrationshintergrundes bzw. wegen sprachlicher Probleme Mühe, eine Stelle zu finden. Andererseits bildet die „Lädere“ als Fachhochschulzubringerin auch leistungsstarke Jugendliche aus, die sich an einer schulischen Ausbildung orientieren und das Schweizer Pendant zum Fachabitur mit anschließendem Studium im MINT-Bereich anstreben.

Den Abschluss der Spenglerlehre an der Technischen Fachschule Bern bildet die Fertigung eines kunsthandwerklichen Ziergegenstands

Bild: Technische Fachschule Bern

Den Abschluss der Spenglerlehre an der Technischen Fachschule Bern bildet die Fertigung eines kunsthandwerklichen Ziergegenstands

Ausbildung mit hohem Praxisanteil

Obwohl sich einiges in den letzten 20 Jahren verändert hat, bleibt die hohe Qualität der Ausbildung gewahrt. Die Lehre ist zeitgemäß, betonen Peter Leu und Bruno Aegerter, und die Ausbildung ist heute baustellenbezogener als früher. Die jungen Fachkräfte besuchen einen Tag pro Woche die Berufsschule, an vier Tagen arbeiten sie in der Werkstatt, und zwar während der ganzen Lehre. Diese dauert aktuell drei Jahre, soll aber bald um ein Jahr verlängert werden. Einen Drittel ihrer Lehrzeit verbringen die Lehrlinge der Technischen Fachschule Bern in Praxisbetrieben. „Das ist sehr wichtig“, sagt Peter Leu, „denn nur so erfahren sie, wie es draußen in den Betrieben läuft“.

Begeisterung steckt an

Den Abschluss der Lehre bildet ein kunsthandwerklicher Schwerpunkt. Da werden kunstvolle Dachverzierungen gefertigt, Wetterfahnen und andere Meisterwerke, für die teilweise sehr alte Arbeitstechniken beherrscht werden müssen. Wer nach dieser kunsthandwerklichen Vertiefung die Prüfung schafft und sich als Spenglerin oder Spengler weiterentwickeln will, ist an der Technischen Fachschule Bern weiterhin am richtigen Ort: Hier werden neben der beruflichen Ausbildung auch Weiterbildungen zum Spenglerpolier und zum Spenglermeister angeboten.

Die Augen von Werkstattlehrer Bruno Aegerter leuchten, als er von den kunsthandwerklichen Wochen erzählt, von der hohen Kunst des Spenglers. Er ist mit Leib und Seele Spengler und diese kunsthandwerklichen Arbeiten liegen ihm besonders am Herzen. Mit Begeisterung dabei war der Handwerker auch, als er die Workshopaufgabe zum diesjährigen Zukunftstag entwickelte. Die Begeisterung steckt an. Am Nachmittag sind alle Blech-Schneemänner fertig und die Augen der Schülerinnen leuchten ebenso wie die der Lernenden und ihrer Lehrmeister. Beste Werbung für das Spengler-Handwerk, einen attraktiven Beruf. Auch für Mädchen. 

Das Ergebnis: 14 solcher Pendel-Schneemänner haben die Mädchen gefertigt

Bild: Technische Fachschule Bern

Das Ergebnis: 14 solcher Pendel-Schneemänner haben die Mädchen gefertigt

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