Stellen Sie sich vor, ein Paar will sein Dach sanieren lassen. Vielleicht fragen sie sich im Bekanntenkreis zu einem geeigneten Fachbetrieb durch. Wahrscheinlicher ist aber, dass sie googeln. Auf der ersten Homepage, die sie öffnen, sehen sie ein eher nichtssagendes Bild von einem Transporter vor einem Firmengebäude. Der Menüpunkt „Leistungen“ enthält eine Auflistung von Fachbegriffen, die sie nicht verstehen. Unter Kontakt stehen ein unpersönliches Formular und eine Telefonnummer mit einer Null am Ende – kein Name, keine Durchwahl. Was sie eigentlich suchen, aber nicht finden, sind einfache und klare Basis-Infos zu ihrem Anliegen, eine allererste Kostenschätzung und eine Person, an die sie sich mit weiteren Fragen wenden können.
In unserer schnelllebigen Zeit wird das Paar diese Website wahrscheinlich gleich wieder schließen. Für den Fachbetrieb ist das eine vertane Chance. „Bei den Internetauftritten von Handwerksbetrieben ist allgemein noch viel Luft nach oben“, sagt Jörg Mosler vom Team Handwerk-Digital. Als Coach und Berater beschäftigt er sich schon seit Jahren mit dem Thema. Kürzlich wollte er es mal ganz genau wissen – und nahm die Webseiten von satten 500 Betrieben in verschiedenen deutschen Städten systematisch unter die Lupe.
Webseiten-Check: Das Gros der Betriebe fällt durch
Das Ergebnis ist erschreckend: Im Durchschnitt erreichten die Web-Auftritte gerade mal 2,12 von 9 möglichen Punkten! Getestet hat Mosler folgende Kriterien: Informationen, Preise, Vertrauen und schneller Kontakt. Was ist nun genau damit gemeint? Der gelernte Dachdecker erklärt: „Zunächst einmal geht es grundsätzlich darum, dass sich Fachhandwerker mehr in den Interessenten hineinversetzen.“ Am Anfang muss also nicht die Überlegung stehen „Was bieten wir“, sondern „Was will der potenzielle Kunde?“
Ob der Interessent spontan Vertrauen fasst oder nicht, kann sich schon auf der Startseite entscheiden. „Dort wollen wir gern Menschen sehen“, sagt Mosler. „Und zwar echte Menschen, keine Stockfotos!“ Ein Bild vom Chef oder vom ganzen Team wirkt sympathischer und einladender als eine Aufnahme vom Fuhrpark. Idealerweise begegnet dem User bereits auf der Startseite die Person, die ihn auch später detailliert berät. Ein weiterer Trumpf sind positive Kundenstimmen. Gute Bewertungen auf einschlägigen Internetportalen sollten auf der Homepage so eingebunden werden, dass sie auf den ersten Blick sichtbar sind.
Der Kunde will nicht lange nach Antworten auf seine Fragen suchen
Die nächsten Schritte – die Informationsbeschaffung und die anschließende Kontaktaufnahme – müssen dem Interessenten so einfach wie möglich gemacht werden. Nach ersten Informationen zu seinem Vorhaben sollte er nicht lange suchen müssen. Hier sieht Mosler eine häufige Schwachstelle und noch viel Potenzial: „Die auf den Webseiten angebotenen Infos richten sich oft mehr an Brancheninsider. Die Kunden sind in der Regel aber komplette Laien.“ Deshalb sollten die am häufigsten nachgefragten Dienstleistungen in einfach benannte Kategorien unterteilt werden, zum Beispiel „Dachsanierung Steildach“ und „Dachsanierung Flachdach“.
Hier müssen die wichtigsten Fragen schnell beantwortet werden. Dafür bieten sich verschiedene Formate an: Etwa FAQ-Listen mit wenig Text, wo Links zu weiteren Details führen. Grundlegende oder auch zusätzliche Infos lassen sich auch gut in Videos packen. Mosler, der ja selbst Handwerker ist, weiß, dass viele seiner Kollegen sich scheuen, vor die Kamera zu treten. Die kann er beruhigen: „Hier kann künstliche Intelligenz helfen, die einen Avatar erstellt – auch, um den Aufwand gering zu halten.“
So geht die Terminvereinbarung für alle am einfachsten
Hat der Interessent nun also eine ungefähre Vorstellung davon, wie sein Projekt umgesetzt werden kann, will er natürlich wissen, welche Kosten auf ihn zukommen. „Es ist klar, dass diese von etlichen Parametern abhängen und sich nicht so einfach berechnen lassen“, räumt Mosler ein. „Dennoch gehört ein Online-Preiskonfigurator für eine erste grobe Kostenschätzung unbedingt dazu, damit der Kunde die Größenordnungen kennt.“ Will der Kunde dann ein Beratungsgespräch, sollte er zum einen wissen, wer sein Ansprechpartner ist, und zum anderen möglichst unkompliziert an einen Termin kommen. Mosler weiß: „Das geht am besten mit einem digitalen Terminkalender auf der Firmen-Website. Der spart nicht nur dem Kunden viel Zeit mit E-Mail-Verkehr und Telefonaten, sondern auch dem Betrieb. Und damit lassen sich Termine einfach und übersichtlich für alle planen.“

Bild: Mosler
Auf den Punkt gebracht
BAUMETALL: An Aufträgen mangelt es Handwerkern in der Regel nicht. Wozu sollten sie also mehr Zeit und Geld in ihre Webpräsenz stecken als unbedingt nötig?
Jörg Mosler: Die Betriebe sollten nicht nur an die Kunden denken. Auch potenzielle Azubis machen sich im Internet schlau. Und die können zum Beispiel mit Fachbegriffen wie Bitumenschweißbahn sicher noch weniger anfangen als der durchschnittliche Hausbesitzer. Außerdem sind nicht nur junge Leute inzwischen gewohnt, im Internet schnell an Infos zu kommen. Die Ansprüche an das Informationsangebot wachsen, die Geduldsspanne schrumpft. Deshalb gilt: Alles so einfach, klar und strukturiert gestalten, dass Interessenten sicher durch den Informations- und Anfrageprozess geführt werden.
Welche zentralen Punkte sind dafür relevant?
Für mich sind das 1. Vertrauen, 2. Informationen, 3. Preise und 4. Kontaktaufnahme. Zuerst geht es um die freundliche und ansprechende Begrüßung auf der Homepage. Dann um schnell auffindbare Antworten auf wichtigste Fragen in einfacher, verständlicher und nutzerfreundlicher Form. Als Nächstes eine Online-Kostenkalkulation und zum Schluss ein gut durchdachtes Kontaktformular oder noch besser ein digitaler Terminkalender mit Namen des Ansprechpartners.
Aber lohnt sich das denn, gemessen am Aufwand?
Der Aufwand ist nicht so groß, wie viele denken. Die häufigsten Fragen mit knapp gefassten Antworten für eine FAQ-Liste hat ein erfahrener Handwerker doch im Nu zusammengestellt. So ein Preiskonfigurator ist auch kein Hexenwerk und ein digitaler Terminkalender ist weder teuer noch kompliziert, der Nutzen dagegen immens. Selbst für Videos mit einem interaktiven Avatar ist der Aufwand überschaubar. Dafür genügen drei Sequenzen von je einer Minute. Für die Umsetzung braucht es auch keine teure Werbeagentur.

Bild: Mosler