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Puzzle der Superlative

Die vorgehängte, hinterlüftete Aluminiumverbundfassade des 2013 eröffneten Bauhaus-Marktes entfaltet eine Sogwirkung. Am exklusiven Standort Kurfürstendamm werfen Kunden wie Touristen interessierte Blicke auf die Hallenkonstruktion, deren Wände in der Sonne funkeln. Die Montage der silbernen Profile in vertikaler Anordnung übernahm die Henke AG. Direkt auf der Baustelle kanteten die Mitarbeiter die extravaganten Oberflächen.

Von August bis November 2013 montierte die Henke AG nach eigenen Angaben eine etwa 12 000 m² große Aluverbundplatten-Fassade. Dass dabei ausschließlich komplette Kassetten die Außenwände des Fachcentrums dekorieren, erweist sich von der Berechnung bis zur Montage als absolute Maßarbeit. Keines der 2050 mm langen und 750 mm breiten Profile wurde zerteilt oder gekürzt, was an den Kanten der Wände besonders gut zu erkennen ist. Insgesamt besteht die Fassade aus rund 4000 einzelnen Bauteilen. Zum Einsatz gelangte eine von der Henke AG 1995 patentierte Unterkonstruktion. An der Gebäudewand fixiert wurden lotrecht parallel zueinander verlaufende Trageprofile. Sie halten die Edelstahlbolzen, in denen die Alucobond-Kassetten per Winkelhaken eingehängt worden sind. Diese Trageprofile ermöglichen wie Schienen eine flexible Montage mit Fest- und Gleitpunkten, passend zur Länge der Aluverbundplatten-Kassetten. Wärmebrücken entstehen dabei so gut wie keine, weil die Kassetten die Unterkonstruktion kaum berühren. Allein die Winkelhaken kommen in Kontakt mit den Edelstahlbolzen. Eine besondere Detailarbeit erforderte es, die Fassade über Eck zu verlegen. Damit die benachbarten (ungeteilten) Kassetten im 90-Grad-Winkel hängen und eine gerade Flucht entsteht, bestand für die Positionierung der Trageprofile nicht viel Spielraum.

Zwei Kassetten um 180° gedreht

Die 1904 gegründete Henke AG hat sich auf anspruchsvolle Fassaden und Dächer spezialisiert. In Berlin realisierte sie zuvor mehrere Fassaden an Hochhäusern. Die Mitarbeiter brachten daher einige Erfahrung mit, komplexe Muster zusammenzusetzen, deren Teile wie Mosaiksteine nur in eine einzige richtige Position passen. Zu den Herausforderungen zählte, die Profile nach vorgegebenem Schema zu montieren. Denn die Kassette existiert in zwei Versionen. Die eine Aluminiumverbundplatte erscheint zur Montageebene hinein gebogen, die andere aus dieser Ebene heraus geformt. Beide Versionen der Kassetten waren abwechselnd zu befestigen. Neben, über und unter einer Kassette, deren Profil in die Montageebene zeigt, befindet sich eine Kassette mit einem Relief, das nach außen geformt ist. Ein zusätzlicher 3D-Effekt entsteht, indem die benachbarten Kassetten um 180º gedreht installiert wurden. Die mit Hubsteigern in die Höhe transportierten Fassadenelemente waren bei der Montage mit Folien gegen Beschädigung und Verschmutzung geschützt. Die Gefahr, die Profile zu verwechseln und Fehler ins Muster einzuschleusen, war damit sehr hoch.

Dezente Entwässerung

Nach dem Einhängen der Kassetten fixierten die Handwerker die Bolzen mit Spezialschrauben an der Unterkonstruktion, damit die Fassade starken Windlasten widersteht. Der belüftete Bereich zwischen den Aluprofilen und den Dämmplatten an der Betonwand ist breit genug, damit kein Regen durch die horizontalen Fugen zwischen den Kassetten bis zur Dämmung vordringt. Dass über die vertikalen Fugen Wasser hinter die Profile läuft, verhindern wiederum die Trageprofile. Metallplatten bedecken die obere Fassadenkante am Flachdach, so dass vom Dach kein Niederschlag hinter die Fassade gelangt. Das gesamte Rinnensystem zur Entwässerung ist aus dem Sichtbereich hinter die Gebäudehülle verlegt worden. Damit die Fassade zur Eröffnung möglichst unversehrt und sauber ihre Wirkung entfaltete, schützte eine Plane die Kassetten nach der Montage vor Verschmutzung und Beschädigung.

Pyramidenförmiges Relief

Das plastische Relief beider Kassetten basiert auf der Grundform einer Pyramide. Weil sich die Spitze der flachen Pyramide nicht über dem Mittelpunkt der rechtwinkligen Grundfläche befindet, erscheinen die Kassetten zwar symmetrisch, aber ungleichmäßig. Die deutlich in Richtung einer Schmalseite verschobene Spitze erzeugt verschieden große Dreiecksflächen. Die Dreiecke jeder Kassette vervollständigen sich mit den Dreiecken benachbarter Kassetten zu Parallelogrammen. Die entstandenen Vierecke existieren auch in drei verschiedenen Größen und sind in unterschiedlichen Winkeln zur Fassade geneigt. Teils im Licht und teils im Schatten gelegen entstehen streifenförmige Muster in verschiedenen Helligkeiten und Farbtönen.

Repräsentanz mit hohem Nutzwert

In ihren neuen Standort investierte die Bauhaus AG ca. 16,5 Millionen Euro. „Die prominente innerstädtische Adresse am Kurfürstendamm verlangte eine hochwertige Gestaltung des Fachcentrums“, lautet die Einschätzung der Berliner Architekten Thomas Müller und Ivan Reimann, die das Gutachterverfahren 2009 für sich entscheiden konnten. Die Realisierung des Bauprojekts startete 2012 und dauerte über zwölf Monate. Obwohl die Halle sehr deutlich durch ihre Nutzung festgelegt ist, überzeugt das Gebäude durch weitere aufwendige Materialien und Eindrücke. Neben der Fassade entdecken Kunden und Passanten ausgedehnte Glasflächen und breite Werbebänder. Die Glasfront zum Kurfürstendamm wirkt wie ein gigantisches Schaufenster. Weil das Objekt auf einer ehemaligen Bahnstrecke steht, erinnern daran seitliche Bandfenster mit ihrem Blick quer durch das Gebäude. Den gläsernen Eingangsbereich mit seinen Bepflanzungen können Kunden wie einen Stadtgarten durchwandeln. Der Erlebnischarakter setzt sich fort in der hohen Einkaufsqualität, indem z. B. eine Drive-in-Arena das komfortable Einladen sperriger Artikel ermöglicht. Am 20. Dezember 2013 fand die Eröffnung des Fachmarktes statt, der seine Besucher wie ein neues Portal zur City West empfängt.

Henry Rasch

ist Inhaber des Verlags Illustrierte Welten & Informationen in Berlin.

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