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Alles im Fluss

Der Schiffsverkehr für die Neckarstrecke von Möckmühl bis zur Rhein-Mündung in Mannheim wird in naher Zukunft in einer Hightech-Zentrale gesteuert. Ähnlich dem Flugbetrieb werden die Schiffe dann auf Bildschirmen erfasst und Routen sowie Fahrpläne koordiniert. Die schweren Schleusen werden zukünftig zentral gesteuert. Für diese spezielle Aufgabe wurde in Neckarsteinach eine Leitzentrale erstellt. Das Schleusenhaus erhielt eine matt glänzende, champagnerfarbene Hülle aus 41 × 41 cm großen Edelstahlrauten. Die 0,6 mm starken Rauten wurden aus Rimex Granex Champagne ColourTex gefertigt. Das ColourTex-Verfahren stellt eine besondere Form der Farbgebung dar, die auf einer sogenannten Interferenz* der Lichtwellen beruht. Hervorgerufen wird die Färbung ohne Zusatz von Pigmenten. Durch einen elektrochemischen Prozess wird die den Edelstahl schützende Chromoxydschicht etwas stärker aufgebaut. Dadurch entstehen Färbungen in Gold, Bronze, Black oder Blue. Farbtonabstufungen in modernen Champagner-, Cannon-Bronze- und Rosy-Gold-Tönen sind ebenfalls möglich. Aufgrund der Interferenz verblüffen diese Oberflächen durch ihre changierende, metallische Wirkung – ein Effekt, welcher mit einer Lackierung oder Beschichtung in dieser Form nicht möglich ist. Diese Färbung sieht nicht nur hervorragend aus, sondern sie besitzt den Vorteil, dass sie fester Bestandteil des entsprechenden Edelstahlbleches geworden ist.

Pigmentlose Färbung ermöglicht problemlose Weiterverarbeitung

Edelstahl mit Interferenzschicht kann wie alle anderen Baumetalle weiterverarbeitet werden. Dabei sind zum Beispiel Bearbeitungstechniken wie Abscheren oder Laserschneiden, Sicken oder Wulsten beziehungsweise Biegen oder Kanten möglich. Selbst Schweißteile können hergestellt werden, wobei dann an der Schweißnaht die Färbung dem natürlichen Silber des Edelstahls weichen muss. Neben Granex bietet Rimex auch Musterwalzungen, dessinierte Strukturen sowie die Ausführungen Satin oder Mirror an.

Die gefärbten Edelstahltafeln werden in Formaten bis 4,0 m Länge, 1,25 m Breite und in Dicken zwischen 0,6 mm und 2,0 mm angeboten. Zur Verschnittoptimierung empfiehlt es sich, die Tafeln zu halbieren oder, wie im Fall der Schifffahrtsleitzentrale am Neckar, zu dritteln. Somit standen dort Zuschnitte mit ca. 410 mm zur Verfügung. In der Länge passte das Standardmaß von 2500 mm perfekt. Mit der Ausführung der Fassade wurde der Fachbetrieb Klempnerei Schütz GmbH aus Mörlenbach betraut. Vereinfacht dargestellt waren zur Bekleidung des Schleusenhauses folgende Arbeitsschritte erforderlich:

1. Zuschnitt in Streifen und anschließend in Quadrate

2. Ausklinken, Lochen

3. Schutzfolie an den Rändern einschneiden und abziehen

4. Kanten: zwei Seiten nach vorne, zwei zurück

5. Falze mit Einlage weiter schließen, damit die Raute sauber liegt

6. Die Startrauten wurden in der Werkstatt vorgefertigt

7. Die Endrauten und Abschlüsse wurden vor Ort angepasst

Arbeitsplatz mit Neckarblick

Im Dünnblechbereich von 0,6 mm bis 0,8 mm ist ein sehr flexibles Arbeiten möglich. Die Herstellung von Schindeln und Falzblechen erfolgte zunächst in der Werkstatt. Die Anpassungsarbeiten und Anschlüsse wurden dann allerdings vor Ort ausgeführt und hergestellt, denn dies sparte Kosten für Detailplanung und Positionierung. Die kleinformatigen Edelstahlelemente wurden schließlich direkt auf die Unterkonstruktion aufgeschraubt – bei der gegebenen Materialstärke von 0,6 mm die Befestigungsart der Wahl.

Rund 52 000 Schleusungen werden im Endausbau jährlich von dieser Zentrale durchgeführt. Mit der neuen Leitzentrale soll der Betrieb optimiert werden – außerdem ist sie eine Antwort auf die immer geringer werdenden Personalressourcen in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung. Denn auch hier zeichnet sich, genauso wie im Klempnerhandwerk, ein drohender Fachkräftemangel ab. Von Neckarsteinach aus wird ein Pool von 24 Schichtleitern zwölf Schleusenkammern betreiben und den Wasserabfluss des Neckars an sechs Stauwehren mit 21 Wehrverschlusskörpern regulieren. Dass der Arbeitsplatz attraktiv ist, steht derweil außer Zweifel. Abgesehen von dem Privileg, hinter einer exklusiven, dezent schillernden Fassade untergebracht zu sein, genießen die Beschäftigten durch großzügige Fenster auch die Sicht auf den Neckar.

Info

Warum Edelstahl?

Für Edelstahl an der Fassade oder im Design sprechen Argumente wie robuster Wetterschutz, edler Glanz, zeitgemäße Gestaltung, Wertigkeit und lange Lebensdauer. Bei Rimex ist eine breite Auswahl an Oberflächen aus eigener Herstellung im Angebot: von matt gestrahlt oder mustergewalzt bis zu feingeschliffen oder spiegelpoliert. In ungefärbter Edelstahloptik sind außer den Standardformaten auch weitere Formate möglich. Die Standard-Werkstoffqualitäten 1.4301 oder auch 1.4401/1.4404 geben die Möglichkeit, Rimex-Material auch in kritischen Bereichen wie an Sockeln sowie im Straßen- und Gehwegbereich im Fassadenbau einzusetzen.

Befestigungsvarianten

Anders als beim Schleusenhaus Neckarsteinach ist bei Materialdicken ab 1,0 mm auch eine direkte Befestigung möglich. Als unsichtbare Befestigungsvariante hat sich neben dem klassischen Nieten und Schrauben auch das Kleben immer mehr etabliert. Für Granex und weitere Materialkombinationen wie OneTex und ColourTex von Rimex Metals liegen Prüfungen mit dem Klebesystem aus dem Hause Innotec vor. Letztendlich sind Zulassungen und technische Nachweise jedoch immer objektbezogen zu prüfen. Unsichtbare Befestigungen erfordern, ebenso wie großformatige Kassetten und anspruchsvolle Gliederungen, eine exakte und millimetergenaue Planung. Dafür eignet sich die Planng und Zeichnung auf CAD-Basis. Auch 3D-Laserscans zur Aufmaßnahme am Projekt sind für manchen Unternehmer zum Standard geworden.

Lesetipp

Wissenswertes rund um das Thema Edelstahl finden Sie auch in unserem großen Edelstahl-Spezial in BAUMETALL-Ausgabe 3/2017.

Bautafel

Bauherr: Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Heidelberg

Architektur: Cornelia Bauer, aib-architekten, Darmstadt

Fachbetrieb: Klempnerei Schütz GmbH, Mörlenbach

Fassade: Edelstahlschindeln aus Rimex Granex Champagne ColourTex, Fläche ca. 300 m²

Aufbau: Vorgehängte, hinterlüftete Fasade mit Hilti-Metall-UK, Knauf-Wärmedämmung und OSB-Tragschale