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KUPFER-CAMOUFLAGE

Verrückte Skulptur

Vom CAD-Entwurf (r) über die Fertigung beim Fachbetrieb Zeitler (oben) zum Aufstellort

Bild: Freiham Folly

Vom CAD-Entwurf (r) über die Fertigung beim Fachbetrieb Zeitler (oben) zum Aufstellort

Der Bau mancher Kunstwerke entwickelt sich für Beteiligte zur technischen Herausforderung. In dieser Hinsicht bildet die Skulptur Freiham Folly vom Hamburger Künstlerduo Heike Mutter und Ulrich Genth keine Ausnahme. Spenglermeister Gerhard Zeitler jun. bekleidete den Turm, der 2018 im Münchner Stadtteil Freiham aufgestellt wurde, mit voroxidierten Kupferprofilen in Stehfalztechnik. Das auffällige Muster aus verschiedenen Oberflächenfarben, das der Geschäftsführer des Spenglerfachbetriebs montierte, verleiht dem Kunstwerk seine einzigartige Aura. Auf der ungefähr 105 m² großen Fläche verlegte das Team des Spenglermeisters Profile der Marke Nordic Copper von Aurubis. „Wir kombinierten 7 Oberflächen miteinander: Nordic Blue, Nordic Green Traditional, Nordic Turquoise und die walzblanke Oberfläche Nordic Standard. Außerdem verarbeiteten wir Nordic Brown, die hellere Variante Nordic Brown Light sowie die gesprenkelte Farbe Nordic Green Living 1“, bestätigt der Geschäftsführer. Ob das Muster eine militärische Tarnfleck-Optik oder gesellschaftliche Vielfalt zum Ausdruck bringt, hängt vom Betrachter ab. Gerhard Zeitler: „Bei der technischen Ausführung hatten wir freie Hand. Zur farblichen Gestaltung gaben uns die Künstler Abbildungen vor. Die Positionen der verschiedenen Farbprofile markierten wir mit Buchstaben.“ Das Team fertigte ein Gros der Scharen mit gleicher Länge und Breite. Für die zwiebelförmigen Oberflächen entstanden breitere Profile mit bogenförmigen Kanten. Auch die Gesimskränze wurden ins Muster einbezogen und in sieben verschiedenen Oberflächen ausgeführt. Das Künstlerduo setzt auf die Bildung einer Patina und erwartet, dass die Bewitterung die Farb­unterschiede im Laufe der Jahre verändert, bis alle Profile eine ähnliche Patina aufweisen.

Die Skulptur „Freiham Folly“ spielt mit kulturellen Wahrnehmungen

Bild: Olaf Rohl

Die Skulptur „Freiham Folly“ spielt mit kulturellen Wahrnehmungen
Logistischer Kraftakt: Die vorgefertigten Einzelteile werden vor Ort in Position gebracht

Bild: Zeitler

Logistischer Kraftakt: Die vorgefertigten Einzelteile werden vor Ort in Position gebracht

Extravagante Konstruktion

Das ungewöhnliche Kunstwerk spielt mit kulturellen und architektonischen Wahrnehmungen. Die Spitze in einer Höhe von 21,28 m ist von vielen Stellen der Umgebung aus sichtbar. Die auffallend schlanke zylinderförmige Säule mit ihrem runden Durchmesser von 0,88 m erinnert an einen Maibaum. Das Tragwerk besteht aus Stahl und Holz. „Die Skulptur setzt sich aus 3 großen Segmenten zusammen, dem zwiebelförmigen Dach und der langen Säule. Eine Verankerung im Boden trägt das Gewicht und stabilisiert die Skulptur gegen Windlasten. Die Teile wurden zu fast 100 % auf unserem Gelände in Train vorkonstruiert und bekleidet. Einzige Ausnahme waren die Flanschbefestigungen“, erklärt der Firmenchef. Unterschiedlich große Zwiebelformen mit 7 Ecken strukturieren die Silhouette und stellen architektonische Bezüge zu den Turmdächern bayerischer Kirchen her. Die breiteste Zwiebel am Sockel misst 2,48 m im Durchmesser und besteht aus gefärbtem Beton, der keine tragende Funktion erfüllt, sondern einen Eindruck von Beweglichkeit vermittelt. Die kleinste Zwiebel auf der Bekrönung erreicht nur wenige Zentimeter im Umfang. Die Laterne („Balkon“) unter der Spitze ist mit einer automatischen Beleuchtung ausgestattet, sodass die Skulptur bei Dunkelheit sichtbar wird. Als Freiham Folly Ende November 2018 aufgestellt wurde, stemmte sich die Witterung gegen den Einsatz schwerer Technik: „Am Tag der Montage fielen 15 cm Schnee. Aber alle Segmente waren transportfertig, die Hebebühne und der Schwerlastkran bestellt. Daher haben wir das Kunstwerk bei diesem Wetter aufgestellt“, erinnert sich der Spenglermeister.

Zwischen Exzentrik und Orientierung

Die Skulptur greift die Zierbauten englischer Landschaftsgärten auf (engl. Folly = Narrheit) und vereint vieles in sich: Wahrzeichen eines Stadtteils, Kunstwerk sowie identitätsstiftende Orientierungsmarke für Anwohner und Schüler. Anlass für die Errichtung, die durch das Programm „Quivid – Kunst am Bau“ finanziert wurde, war die Erschließung des neuen Wohngebiets Freiham Nord ab 2017. Eine architektonisch gestaltete Grünfläche zwischen den Stadtteilen Neuaubing West und Freiham Nord dient als Standort für Freiham Folly.

Finale: Letzes Handanlegen am oberen Anschlussbereich des Turmes

Bild: Zeitler

Finale: Letzes Handanlegen am oberen Anschlussbereich des Turmes
Übergang von der Stehfalzbekleidung zum zwiebelförmigen Sockel aus gefärbtem Beton

Bild: Olaf Rohl

Übergang von der Stehfalzbekleidung zum zwiebelförmigen Sockel aus gefärbtem Beton

Bautafel

Projekt: Kupferbekleidung in Stehfalztechnik für die Skulptur Freiham Folly in München

Bauherr: Baureferat Landeshauptstadt München

Künstler: Heike Mutter und Ulrich Genth, Hamburg

Landschaftsarchitektur: West 8 Urban Design & Landscape Architecture, Rotterdam

Fachbetrieb: Gerhard Zeitler GmbH & Co. KG, Train

Material: Voroxidiertes Kupfer der Marken Nordic Blue, Nordic Green, Nordic Turquoise, Nordic Standard, Nordic Brown, Nordic Brown Light und Nordic Green Living 1

Hersteller: Aurubis Finland Oy, Pori

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