Blech und Nostalgie Schon als kleines Kind hat mich der Werkstoff Blech begeistert. Zum Beispiel als ich meine erste Eisenbahnanlage der Nenngröße H0 aufbaute. Die Schienen waren damals noch klassische Metallgleise mit angedeutetem Kiesbett. Ihr Böschungskörper aus Blech war in einem nostalgisch melierten Braunton bemalt, der die Gleisböschung samt Kiesbett imitierte. Das Metallbett diente aber nicht nur einer schönen Optik. Bis heute ist es der Garant für die sprichwörtliche Robustheit und hohe Stabilität des Gleises, doch das Beste ist: Das Blechgleis zeigt sich verantwortlich für die typische, leicht blecherne Geräuschkulisse, die an das majestätische Rauschen echter Räder beim Vorbeifahren der Züge erinnert. Wie habe ich diesen Sound geliebt!
Fortschritt im Kinderzimmer Heute spielt mein Enkelkind mit einer Eisenbahn, die ohne Gleise auskommt. Das Fahrgeräusch kommt aus einem kleinen Lautsprecher und ein Sensor verhindert, dass die Lok an Hindernissen anstößt. Immer dann, wenn es im Kinderzimmer eng wird, ertönt ein Warnton – wird automatisch der Rückwärtsgang aktiviert – umfährt der in China hergestellte Plastik-Wunderzug im Weg liegende Schuhe oder die digitale Toniebox. Und der Werkstoff Blech? Den suchen blechverliebte Oldtimer wie ich im Kinderzimmer vergebens – wobei: Die aufziehbare Watschelente mit Federwerk ist nach wie vor eines der Lieblingsspielzeuge, und: Sie besteht ganz und gar aus Blech.
Plastik und Digitales Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass heutzutage nahezu alle Spielsachen aus Kunststoff gefertigt sind? Dieser Trend macht selbst vor Ikonen nicht halt, wie die zahlreichen, in verschiedenen Maßstäben im Handel angebotenen Modelle des TV-Raumschiffs Enterprise beweisen. Viele Fans gehen sogar so weit, große Modelle mittels 3D-Druck-Verfahren anzufertigen, wobei hier ebenfalls Kunststoff als Material der Wahl zum Einsatz kommt. Wie Sie wissen, beschäftige ich mich aktuell ebenfalls mit dem Bau eines Modells des weltbekannten Raumschiffs – jedoch nicht aus Plastik, sondern aus Titanzink. Ich bin sicher, Captain Kirk hätte seine helle Freude daran, diesen Prozess zu begleiten. Staunend würde er die Ornamentenspengler des Handelshauses Kaufmann beobachten: Er würde sehen, wie sie die Diskus-Sektion des Raumschiffs in klassischer Ornamententechnik erschufen. Dafür fertigten sie zuerst einen detaillierten Gipsabdruck von einem eigens hergestellten 3D-Druck-Rohling an. Dieser Gipsabdruck diente anschließend als Vorlage, um im Metallgussverfahren einen Stempel und eine Matrize herzustellen. Erst mithilfe dieser Werkzeuge entstanden auf der Presse die eigentlichen Rohlinge aus Titanzink.
Science Fiction? Nein! Handwerksgeschichte! Und genau darum ist das Projekt so faszinierend: Es führt uns die zeitlose Eleganz traditionellen Handwerks vor Augen und beweist, dass selbst Titanzink-Visionen der Zukunft ihre Wurzeln in sorgsam von Generation zu Generation überlieferten Techniken der Metallbearbeitung haben. Das ist übrigens bei der Herstellung von Metallbedachungen genauso. Meiner festen Überzeugung folgend, dass es keine Zukunft ohne Herkunft geben kann, beweisen Dachhandwerker jeden Tag aufs Neue, wie großartig der vielseitig einsetzbare Werkstoff Metall ist.
Herzlichst Ihr
Klempnermeister Andreas Buck (Chefredakteur)