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Tierischer Hefteinstieg

Falkenfalz Das zu diesem Kommentar ausgewählte Foto zeigt einen Turmfalken auf einem Wiener Blechdach. Der seltene Besucher nimmt für gewöhnlich mit Turmdächern vorlieb – sollte man meinen. Dieses schöne Exemplar macht jedoch gerne eine Ausnahme. Etwa dann, wenn die Instagramer von @snapshotcrows zum Fotoshooting einladen. Über den Metalldächern der österreichischen Hauptstadt tummeln sich dann auch Tauben oder Rabenvögel, die auf einzelnen Fotos wie Inspekteure von Falzarbeiten wirken.

Storchenschnabel Ein anderer Spenglervogel ist auch als Meister Adebar bekannt und gut am langen Schnabel erkennbar. Bei den Spenglern stand der Storch Pate für das Falteneisen. Das Werkzeug wird oft gebraucht, um Quetschfalten vorzubereiten. Andere Namensgeber aus dem Tierreich sind zum Beispiel der Geißfuß oder das Krokodil. Letzteres Werkzeug ist ein spezieller Wagenheber, der seinen Namen der flachen Form und der Hebebewegung verdankt. An dieser Stelle sei aber auch der Rabe genannt. Der Name wurde, wenn auch selten, in einigen Sprachräumen als tierische Alternative für Schraubendreher oder Schraubenzieher verwendet. Es ist durchaus vorstellbar, dass der an einen Rabenkopf erinnernde Werkzeuggriff die Fantasie früherer Handwerker beflügelte.

Tierische Meisterleistung Im historischen Kontext wurde oft zwischen dem vernünftigen Menschen und dem instinktiven Tier unterschieden. Etwas als tierisch zu bezeichnen, bringt Emotionen und eine gewisse Urgewalt zum Ausdruck. Solche Assoziationen
wecken auch die 71 Wettbewerbsarbeiten für das diesjährige „Meisterstück des Jahres“. Zu ihrer Herstellung waren nicht nur die oben
genannten Werkzeuge im Einsatz. Bestimmt griffen die Prüflinge dabei auch zur klassischen Pelikanschere.

Frosch, Affe und Maus Und was lernen wir daraus? Viele Werkzeugbezeichnungen haben ihren Ursprung im traditionellen Handwerk. Die entsprechenden Namen entstanden in einer Zeit, in der das Handwerk stark von überliefertem Wissen oder praktischer Erfahrung geprägt war. Genormte Begriffe gab es nicht. Stattdessen wurden Werkzeuge intuitiv nach ihrer Form oder Funktion benannt. Zum Beispiel war der Begriff Ochsenkopfhammer unter Fachleuten so geläufig, dass seine Bedeutung auch ohne Kenntnis des technischen Namens sofort klar war. Gleiches gilt für den Fuchsschwanz oder für den Affen. Letzterer ist umgangssprachlich als Engländer bekannt und ist ein verstellbarer Schraubenschlüssel. Ein anderes Beispiel ist der Frosch im Inneren eines Hobels. Das an einen sitzenden Frosch
erinnernde Metallstück hat die Aufgabe, die Hobelklinge mitsamt der darüber liegenden Spanbrecherklappe an Ort und Stelle zu halten. Wer diesen Zusammenhang bereits als Lehrling kannte, verstand auch die Funktionsweise intuitiv besser. Es liegt also auf der Hand, dass diese bildliche Sprache nicht nur die Kommunikation, sondern auch die Ausbildung vereinfachte. Übrigens: Dass die Maus früher
einen Bandschleifer und heute ein Computer-­Eingabegerät nennt, zeigt, dass manche Namen niemals aus der Mode kommen.

Herzlichst Ihr

Klempnermeister Andreas Buck
(Chefredakteur)

Andreas Buck
Chefredakteur, Klempnermeister