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Ohne Spengler geht es nicht

Die Sandstein-Villa an der Jurastraße 44, ist ein auffallendes Gebäude aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Ihr Reichtum an Gesimsen, Dekorationen und Ornamenten macht sie zu einem schützenswerten Objekt mit eidgenössischer Bedeutung – ihre Dachsanierung zum Traum der beteiligten Handwerker und Restauratoren. Voraussetzung ist allerdings, dass sich diese in ihrem Handwerk auskennen und ihr Metier beherrschen. Im Januar 2015 erfolgte nach einem Wassereintritt die erste Besichtigung. Für erste Kontroll- und Reparaturarbeiten wurde ein Gerüst aufgestellt. Somit konnte auch das Hauptdach begutachtet werden. Dabei zeigte sich, dass die Eigentümerin um eine komplette Dachsanierung nicht herumkommen würde. Neben dem Hauptdach waren auch drei unterschiedlich große Spitz- und Mansardendach-Türme sowie eine Vielzahl komplizierter Detailpunkte betroffen. Das Dach war mit verschiedenen Materialien wie Tonziegel, Naturschiefer und Metallbedachungen eingedeckt. Außerdem erhöhten verschiedene Dachebenen und Dachschrägen sowie zahlreiche Verzierungen und Ornamente aus Sandstein und Metall den Schwierigkeitsgrad der Arbeiten erheblich.

Vorbereitende Maßnahmen

Die erste Maßnahme galt der Beseitigung des vorhandenen und sich ausbreitenden Holzschwammes im Bereich des großen Mansarden-Turmdaches hinter der Sandstein-Balustrade. Damit befallene Holzteile und Unterkonstruktionen sofort ersetzt werden konnten, mussten die Eindeckung und diverse Metall-Profile an zahlreichen Stellen entfernt werden. Anschließend, und somit vor dem Beginn der Gesamt-Sanierung, folgten eine sorgfältige und alle Details erfassende Planung sowie eine Kostenzusammenstellung. Dadurch bot sich die einmalige Gelegenheit, das neue Dach nach altem Vorbild wieder zu rekonstruieren. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Kultur und Denkmalpflege des Kantons Bern.

Vorbildliches Teamplay

So einmalig wie das Objekt selbst, gestaltete sich auch das Teamwork der beauftragten Handwerker. Schon bei der Arbeitsvorbereitung sowie der im Vorfeld erforderlichen Abstimmung arbeiteten diese außerordentlich gut zusammen. Vieles musste bemustert, vor Ort in Augenschein genommen und beurteilt werden. Daraus ergaben sich Diskussionen über die jeweils authentischste, praktischste bzw. finanziell oder ästhetisch beste Lösung. Das alles fand in einer sehr kollegialen und sachlichen Atmosphäre statt, die man sich zuweilen auch bei anderen Projekten wünscht. Die Arbeiten begannen im September 2015 und brachten immer wieder neue Details ans Licht.

Schritt für Schritt zum Ziel

Am Dach wurden die vorhandenen Ornamente sorgfältig demontiert und anschließend als Mustervorlagen genutzt. Es folgten Abbrüche der alten Eindeckungen sowie der Austausch von Sparen und Holzschalungen. Dann wurde ein neues Unterdach aus Platten und Folien aufgebaut und die Unterkonstruktionen für die Ziegel- und Naturschiefereindeckungen sowie für alle Spenglerarbeiten im Bereich des Dachrandes bzw. der Traufe hergestellt. Gleichzeitig wurden am Fuße des großen Turmes das alte defekte Sandstein-Gesims und die Balustrade mit viel Feingefühl abgebrochen. Zur entsprechenden Neuerstellung wurde Jura-Sandstein eingesetzt. Um die schweren Bauteile in die Höhe zu heben und am Fuße des Turmes zu montieren, war viel Manneskraft erforderlich. Das Gesims wurde mit einer vertieften halbrunden Rinne und profilierter Untersicht ausgestattet – die drei abgestuften Ecksäulen und profilierte Stützen mit einem abschließenden Gurt.

Auch am Dach erfolgten die Arbeiten schrittweise. Zuerst wurde das kleine Türmchen mit Naturschiefer-platten eingedeckt und dazu notwendige Metall-anschlüsse, profilierte Gratbleche und die blumenverzierte Dachspitze aus Titanzink montiert. Der Turm auf der Gartenseite wurde komplett mit einer neuen Titanzink-Eindeckung versehen. Dort mussten halbrunde Dachbruchprofile, liegende Falzverbindungen und runde Grat- und Firstabschlüsse sorgfältig angebracht beziehungsweise ausgeführt werden. Etwas turbulenter gestaltete sich die Eindeckung der neuen, schwarzen Dachziegel, denn die Abstimmung der Ziegelform und -farbe war durchaus komplex. Nachdem ein geeigneter Zulieferer gefunden und die entsprechenden Ziegel geliefert waren, konnte das Hauptdach noch vor Weihnachten gedeckt werden. Auch hier waren zahlreiche Metalleinfassungen, wie Schornstein- und Dachfenster-Verwahrungen oder profilierte Grat- und Firstbleche, herzustellen.

Schicker Blitzschutz und imposante Spenglerarbeiten

Nicht weniger anspruchsvoll gestaltete sich die Ausführung der komplett neu aufgebauten Blitzschutzanlage samt Verwendung der bestehenden Blitzschutzstange auf dem First. Um das Originalbauteil wieder funktionstüchtig zu machen, wurde die Blitzschutzstande sandgestrahlt und neu lackiert bzw. patiniert. Außerdem wurden die Spitzen samt Federkeil der Windrichtungszeiger mit Blattgold vergoldet. Nach der Montage der optisch ansprechenden Blitzschutzstange sowie der Firstbleche folgte der dichte Anschluss mit einem eckigen Übergangselement.

Zur Montage der inneren Einlegerinne sowie der äußeren Gesimsrinne wurde rostfreier, mattierter Edelstahl verwendet. Ein weiterer Höhepunkt war der Einbau des markanten, runden Mansardenfensters mit seinen Schneckenverzierungen und dem Rundbogen. Die vier Dachflächen wurden wiederum mit Naturschieferplatten eingedeckt. An den Graten und am Dachbruch wurde ein dreiteiliges Gratprofil mit Zierwulst sowie ein Brustblech mit Eckverzierungen montiert. Abschließend wurden halbrunde Dachbruchprofile und die eckige Zeltdach-Metalleindeckung aus Titanzink angebracht. Ausstattungsmerkmal sind hier liegende Falzverbindungen und runde Gratabschlussprofile. Und auch die Dachspitze des großen Turmes ist mit ihren großen Blüten und den vier Eck-Abschlussköpfen sehr beeindruckend.

Gefragte Handwerkskunst

Dass zusätzlich zu den anspruchsvollen Dacharbeiten auch die Ablauf- und Sockelrohre im Bereich der Fassaden ersetzt wurden, rückt in Anbetracht des hohen Qualitätsanspruches nahezu in den Hintergrund. Generell gilt, dass für derartige Sanierungsarbeiten neben Fachkompetenz auch ein hohes Maß an Handwerkskunst gefragt ist. Beides haben die beteiligten Firmen bei diesem anspruchsvollen Auftrag unter Beweis gestellt. Die gelungene Sanierung der historischen Villa in Langenthal kann somit zweifelsfrei für weitere anspruchsvolle Projekte als Referenz vorgewiesen werden. Übrigens: Ohne die handwerklichen Fähigkeiten der beauftragten Spengler wäre eine dem historischen Vorbild entsprechende Sanierung nicht durchführbar gewesen.

Bautafel

Unter der Leitung des Architekturbüros Blum & Grossenbacher in Langenthal wurde die Dachsanierung durch folgende Fachbetriebe ausgeführt:

Dacheindeckung: Adelbert Meyer, Bedachungen, Langenthal

Spengler- und Blitzschutzarbeiten: Gebr. Brand AG, Haustechnik, Langenthal

Maler- und Gipserarbeiten: Jäggi Pagani AG, Gipser Maler Stukkdesign, Langenthal

Holzbauarbeiten: Schaerholzbau AG, Altbüron

Sandstein-Restaurationsarbeiten: U. Bridevaux AG, Bern

Autor

Peter Langguth

ist dipl. Spenglermeister und Inhaber des Fachbetriebes Gebr. Brand AG im schweizerischen Langenthal.

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