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Kupfereindeckung am Zwiebelaufsatz auf der päpstlichen Basilika des Klosters Ottobeuren

Münchner Spengler im Allgäu

Was die Mitarbeiter der alteingesessenen „Konrad Blamberger Bau- und Werkstattspenglerei GmbH“ aus München (vormals Königlich-Baierische Hofspänglerei) beim Öffnen des Daches am Kloster Ottobeuren vorfanden und wie die historische Kupferdeckung Großteils gerettet wurde, schildern folgende Ausführungen: Die auf Denkmalschutzaufgaben spezialisierten Spengler aus München waren bereits im Sommer 2008 am Prestige-Objekt der Basilika in Ottobeuren im Landkreis Unterallgäu beschäftigt. Dort musste die mehr als 255 Jahre alte Kupfereindeckung des Zwiebel-aufsatzes über der Vierung nach denkmalschutzgesetzlichen Auflagen instand gesetzt werden.

Der reich gegliederte Zwiebelaufsatz entstand sicherlich gleichzeitig mit dem Dachwerk, das 1753 vollendet wurde. Konstruktiv handelt es sich um eine, auf der Spitze des Pyramidendaches der Vierung aufsitzenden und am Kaiserstiel befestigten, Holzspanten-Konstruktion mit Verschalung und Kupferbekleidung. Den oberen Abschluss bildet ein feuervergoldetes Christusmonogramm, dessen inneres Traggerüst von einer, den Kaiserstiel verlängernden, Eisenstange gebildet wird. Der gesamte Aufsatz ist praktisch vollständig in seinem entstehungszeitlichen Bestand überliefert. Dies lässt sich insbesondere an den handwerklichen Charakteristika, der künstlerischen Qualität und dem weitgehenden Fehlen älterer Reparaturen zweifelsfrei nachvollziehen. Insbesondere was die andernorts im Verlauf der Jahrhunderte vielfach ausgeführten Neueindeckungen anbelangt, ist in Ottobeuren ein äußerst seltener Zustand anzutreffen, der den Zwiebel-aufsatz zu einem hoch bedeutenden Zeugnis spätbarocker Handwerkskunst macht. Neben dem Vierungsaufsatz verfügen auch die beiden Türme sowie der Chordachreiter augenscheinlich noch über ihre ursprünglichen Metallbekleidungen. Insgesamt blieb an der Basilika in Ottobeuren ein Ensemble handwerklich und künstlerisch herausragender Kupfer-eindeckungen aus der Barockzeit erhalten, dem sowohl quantitativ als auch qualitativ eine Ausnahmestellung zukommt – und zwar weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus.

Schäden an der Holzkonstruktion

Umfangreichere Schäden wurden insbesondere an der Holzkonstruktion des Aufsatzes, also an Spanten, Verschalung und angefügten Ornamenten festgestellt. Eingedrungene oder kondensierte Feuchtigkeit hatte an diesen Teilen sogar bis zum Verlust ganzer Holzteile geführt. Im Gegensatz zur Holzkonstruktion ist die Kupferbekleidung trotz einer Nutzungsdauer von mittlerweile 255 Jahren noch sehr gut intakt – augenscheinliche Spuren früherer Reparaturen sind allenfalls im unteren Teil der Eindeckung zu erkennen. Das für die Kupfereindeckung eingesetzte historische Kupfer entspricht in seiner Materialstärke ziemlich genau den heute für Dacheindeckungen in Stehfalztechnik eingesetzten Materialien. An Falz- und Scharbereichen wurden Stärken zwischen minimal 0,5 mm (selten), über 0,7 mm (typisch) bis hin zu 0,8 mm gemessen. Wie schon von anderen historischen Kupferdächern in München bekannt ist, reicht auch in Ottobeuren die Oberflächenkorrosion nicht nennenswert in die Tiefe des Materials. Klopfverhalten und Verformungswiderstände sowie Rissneigung im Bereich kritischer Falze oder sogenannte Sternrisse in den Flächen wurden nicht festgestellt. Aus diesen Gründen kann die historische Kupfereindeckung auch in kommenden Jahrhunderten zuverlässig Witterungsschutzaufgaben erfüllen. »

Turminspektion im Keller

Um den Barockturm zum ersten Mal in Augenschein zu nehmen, musste Spenglermeister Konrad Blamberger mit seinem Sohn Konrad G. Blamberger, nicht wie sonst üblich, auf den circa 65 m hohen Turm aufsteigen. Einige Turmbekleidungen wurden im Laufe der Renovierungsarbeiten abgenommen und im Keller der Benediktiner Abtei zwischengelagert. Bei der Erstinspektion der hölzernen Dachkonstruktion waren massive Schäden festzustellen. So entschlossen sich die zuständigen Baufachleute des staatlichen Bauamtes Kempten zur Sanierung. In Abstimmung mit dem bayerischen Landesamt für Denkmalpflege wurden die notwendigen Arbeiten ausgeschrieben und schließlich in Einzelgewerken vergeben. Den Zuschlag für die Spenglerarbeiten erhielt die Münchner „Konrad Blamberger Bau- und Werkstattspenglerei GmbH“. Es galt, die über 255 Jahre alte Kupfereindeckung fachgerecht zu überarbeiten und nach der Sanierung der Holzkonstruktion wieder aufzudecken.

Am offenen Dach trat das Ausmaß der geschädigten Holzkonstruktion erst in vollem Umfang ans Tageslicht. Die Schalung war praktisch unbrauchbar geworden und musste abgetragen werden. Dadurch wurden bislang unzugängliche Knoten- und Auflagerpunkte sichtbar und es zeigte sich, dass die Schäden am Holz dramatisch waren. Anhaltende Durchfeuchtung hatte zu Pilzbefall und strukturschädigender Fäulnis geführt, aber auch unsachgemäße Reparaturen der letzten Jahrzehnte haben mehr geschädigt als genutzt. Mit einer schnellen Reparatur konnten die Schäden an der Kuppel also nicht behoben werden, denn je mehr vom verbliebenen Tragwerk zum Vorschein kam, desto weniger konnte von Standsicherheit die Rede sein. Eigentlich war es rätselhaft, warum die Konstruktion letztlich überhaupt noch zusammengehalten hatte.

Ein neues Innenleben für die Kuppel…

So wurde die Sanierungsmaßnahme umfangreicher als gedacht. Zudem wurden die Arbeiten während des laufenden Klosterbetriebes durchgeführt. Die Zimmerleute ersetzten die schadhaften Hölzer durch neue Streben, Profilsparren und Spanten. Erst dann konnten die sorgfältig zwischengelagerten, originalen Kupferscharen wieder aufgebracht sowie die Dachhaut mit allen Details wieder hergestellt werden. Anders als vor 255 Jahren wurde dieses Mal besonders darauf geachtet, dass eine ausreichende Durchlüftung der Dachkonstruktion stattfinden kann, um anfallendes Kondensat schnell abzutransportieren.

…und für die Schnecken ein neuer Hut

Nach Beseitigung der Schäden an der Kuppel war allen Beteiligten klar, dass einige Kupferbauteile kaum heil geblieben sind. Leider war auch die Kupferhaut der Schnecken und Anbauteile nicht mehr zu gebrauchen. So wurden wenige Teile, mit entsprechender Vorsicht, aus neuem Tecu-Classic weich DHR R220 EN 1172 0,7 mm an der Baustelle angefertigt. Diese Bauteile haben nun während der nächsten 250 Jahre Zeit, wieder reichlich Patina anzusetzen.

Hintergrund

Ottobeuren wurde als Familienkloster der Grafen Silach um 764 gegründet und von Mönchen aus dem Bodenseeraum, St. Gallen und Reichenau besiedelt. Das Kloster erlangte im Lauf seiner Geschichte die Reichsunmittelbarkeit, das heißt, sein Gebiet war innerhalb des deutschen Reiches unabhängig und allein dem Kaiser verpflichtet. Der kleine Klosterstaat (Ottobeuren und 27 Dörfer des Umlandes) wurde so bis zum Jahr 1802, als Ottobeuren an Bayern fiel, nachhaltig vom Kloster geprägt. In dieser Zeit kann man von drei Blütephasen sprechen: Im 12. Jahrhundert führte der selige Abt Rupert die Hirsauer Reform ein und erneuerte das klösterliche Leben. Unter seinem Nachfolger blühte dann eine Schreibschule, deren bedeutende Buchmalereien heute leider nicht mehr am Ort zu sehen sind. Eine zweite Blüte erlebte das Kloster im 16. Jahrhundert, als es ein Zentrum des süddeutschen Humanismus wurde und schon früh eine Druckerei betrieb. Nach dem Dreißigjährigen Krieg, in dem das Kloster schwer gelitten hatte, blühte es unter Abt Rupert II. Neß im 18. Jahrhundert erneut auf. Dieser förderte sowohl das religiöse wie auch das soziale, wirtschaftliche und künstlerische Leben im Kloster als auch im Stiftsgebiet. Sichtbares Zeichen dieser Epoche ist die mächtige barocke Klosteranlage mit ihrem Abschluss, der Klosterkirche, die eines der Hauptwerke des europäischen Barocks darstellt.

Nach der Klosterauflösung in der Säkularisation 1802 verdankt es Ottobeuren der Treue der damaligen Mönche, die sich weder durch Schikanen noch durch staatliche Zwangsmaßnahmen vertreiben ließen, dass das Kloster unter König Ludwig I. 1834 wieder einen kleinen Anfang wagen konnte. Seit 1918 ist Ottobeuren abermals selbstständige Abtei und zählt heute 22 Mönche.

* Konrad Georg Blamberger ist Spenglermeister und Betriebswirt (HWK) bei der „Konrad Blamberger Bau- und Werkstattspenglerei GmbH“ aus München (vormals Königlich-Baierische Hofspänglerei) und repräsentiert den Familienbetrieb in siebter Generation

Konrad Georg Blamberger*

Weitere Informationen

Bauherr: Freistaat Bayern

Bauleitung: Staatliches Bauamt, Kempten

Spenglerfachbetrieb: Konrad Blamberger Bau- und Werkstattspenglerei GmbH, München

Material: Tecu-Classic weich DHR R220 EN 1172 0,7 mm

Hintergrund

Die Konrad Blamberger Bau- und Werkstattspenglerei GmbH ist ein Familienunternehmen mit langer Tradition. Gegründet wurde der Münchener Handwerksbetrieb bereits im Jahre 1810, als die Eheleute Johann und Maria Obermair das ehemalige Wührbad (Ecke Lederer-/Hochstrasse) kauften und darin die erste moderne Spenglerei Münchens einrichteten. Nur sechs Jahre später ernannte König Maximilian Josef I. von Bayern Obermair wegen besonderer Verdienste um die Erhaltung königlicher Hofbauten und hervorragender Arbeiten am Neubau des Königlichen Hof- und Nationaltheaters zum ersten und einzigen „königlich Baierischen Hofspängler“. Obermairs Enkelin Theresia heiratete 1864 den Spenglermeister Georg Blamberger, der dem Betrieb fortan seinen Namen gab. Heute leitet ihr Urenkel Konrad Blamberger als Seniorchef den Betrieb und achtet darauf, dass traditionelle Handwerkskunst fortgeführt wird. So legt er seiner Arbeit Techniken zugrunde, die schon beim 700 Jahre alten Hildesheimer Dom, dem ältesten Kupferdach Deutschlands, angewendet wurden. Dafür benutzt der Spenglermeister über 200 Jahre altes Werkzeug, das in der Familie von Generation zu Generation weitergereicht wurde. Besonders freut ihn, dass auch Sohn „Konni“ Konrad Georg Blamberger in die Fußstapfen der Handwerksfamilie tritt und mit seinen 25 Jahren sämtliche beruflichen Nachweise schon mit 21 Jahren absolviert hat. Somit bleibt die Familientradition auch in siebter Spenglergeneration erhalten.

Ein Fernsehbericht über das alteingesessene Münchener Familienunternehmen ist im Inernet unter blamberger-spenglerei.de (Anm. d. Red.: Link nicht mehr gültig) und auf https://www.baumetall.de/ im Online-Extra zu sehen.

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