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Vom Winde verweht

Liebes BAUMETALL-Team, euren Facebook-Beitrag über ein vom Sturm davongetragenes Stehfalzdach finde ich überaus interessant. Die Fragen, die sich jeder Spengler beim Anblick solcher Fotos stellen sollte, lauten: Was müssen wir beachten, um solche Schäden zu vermeiden? Müssen wir bauseitig ausgeführte Unterkonstruktionen prüfen und gegebenenfalls Bedenken anmelden und gibt es eine Hinweispflicht, falls Mängel vorhanden sind? Vor der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen sind alle Fachleute gut beraten, entsprechende Überlegungen anzustellen …

Mit welchen Windlasten haben wir es zu tun?

In Deutschland werden vier Windlastzonen ausgewiesen, beziehungsweise kartifiziert. Die Unterteilung ist in Windlastzonen WZ 1 bis WZ 3 definiert. Die Basiswindgeschwindigkeiten werden wie folgt in m/s und der Basiswindgeschwindigkeitsdruck in kPa bzw. kN/m² angegeben:

  • WZ 1 (22,5 m/s, 0,32 kN/m²)
  • WZ 2 (25,0 m/s, 0,39 kN/m²)
  • WZ 3 (27,5 m/s, 0,47 kN/m²)

Für die WZ 4 ist ein spezieller Nachweis erforderlich, dessen Berechnung beispielsweise durch einen Statiker erfolgen kann. Die Einteilung der Dachfläche erfolgt in einzelne Dachbereiche (siehe Darstellung auf Seite 57). Außerdem ist es wichtig, die Gebäudehöhe sowie die Dachneigung zu definieren. Dazu werden folgende Unterteilungen vorgenommen:

  • Gebäudehöhe bis 10 m
  • Gebäudehöhe von 10 m bis 20 m
  • Gebäudehöhe von 20 m bis 50 m
  • Gebäudehöhe von 50 m bis 100 m
  • Dachneigung bis 30° und Dachneigung ab 30°

Um zu verdeutlichen, mit welchen Lasten wir es zu tun haben, ist folgende Übersicht hilfreich: Bei WZ 1, einer Gebäudehöhe unter 10 m und einer Dachneigung unter 30° wird die geringste Belastung im Flächenbereich (J) mit einer Windlast von 1,22 kN/m² definiert. Bei identischen Parametern erhöht sich die Windlast im Flächenbereich (J) in WZ 2 auf 1,49 kN/m² und in WZ 3 bereits auf 1,80 kN/m². Ein Beispiel-Pultdach in WZ 1 ist im Traufen- und Firstbereich (G) einer Windlast von 1,62 kN/m² ausgesetzt. Im Randbereich (F) muss mit Windlasten von 2,03 kN/m² gerechnet werden und im Eckbereich (F-Hoch) sind es gar 2,35 kN/m². Stünde dasselbe Gebäude in WZ 2 betrügen die Windlasten in den Eckbereichen bereits 2,87 kN/m². Die Eckbereich-Belastungen in der WZ 3 stiege sogar auf beachtliche 3,48 kN/m².

Untergrund muss geeignet sein

Eines ist sicher: Man kann ein Metalldach so gut befestigen, wie man will, doch was nützt die größte Sorgfalt, wenn die Unterkonstruktion mangelhaft montiert oder ungeeignet ist? Die Anforderungen an die Unterkonstruktion sind ebenso hoch, was zur Folge hat, dass das meist bauseitig erbrachte Vorgewerk genau geprüft werden muss. Die Sache hat jedoch einen gravierenden Haken: Der Spengler kommt meist erst dann auf die Baustelle, wenn Holzschalung und Dachpappe montiert sind. Eine ordentliche Prüfung der Unterkonstruktion ist dann nicht mehr möglich. Umso wichtiger ist es, der Hinweispflicht nachzukommen. Diese kann zum Beispiel im Vorfeld (bei Auftragserteilung) mit einem Schreiben an den Architekten oder Bauherrn sowie den ausführenden Zimmerer-Fachbetrieb erfolgen. Darin sollte die Ausführung nach gültigen Fachregeln bzw. DIN-Normen gefordert werden.

Tipps zur Unterkonstruktion

Meiner Erfahrung nach war in den meisten Schadensfällen, bei denen Metalldächer abgedeckt wurden, die Unterkonstruktion mangelhaft. Es ist unbedingt zu prüfen, ob das zu deckende Dach Teil einer offenen oder geschlossenen Gebäudehülle ist. Zur Montage von Trapez- oder Profilblechen wird fast immer auf eine Vollholzschalung verzichtet und stattdessen werden Lattenkonstruktionen verwendet. Diese müssen das Metalldach vor den von unten auftretenden Windlasten schützen. Laut ZVSHK-Fachregel des Klempnerhandwerks sind entsprechende Maßnahmen gegen Abheben durch Windkräfte zu veranlassen. Baukörper mit offenen Dachkonstruktionen oder solche, die an einer oder mehreren Seite(n) ganz offen sind oder geöffnet werden können, gelten nach DIN 1055-4:205-03 nicht als geschlossene Baukörper. Für diese Dachkonstruktionen ist immer ein Einzelnachweis nötig.

Es ist ferner zu bedenken, dass eine Lattenkonstruktion nur einzelne Befestigungspunkte bietet, auf welche die Windlast abgetragen werden muss. Betragen Lattenabstand und Sparrenabstand beispielsweise 1,00 m, so ergibt dies eine Fläche von 1,00 m² und daraus wiederum einen Befestigungspunkt je m². In der Windlastzone 1 wirkt auf diesen Punkt im Flächenbereich (J) eine Last von 122 kg. Bei WZ 2 sind es bereits 149 kg und bei WZ 3 stattliche 180 kg. Noch drastischer wird es bei einem Lattenabstand von 1,50 m und einem Sparrenabstand von 1,00 m. Die Lasten müssen dann mit 0,67 Befestigungspunkten pro m² abgetragen werden. Im Flächenbereich (J) wirken auf diesen Befestigungspunkt in WZ 1 rund 183 kg. In WZ 2 sind es 223,5 kg und in WZ 3 ganze 270 kg! In den Traufen-, Rand- und Eckbereichen sind die Werte noch höher! Es wird deutlich, mit welchen Lasten wir es zu tun haben! Es sollte daher unbedingt darauf geachtet werden, dass bei solchen Konstruktionen Befestigungsmittel (Schrauben) mit bauaufsichtlicher Zulassung verwendet werden.

Eindecken des Metalldachs

Wie berechnen wir nun die Anzahl und den Abstand der Hafte und warum müssen wir dabei verschiedene Dachbereiche berücksichtigen? An unserem Beispiel-Pultdach werden in der Dachschräge die waagerechte Linie und die tatsächliche Länge gemessen und über die Winkelfunktionen die Dachneigung berechnet. Nachdem die Dachbereiche festgelegt sind, müssen wir in den Tabellen der ZVSHK-Fachregeln den Haftabstand ermitteln. Diese Tabellen berücksichtigen Scharenbreiten von 52, 59, 62 und 72 cm. Außerdem sind sie für die Windlastzonen 1, 2 und 3 ausgelegt. Für Windlastzone 4 ist ein spezieller Nachweis erforderlich. Informationen zu deutschen Windlastzonen sind beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBT, http://www.dibt.de, dibt@dibt.de) abrufbar.

Sind die Dachbereiche ausgerechnet, die notwendigen Haftabstände in den Tabellen ausgesucht und eine Baustellenzeichnung angefertigt, können wir mit unserer Arbeit beginnen.

Programmhinweis

Wir sehen also, dass die Berechnung gewissenhaft erfolgen muss. Sie ist vor allem dann sehr aufwendig, wenn Scharbreiten nicht in den Tabellen aufgeführt sind. BAUMETALL berichtete in Ausgabe 2/2014 unter dem Titel „Haftberechnung leicht gemacht“ über das Haftberechnungsprogramm des Spenglerfachbetriebes Max Keim. Das Haftberechnungsprogramm basiert auf den Fachregeln des ZVSHK. Es erlaubt die schnelle und einfache Berechnung der Haftabstände bei frei wählbarer Scharbreite sowie der Eingabe des Falzverlustes.

Die Berechnung einzelner Dachbereiche wird anhand von zwei Zeichnungen im DIN-A4-Format dargestellt. Eine maßstabsgetreue Zeichnung stellt die Einteilung der einzelnen Dachbereiche dar, die bemaßte Baustellenzeichnung ist unmaßstäblich. Die erstellten Dateien lassen sich sogar als PDF-Datei speichern.

Seit der Vorstellung des Programms in der Fachzeitschrift BAUMETALL und auf dem Deutschen Klempnertag 2014 bestätigen immer mehr Fachleute, wie einfach das Programm anzuwenden ist. (Anmerk. d. Red.: BAUMETALL berichtet in der nächsten Ausgabe). Ich hoffe, mit meinem ausführlichen Leserbrief einen Beitrag zur Sicherheit bei der Montage von Metalldächern geleistet zu haben, und freue mich schon jetzt auf den fachlichen Austausch.

Max Keim

ist Spenglermeister und Inhaber des gleichnamigen Fachbetriebes in Ortenburg.

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