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Techniken der Zinkbedachung im 19. Jahrhundert — Teil 1

Zink-Zeitreise

Mit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert begann in Europa die industrielle Produktion von Zink. Ab dem Jahr 1805 war es möglich, das Metall zu walzen und Bleche daraus herzustellen. Damit konnte es für Bedachungen eingesetzt werden. Eine erste Anwendung hierfür erfolgte im Jahr 1811 an der Kirche Saint-Barthélemy in Lüttich mit Material der Vieille Montagne.

Zink hat Materialeigenschaften, welche sich von den bereits zuvor verwendeten Metallen Blei, Kupfer und Eisen unterscheiden. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen mussten für die Anwendung des neuen Bedachungsmaterials neue Techniken, Produkte und Systeme entwickelt werden.

Was wusste man aber zu Beginn des 19. Jahrhunderts über Zink? Die bisherigen Anwendungsgebiete erlaubten keine Rückschlüsse auf die Material-eigenschaften des Metalls. Es wurde bis zu dieser Zeit vor allem zur Herstellung von Messing eingesetzt, welches in Kleinteilen, wie Schmuckgegenständen, genutzt wurde. Auch wissenschaftliche Analysen des Metalls waren widersprüchlich und konnten nicht genutzt werden. Für eine Anwendung als Bedachungsmaterial konnte man also nur auf die bereits mit Blei, Kupfer und Eisen gemachten Erfahrungen zurückgreifen. Dabei kam bis Ende des 18. Jahrhunderts für Kupfer- und Eisenbedachungen die Stehfalztechnik zum Einsatz. Der Rollenfalz sowie die Verbindung über Rollen wurden für Bleidächer verwendet. Eine weitere Verbindungsmöglichkeit der einzelnen Elemente bei Metallbedachungen war das Löten.

Erste Techniken der Zinkbedachung

Für den Beginn des 19. Jahrhunderts lässt sich die Übertragung von drei verschiedenen Methoden der bekannten Metallbedachungen auf den neuen Werkstoff Zink nachweisen. Gleich welche Bedachungstechnik dabei benutzt wurde, es stand zunächst eine maximale Blechgröße von etwa 2 m Länge und 1 m Breite zur Verfügung. Diese Dimensionen waren durch das Herstellungsverfahren, dem so genannten Paketwalzen, begründet.

Als eine der ersten Techniken benutzte man auch für Zinkbleche die Verbindung mittels Löten. Dabei beobachtete man vor allem eine große Ausdehnung des Metalls infolge von Temperaturschwankungen, was wiederum schnell zu Schäden an den Eindeckungen führte. Diese Technik wurde daher bald wieder aufgegeben.

Nachdem das Löten nicht funktioniert hatte, versuchte man als nächstes die Technik des Falzens, wie man sie von Kupfer- oder Eisenbedachungen kannte. Eine solche Anwendung erfolgt aber nur in deutschsprachigen Regionen. Der Grund hierfür ist, dass in Frankreich die Anwendung von Kupferbedachungen in Verbindung mit Stehfalzen seit dem ausgehenden Mittelalter zum erliegen kam.

Die Verbindung mit stehenden Falzen lässt sich, genau wie bei den Techniken für Kupfer- und Eisenbedachungen, in den einfachen und den doppelten Stehfalz unterscheiden (Abb. 1, und 2,). In beiden Fällen ist beim Falzvorgang eine Biegung des Zinkblechs um 180° erforderlich. Die Höhe des Falzes betrug ähnlich wie bei den Techniken für Kupfer und Eisen etwa 2-3 cm. Die Querverbindung erfolgte entweder über einen Querfalz oder bei kleineren Bedachungen durch gelötete Quernähte.

Eine Reihe von Zinkdächern wurde im deutschsprachigen Raum, trotz einiger Probleme aufgrund der Sprödigkeit des Metalls, über das gesamte Jahrhundert hinweg in Stehfalztechnik ausgeführt.

Eine dritte Form der frühen Zinkbedachung stellt die Verbindungstechnik über Rollen dar. Im Gegensatz zum Falzen finden sich Angaben sowohl in französischen und belgischen als auch in deutschen Quellen.

Die sogenannte Lütticher Bedachungsart stellt vermutlich die erste Variante der Blechverbindung über Rollen dar (Abb. 3). Man bog hierfür Platten an den Seiten röhrenförmig in jeweils entgegengesetzter Richtung um. Diese Enden wurden dann, vergleichbar der Bleitechnik mit Rollen, miteinander verbunden. In vertikaler Richtung wurden die Bleche durch rückseitig angelötete Zinkstreifen gehalten. Die Querverbindung der Bleche erfolgte durch einfache Überlappung. Über die Abmessungen der Rollenverbindung liegen keine Angaben vor. Man kann jedoch vermuten, dass die Rollen einen Durchmesser von etwa 2 cm hatten.

Bei einer weiteren Form, der Verbindung durch doppelte Rollen, rollte man an den Längsseiten der Bleche in entgegengesetzter Richtung auf. Es entstanden so zwei parallele Rollen, die nun mit einem weiterem Element, einem ebenfalls gerollten Zinkblech, abgedeckt wurden. Diese Verbindung war etwa 2 cm hoch und 4 cm breit. (Abb. 4)

Anders als die Verbindungen durch Falzen und Löten entsprach die weichkantige Rollentechnik besser den Material-eigenschaften von Zink. Die Methode wurde in Belgien und Frankreich dennoch nur etwa bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts benutzt. Im deutschsprachigen Raum hingegen wurde sie auch noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angewandt.

Die ersten Bedachungstechniken mit Zink zeigten eine Reihe von Schwächen des neuen Materials, welche sich durch entsprechende Metalleigenschaften erklären lassen.

Eigenschaften des Werkstoffs Zink

Bei der Betrachtung des Werkstoffs Zink ist grundsätzlich zu beachten, dass es sich bei dem im 19. Jahrhundert eingesetzten Material noch nicht um die heute verwendete Legierung Titanzink, sondern um reines Zink handelte. Aber auch der damals benutzte Herstellungsprozess in einem Ofen war anders als das heutige Verfahren der Elektrolyse. So erreichte man bei der Herstellung des Metalls nicht die heute mögliche Reinheit.

Die Dichte von Zink beträgt 7,2 g/cm³ und liegt unterhalb der von Eisen. Die bei Zinkblechen beobachtete starke Bewegung ist durch die thermisch bedingte Längenausdehnung begründet. Der Koeffizient hierfür beträgt etwa 3,0 mm/m/100k und liegt noch über dem bereits hohen Wert von Blei. Da Temperaturunterschiede ständig auftreten, musste eine starre Verbindung, wie die des Lötens, nach einiger Zeit versagen.

Zinktafeln konnten parallel zur Walzrichtung weniger gut als quer zu dieser gebogen werden. Das bedeutet also, dass ein Versagen des Materials beim Biegen in Richtung des Walzens eher auftreten wird. Die Verbindung mit stehenden Falzen erforderte ein Biegen in dieser Richtung um 180°, was wiederum die bei dieser Technik aufgetretenen Probleme erklärt.

Bei 155°C erreicht die Dehnbarkeit des Werkstoffs ihr Maximum und nimmt bei höheren Temperaturen wieder ab. Aber nicht nur eine Überhitzung, z.B. bei Lötarbeiten, war beim Arbeiten mit Zink zu vermeiden, auch niedrige Temperaturen unterhalb von 15°C führten beim Biegen zum Brechen des Materials.

Genau wie das heute verwendete Titanzink bildete auch das Zink des 19. Jahrhunderts an der Atmosphäre eine Patina. Trotz dieser Eigenschaft konnte das Metall aber unter bestimmten Umständen korrodieren. So z.B. durch Weißrostbildung infolge andauernder Wassereinwirkung oder durch Kontaktkorrosion in Verbindung mit Kupfer.

Techniken, Systeme und Produkte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Vor allem ab Mitte des 19. Jahrhunderts bildete sich eine Reihe weiterer Techniken und Systeme heraus, welche nun die Eigenschaften des Metalls Zink berücksichtigten und somit eine dauerhafte Bedachung ermöglichten. Grundsätzlich lassen sich dabei handwerkliche Techniken und industrielle Systeme unterscheiden.

Wulstenfalz

Diese handwerkliche Bedachungsmethode, welche nur in deutschen Quellen beschrieben wird, stellt die Blechverbindung mit einem Wulstenfalz dar (Abb. 5). Seit wann sie verwendet wurde lässt sich nicht genau bestimmen, jedoch wird sie mehrfach in der Literatur des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts erwähnt, wobei auch berichtet wird, dass diese Technik nur geringe Verbreitung gefunden hat.

Im Gegensatz zur Verbindung mit stehenden Falzen ist der Wulstenfalz besser an die Materialeigenschaften von Zink angepasst. Die Biegung der Bleche erfolgt dabei um weniger als 180°. Anschließend wird ein schmales Zinkblech in Form einer Deckleiste oder Wulst über den Blechenden verfalzt. Die Höhe eines Wulstenfalzes beträgt etwa 3-4 cm. Zur vertikalen Verbindung zwischen den Blechen wurden Querfalze benutzt.

Bei einer weiteren Variante dieser Technik wurde zwischen den beiden seitlich aufgebogenen Zinkblechen eine dreieckige Holzleiste eingelegt und mit der Schalung verschraubt. Unter dieser Leiste, welche mit einer Spitze nach unten zeigte, hatte man zuvor einen Haft zum Halten der Bleche befestigt. Über das so gebildete Dreieck wurden anschließend Wulsten als Abdeckung gezogen (Abb. 6).

Bürde’sche Methode

Die Zinkeindeckung nach der so genannten Bürde’schen Methode wurde wahrscheinlich nur für einen kurzen Zeitraum zu Beginn des 19. Jahrhundert angewandt (Abb. 7). Sie kam u.a. bei der Friedrichwerderschen Kirche in Berlin zum Einsatz. Die ursprüngliche, patentierte Methode wurde bald aufgrund hoher Kosten durch eine vereinfachte abgelöst. Die Technik bedingte, um wirtschaftlich zu sein, die Abstimmung des tragenden Dachverbandes auf die Größe einzelnen Elemente.

Bei der vereinfachten Methode wurden Zinkbleche nicht auf einer Schalung sondern in der Werkstatt auf Holztafeln verlegt. Diese waren selbst tragend und hatten eine Größe von etwa 60 x 180 cm. Seitlich wurden die Tafeln durch Leisten begrenzt, welche etwas höher und an ihrer Oberseite abgerundet waren. Über diesen Rundungen befestigte man dann die Bleche. Die auf diese Weise vorgefertigten Tafeln konnten anschließend auf der Baustelle verlegt werden. Dabei erfolgte die Abdeckung der seitlich entstandenen Fuge, ähnlich dem Prinzip der Verbindung mit doppelten Rollen, mittels eines an den Seiten abgerundeten Deckblechs, welches etwa 3 cm hoch und 6 cm breit war. Die vertikale Verbindung zwi-schen den Tafeln erfolgte durch eine einfache Überlappung des auf der oberen Tafel befestigten Blechs über die untere Tafel.

Leistendeckungen

Die Suche nach einer dem Material gut angepassten Bedachungstechnik brachte gegen Mitte des 19. Jahrhunderts die verschiedenen Formen der Leistendeckung hervor. Nach mehreren frühen Formen setzten sich einige Leistendeckungen, welche zum Teil noch heute angewandt werden, durch. Eine davon ist die französische Leistendeckung (Abb. 8).

Die zwischen den beiden aufgekanteten Tafeln verlegte etwa 4 cm hohe Holzleiste war nach oben verjüngt. Unter ihr befestigte man einen Haft für den seitlichen Halt der Tafeln. Über der Leiste wurde eine Deckschiene aus Zink gelegt. Diese Schiene war an den Seitenflächen nochmals gekantet. Somit lag sie nicht an den durch sie abgedeckten Blechen an, wodurch eine Kapillarwirkung vermieden wurde und Wasser nicht aufsteigen konnte. Die vertikale Verbindung der Bleche erfolgte über einen Querfalz. Bei sehr flacher Dachneigung war auch die Ausführung eines Querfalzes mit Zusatzfalz möglich.

Die französische Leistendeckung war optimal an die Materialeigenschaften von Zink angepasst. Sowohl bei den Blechen als auch bei der Abdeckschiene erfolgten alle Biegungen in Walzrichtung um weniger als 90°.

Die deutsche Leistendeckung ist auch unter dem Namen Berliner oder Wusterhausensche Methode bekannt. (Abb. 9) Bei dieser Technik wurde eine im Querschnitt rechteckige Holzleiste von etwa 5 - 6,5 cm Höhe und 4 cm Breite zwischen den Tafeln verlegt. Diese wurden zunächst seitlich auf- und dann im oberen Teil nochmals umgekantet. Über der Leiste oder an ihren Seiten befestigte man einen Haft. Anschließend wurde eine Deckschiene über die Leisten verlegt und an den seitlichen Enden mit Blechen und Haft verfalzt. Die vertikale Verbindung der Tafeln erfolgte wie bei der französischen Leistendeckung.

Ein Biegen der Tafeln in Walzrichtung um 180° Grad findet bei dieser Form der Leistendeckung nur beim Falzen der Deckschiene statt. Alle anderen Biegungen in dieser Richtung erfolgen mit einem Winkel von maximal 90°. Dennoch ist sie weniger gut an die Materialeigenschaften von Zink angepasst als die französische Variante.

Vermutlich ebenfalls zur selben Zeit entstand als dritte Variante die so genannte belgische oder auch rheinische Leistendeckung, welche die deutsche Leistentechnik im Laufe der Zeit ablöste. (Abb. 10). Im Unterschied zur französischen Methode wurde hier die Holzleiste mit der Verjüngung nach unten befestigt. Die Leiste hatte bei einer Höhe und oberen Breite von 3,5 cm eine untere Breite von 2,5 cm. Unter ihr brachte man, genau wie zuvor für die französische Variante beschrieben, Haften an. Diese hielten hier aber nicht nur die Tafeln sondern über einen Falz auch die Deckschienen. Nur beim Falzen dieser Schienen war auch bei dieser Technik ein Biegen um mehr als 90° erforderlich.

Eine weitere Art der Leistendeckung aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist die Frick’sche oder auch patentierte Methode (Abb. 11). Sie geht zurück auf die Entwicklung des Klempnermeisters Karl Frick aus Straßburg und war ebenfalls gut an die Materialeigenschaften von Zink angepasst.

Ein Unterschied zu den zuvor beschriebenen Leistendeckungen bestand zunächst in der Form der Holzleiste, welche oben nach beiden Seiten abgeschrägt war und sich nach unten verjüngte. Sie hatte somit den Querschnitt eines Fünfecks. Ähnlich wie bei der deutschen Leistendeckung, wurden die Zinkbleche seitlich zunächst auf- und dann nochmals umgebogen. Eine Deckschiene wurde anschließend über Haften, welche auf den Holzleisten angebracht wurden, in Form einer Wulst befestigt.

Bei der patentierten Methode kam vermutlich erstmals der Querfalz mit Zusatzfalz zum Einsatz. Bei steiler Dachneigung konnte aber auch ein einfacher Querfalz ausgeführt werden.

Englisches Leistensystem

Ein weiteres Bedachungssystem des 19. Jahrhunderts ist das so genannte englische Leistensystem (Abb. 12). Diese handwerkliche Technik war in Deutschland kaum bekannt und fand hier deshalb fast keine Verwendung. Das bei Leistendeckungen typische einzelne Deckprofil fehlt bei dieser Methode.

Bei dieser Art der Bedachung wurden die Bleche an den Längsseiten mit halbrunden Wulsten versehen. Diese legte man über eine ebenfalls halbrunde Holzleiste wobei sie sich überlappten. Die Befestigung der Bleche erfolgte dann mit Schrauben, welche anschließend mit Blechbuckeln verlötet wurden, um das Eindringen von Wasser zu vermeiden. •

*Dr.-Ing. Knut König studierte in Dortmund Architektur. Seine baupraktische Erfahrung sammelte er in namhaften Architekturbüros und während seiner dreijährigen Bauleitertätigkeit in Frankreich und Deutschland. Seit 2003 ist er bei VM-Zinc in Frankreich und seit Ende 2005 in Deutschland Kommunikationsmanager. 2004 begann er an der technischen Universität in Berlin mit seiner Dissertation „Zinkdächer im 19. Jahrhundert“, die er 2009 erfolgreich zum Abschluss brachte. Matthaey, Carl Ludwig: Der vollkommene Dachdecker, Ilmenau 1833, Nachdruck Leipzig o.J. Opderbecke, Adolf: Der Dachdecker und Bauklempner, Leipzig 1901, Nachdruck Hannover 1991 Schröder, Christian: Klempner-Schule, Weimar 1887, Nachdruck Bremen, o.J.

Dr.-Ing. Knut König*

Info

Teil 2 befasst sich mit frühen Sonderlösungen, wie beispielsweise Rinneneindeckungen oder Well- und Trapezprofilen aus Zink und erscheint in BAUMETALL-Ausgabe 1/2010.

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