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Kommentar

Liebe Leserin, lieber Leser,

war das schön, damals in der Schule auf dem Land. Mit unserem Lehrer waren wir per du und als Belohnung für fehlerfrei gelöste Aufgaben „schenkte“ er uns in regelmäßigen Abständen die letzte Freitags-Unterrichtsstunde. Erstaunlicherweise hatten wir es dann nie eilig nach Hause zu kommen – im Gegenteil – wir blieben freiwillig länger! Schließlich wollte jeder von uns wissen, wie die Geschichte von Robinson Crusoe weiterging, die unser Lehrer genauso vorlas, als hätte er sie selbst erlebt. Auf diese Weise lernten wir fast jeden Freitag Grundlegendes dazu – etwa wie Robinson sein Ding durchzog, um sein Überleben auf der Insel zu sichern.

Ohne sich auf Freitage zu beschränken, zieht auch ein Spenglerfachbetrieb in Unterfranken sein Ding durch. Mehr noch: Der branchenbekannte Firmeninhaber erklärt „dieses Ding“ zur Firmenphilosophie, weil ihm die dreieinhalbjährige Berufsschulausbildung nur ansatzweise dazu geeignet scheint, das Überleben auf der „Spenglerinsel“ zu garantieren. Um die Lehrinhalte objektbezogen zu optimieren, wurde ein hochmotivierter Ausbilder „angeheuert“, der sich sicher ist, dass zeitgemäße Berufsausbildung mehr als das bloße Vermitteln von Falz- und Löttechniken bedeutet. Dabei erstaunt, welch hohen Stellenwert die Fächer „Kommunikation“ und „respektvolles Miteinander“ innehaben und wie effektiv das ausbildungszeiterweiternde „Inseltraining“ einsamen Abenden am Fernsehgerät, dem PC oder der Spielekonsole entgegenwirkt. Wichtig: Ganz nebenbei generiert das Sonder-Ausbildungsprogramm überaus wertvolle Momente, welche das zukünftige Leben der Auszubildenden entscheidend prägen werden.

In Anbetracht solcher Schilderungen scheint die Frage nach einer Verkürzung der Ausbildungsdauer von dreieinhalb auf drei Jahre in ein neues Licht zu rücken und es wundert nicht, dass es Spenglerkreise gibt, die diesem Vorhaben eher skeptisch gegenüber stehen. Mit erhobenem Zeigefinger mahnen sie schon heute an, sich, im übertragenen Sinne, nicht nur auf die Freitagsausbildung zu beschränken. Im Falle einer Ausbildungszeitverkürzung müsse die verbleibende Zeit umso effektiver genutzt werden, so deren einhellige Meinung. Unabhängig davon, wie dieses Ding durchgezogen wird, erinnere ich mich wieder an Robinson Crusoe. Sich seiner Verantwortung in vollem Umfang bewusst, ließ Robinson seinem Azubi die bestmögliche Ausbildung zukommen. Offensichtlich war ihm bekannt, dass das Überleben beider Inselbewohner nur so auf Dauer möglich war – und wer weiß, vielleicht nannte Robinson seinen Azubi auch aus diesen Gründen Freitag?!

Herzlichst Ihr

Klempnermeister Andreas Buck
(Chefredakteur)