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Wie zuverlässig sind moderne ­Befestigungsmethoden von ­Solaranlagen auf Doppelstehfalz-­bedachungen?

Kritisch ­betrachtet

Die häufig auf dem Markt angebotenen Falzklemmen verschiedenster Hersteller sind eine beliebte, weil flexibel und wirtschaftlich einsetzbare Möglichkeit zur Befestigung von Solaranlagen auf Stehfalzdeckungen. Jedoch gibt es hinsichtlich der statischen Aspekte ­einige Bedenken. Seitens der Hersteller der Falzklemmen gibt es in der Regel lediglich Angaben dazu, welche Lasten die Falzklemmen bis zum Versagensfall „Abreißen vom Falz“ aufnehmen können. Vollkommen unberücksichtigt bleibt jedoch der Nachweis des Kraftverlaufes über die Falzklemmen, die Falze und die Hafte bis in die Unterkonstruktion. Daher sollte diese Lastabtragung für Falzklemmen wissenschaftlich untersucht werden.

Beobachtung

Um eine allgemeingültige Aussage zur Tragfähigkeit von Falzklemmen zu erhalten, ist es sinnvoll einen Versuchsaufbau zu wählen, der die ungünstigste Situation darstellt. Diese Situation liegt vor, wenn Hafte nach der derzeit gültigen „Suissetec-Wegleitung für die Bemessung der Befestigung von Bekleidungen und Deckungen aus Dünnblech“ mit dem maximal zugelassenen Abstand von 500mm angebracht werden. Die zulässige Belastung für Schiebehafte ist mit 500N (ca. 50kg) in der noch gültigen Suissetec-Wegleitung aufgeführt. Leider zeigen sich auch hier unterschiedlichste Werte und Qualitäten auf dem Markt. Durch interne Anfragen bei diversen Herstellern konnte festgestellt werden, dass die wissenschaftlich nachgewiesenen Werte unterschiedlich sind. Sie unterscheiden sich in der Materialisierung und in ihrer Funktion beträchtlich voneinander. Es ist zu erwähnen, dass auch hier nicht der Versagensfall der Hafte entscheidend, sondern die Formstabilität der Hafte beziehungsweise die plastische Verformung des Befestigungselementes ausschlaggebend ist. Dies bedeutet, dass der Versagensfall der Hafte aufgrund ihrer Verformung/Deformierung entsteht. Sobald ein Schiebehaft so stark belastet wird, dass die plastische Stabilität des Befestigungselementes verloren geht, ist die ungehinderte Ausdehnung der Doppelstehfalzschar nicht mehr gewährleistet. Weil sich die Schar nicht mehr zwängungsfrei ausdehnen kann (das Befestigungselement der betroffenen Schiebehafte behindert die Gleiteigenschaft), können störende Spannungs- und Knittergeräusche entstehen. Da diese Probleme in den meisten Fällen nur durch eine Neueindeckung mit entsprechenden Folgekosten behoben werden können, ist es wichtig bereits in der Planungsphase entsprechende Punkte zu berücksichtigen.

Fakten

Je nach Lage einer montierten Falzklemme zum Haft müssen Lasten von max. 500 N über die Falzklemmen, den Falz und den Haft in die Unterkonstruk­tion abgetragen werden. Daher kann festgehalten werden, dass ein Stehfalz an beliebiger Stelle eine Kraft von max. 500 N aufnehmen muss und die größte Beanspruchung im Falzbereich bei mittiger Belastung zwischen zwei Haften liegt. Die max. Zuglasten (senkrecht zum Falz) zeigen, dass die zulässige Belastung des Schiebehafts von 500 N maßgebend für die Tragfähigkeit bezüglich abhebender Lasten ist. Der sich aus der zulässigen Belastung des Befestigungselementes ergebende Wert von 500 N kann an beliebiger Stelle vom Falz zum entsprechenden Haft übertragen werden. Werden Hafte mit geringerer Tragfähigkeit als 500 N verwendet, stellt die Tragfähigkeit der Hafte die obere Grenze der aufnehmbaren Last dar! Dies hat zur Folge, dass, auch wenn der Tragwiderstand einer Falzklemme (Solarhalter) höher ist, die Anzahl der Solarhalterungen für eine Aufdach-Solaranlage mit einer max. Traglast von 500 N bzw. 0,5 kN pro Falzklemme zu berechnen ist.

Was bedeutet dies in der Praxis?

Der Referenzwert des Staudrucks gemäß Norm SIA 261 „Einwirkungen auf Tragwerke“ beträgt je nach Standort in der Schweiz zwischen 0,9 kN/m2 bis 3,3 kN/m2. Dieser Referenzwert wird je nach geografischem Standort, Gebäudehöhe, Geländekategorie und über die örtlichen Druckbeiwerte in Abhängigkeit von der Gebäudeform aufgerechnet. Bei aufgeständerten Solarmodulen sind die Windbeiwerte gegenüber parallel zum Dach montierten Anlagen entsprechend höher einzustufen. Zudem sind die Eigenlasten der Kollektoren wie auch die Schneeschublasten bei einer Berechnung der Lasten einzubeziehen. Der Windlastwert auf die projektierende Aufdachanlage ist von einem Statiker oder aus der Norm SIA 261 zu ermitteln. Hier ist in Erinnerung zu rufen: „Wer projektiert, garantiert.“ Die Ermittlung der genauen Anzahl Falzklemmen für die Aufdachanlage wird mit dem errechneten Windlastwert geteilt durch den Tragwiderstand pro Falzklemme von 0,5 kN folgendermaßen errechnet:

Winddrucklast der Aufdachanlage in kN ÷ Tragwiderstand 0,5kN pro Falzklemme = Anzahl der Falzklemmen

In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu unterscheiden, ob ein Metalldach mit Solarmodulen nachgerüstet wird oder ob es sich um eine Neueindeckung mit entsprechender Planung handelt.

Solaranlagen für bestehende ­Metallbedachungen

Bei der Montage einer Anlage auf einem bestehenden Dach liegt der Hund ziemlich sicher beim Haft begraben. Wer sichert uns zu, dass die bestehende Metalldeckung eine ausreichende Haltekraft aufweist? Welcher Hafttyp wurde verwendet? Wurden genügend Hafte eingesetzt und sind diese für die zu erwartenden Schub- und Windsoglasten geeignet? Wo wurden Festhafte montiert? Sind Schubknitterungen (wenn Schublasten gegen die Ausdehnung stoßen) zu erwarten? Wie wurde die Schalung befestigt, wurde sie genagelt oder geschraubt? Die Unterschiede sind erheblich und auch maßgebend! Wie wurde die Konterlattung befestigt? Zwischenzeitlich sind von der Genossenschaft ­Gebäudehülle Schweiz Merkblätter mit entsprechenden Berechnungsgrundlagen zur fachgerechten Befestigung von Konterlattungen erhältlich. Ohne einen verbindlichen Nachweis zu den erwähnten Punkten ist das Schadensrisiko für eine nachträgliche Montage einer aufgeständerten Solaranlage auf eine Metalldeckung erheblich. Solche Einzelnachweise können entweder durch verbindliche Auszugsversuche oder statische Berechnungen erfolgen. Sollte die Haltekraft einer Deckung auf eine korrekt ­verlegte Unterkonstruktion die erforderlichen Werte nicht erfüllen (etwa aufgrund zu geringer Anzahl der Hafte oder eventuell zu großer Scharbreiten), so könnte die Montage einer Anlage ausgeführt werden wie im Folgenden beschrieben.

Alternative Befestigungsart im Bestand

Es besteht die Möglichkeit, bei einer bestehenden Stehfalzdeckung aus einem Stehfalz eine Leiste zu erstellen. Diese ist zur partiellen Befestigung einer Solaranlage perfekt geeignet. Der bestehende Stehfalz wird auf ganzer Länge mit der Falzmaschine (Schneidrollen) unterhalb des Doppelfalzes abgetrennt. Danach kann aus dem zurückgeschnittenen Stehfalz eine Leiste aufgebordet werden. Hierzu gibt es verschiedene Produkte, die einen solchen Arbeitsschritt vereinfachen, beispielsweise sogenannte Handrollformer. Nachdem eine geeignete Holzleiste/Kantholz mit Schrauben auf die korrekt montierte Verlegeunterlage befestigt wurde, erfolgt die Montage eines darüber liegenden, durchgehenden Haftstreifens samt geeigneter Leistenabdeckung. Das eingesetzte Kantholz übernimmt eine selbsttragende und statische Funktion. Darauf erfolgt die direkte Montage einer Trägerplatte ( https://www.heuel.de ) oder eines geeigneten Solarbefestigers mit Stockschraube und Dichtfunktion ( https://www.ejot.com/ ) als Grundlage zur Befestigung einer Solaranlage. Die Leistenabstände sind gemäß den max. zugelassenen Überspannlängen des Schienensystem-Herstellers für Dachaufständerungen zu bemessen. Die hier geschilderte Leistenlösung gewährleistet die ungehinderte Ausdehnung der angrenzenden Scharen. Außerdem werden die erforderlichen Wind- und Schubkräfte für eine Aufdachmontage sicher erreicht (siehe Abbildungen 1 bis 3).

Befestigung bei Neubauten

Bei der Planung eines neuen Metalldaches müssen die Unterkonstruktion sowie die darauf eingesetzten Systeme zwingend aufeinander abgestimmt und die zu erwartenden Lasten berücksichtigt werden. Ferner sind Befestigungsmittel der Unterkonstruktion und Hafte entsprechend aufeinander abzustimmen. Wie beim vorherigen Berechnungsbeispiel bereits erläutert, ist die Anzahl Falzklemmen gemäß dem zu erwartenden Schub- und Staudruck zu berechnen. Je kleiner das Achsmaß, desto mehr Befestigungspunkte sind für Falzklemmen vorhanden, somit wird eine Reduzierung des Achsmaßes empfehlenswert. Es ist auch ratsam, die Materialstärke um eine Stufe zu erhöhen, damit der Stehfalz eine höhere Selbsttragefähigkeit erfüllen kann. Die zu erwarteten Schubkräfte sind gemäß Wegleitung für die Bemessung der ­Befestigung von Bekleidungen und ­Deckungen von suissetec zu berechnen. Die darunterliegende Verlegeunterlage/Holzschalung ist zu schrauben und die Konterlattungen sind gemäß Empfehlungen von der Genossenschaft Gebäudehülle Schweiz zu befestigen. Wegen den zu erwartenden höheren Windbelastungen sowie aus Gründen der Zugänglichkeit (Arbeitssicherheit) für Wartung und Instandhaltung der Anlagen ist es sinnvoll, Rand- und Eckbereiche auszusparen. Darüber hinaus sind bei Planung und Ausführung von Solarenergieanlagen weitere wichtige Punkte zu beachten:

  • Das Eigengewicht der Anlage muss einschließlich der maximalen SchneeIast berücksichtigt werden.
  • Die durch Schneefangsysteme auftretenden Mehrbelastungen sind ebenfalls zu berücksichtigen.
  • Örtliche Gegebenheiten (Schneelast, Föhnlage) sind zu beachten.
  • Die Tragkonstruktion der Solaranlage ist so zu begrenzen, dass die thermisch bedingte Ausdehnung der Blechdeckung nicht behindert wird und es zu keiner Profilverformung oder zu stark belasteten Blechscharen oder Rissen kommen kann.
  • Gegebenenfalls ist ein Statiker hinzuzuziehen.

Fazit

Das Thema ist nicht nur für die Teilnehmer des Schweizer Spenglertages von Relevanz. Darüber hinaus sollten sich auch Solarteure, die Solaranlagen nachträglich auf bestehende Doppelstehfalzdächer montieren, zwingend mit den hier geschilderten Punkten auseinandersetzen. Die sorglose Montage entsprechender Anlagen auf Bestandsdächern kann zu großen Schäden und letztendlich der Zerstörung vorhandener Stehfalzeindeckungen führen.

AUTOR: Claudio Cristina

INFO

Montage von PV-Elementen nur vom Fachmann

Dipl.-Ing. Andreas Schmelzer wurde von der Industrie- und Handelskammer zu Hannover öffentlich bestellt und als Sachverständiger für Dach- und Wandbekleidungen vereidigt. Der Metalldachfachmann stellt fest, dass bei der Montage von PV-Elementen fundamentale Fehler gemacht werden und ganze Dächer deshalb neu eingedeckt werden müssen. Laut Andreas Schmelzer treten vor allem durch unsachgemäß und nachträglich montierte PVAnlagen vermehrt Schadensfälle auf. Das Zurateziehen ausgebildeter Fachmänner oder Metalldachspezialisten vor bzw. während der Montage von Solar- und PV-Anlagen schafft Abhilfe und verhindert folgenschwere Fehler.

Fatale Riss­bildung durch massive ­Behinderung der Ausdehnung
Fatale Riss­bildung durch massive ­Behinderung der Ausdehnung

Autor

Claudio Cristina

  • Eidg. dipl. Spenglermeister und Leiter Anwendungstechnik Rheinzink (Schweiz) AG
  • Mitglied des Fachbereichsvorstands Spengler/Gebäudehülle suissetec
  • Vorsitzender der Fachgruppe Metalldach/Fassade suissetec
  • Vizepräsident VDSS (Verein diplomierter Spenglermeister der Schweiz)
  • Zentralvorstandsmitglied des iib (Internationaler Interessenbund Baumetalle)

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